Dubioser Ökokonzern Hanergy Der rätselhafte Aufstieg des chinesischen Solarkönigs Li Hejun

Reich, reicher, Li Hejun: Seine Firma Hanergy hat ihren Wert in den vergangenen Monaten vervielfacht. Er ist jetzt der reichste Chinese
Foto: CorbisHamburg - Ein virales Anti-Smog-Video lässt die Anleger in China durchdrehen. Und keiner profitiert davon so sehr wie der Chef der umstrittenen Solarfirma Hanergy, Li Hejun: Ihn hat der Film laut Forbes zum reichsten Mann Chinas gemacht. Er hat damit zuletzt auch Alibaba-Chef Jack Ma verdrängt.
Das Video "Under the Dome" ("Unter der Glocke") stammt von der Fernsehjournalistin Chai Jing. Über 104 Minuten prangert sie die unerträgliche Luftverschmutzung in den Ballungsräumen an. Ihr Fazit: "So will ich nicht leben." Der Film wurde mehr als 160 Millionen mal aufgerufen.
Aktien von Öko-Unternehmen sind deshalb kräftig gestiegen, wie die Financial Times (FT) analysiert. Anleger rechnen damit, dass die Regierung alles tun will, um die Bevölkerung zu besänftigen. Sie könnte umweltfreundliche Technologien wie die Solarenergie noch stärker ausbauen als ohnehin geplant. Den Film ließ Peking nicht sperren - sondern lobte ihn.
Aktienkurs springt 75 Prozent in drei Tagen
Der mit Abstand größte Gewinner des Umwelt-Hypes ist der umstrittene Hanergy-Chef Li Hejun. Die Welle hat den Kurs der in Hongkong notierten Konzerntochter Hanergy Thin Film Power (HTF) in den vergangenen drei Tagen um 75 Prozent nach oben getragen. Die Firma ist inzwischen 40 Milliarden Dollar wert - mehr als Twitter (31 Milliarden Dollar).

Die Kursexplosion ist allerdings nur der Höhepunkt einer mehrmonatigen Rally von Hanergy, die der Fachwelt Rätsel aufgibt und Kritiker auf den Plan ruft. Im vergangenen Jahr legte Hanergy 550 Prozent zu, während andere chinesische Solarfirmen auf ihrem Niveau umherdümpelten (Trina, Canadian Solar) oder sogar stark fielen (Yingli).
HTFs Geschäftsmodell besteht darin, Ausrüstung an die Mutterfirma zu verkaufen. Von dieser wiederum bezieht und vertreibt die Tochter Dünnschicht-Solarpaneele. Im Vergleich zu herkömmlichen Solarzellen sind diese billiger und unempfindlicher gegenüber Hitze. Jedoch sind sie ineffizienter und benötigen daher mehr Fläche.
Der HTF-Gewinn betrug 2013 umgerechnet gut 270 Millionen US-Dollar. Im vergangenen Jahr ist er vorläufigen Firmenangaben zufolge um 55 Prozent gestiegen.
Margen von 50 Prozent in der Solarbranche machen Beobachter misstrauisch
Die Hanergy Group bezeichnet sich als weltweit größten Hersteller von Dünnschicht-Solaranlagen mit neun Fabriken. Sie ist auch auf den Gebieten Wasser- und Windkraft tätig. Gründer Hejun erwirtschaftete das Startkapital von Hanergy mit einem Wasserkraftwerk am Himalaya, nachdem er zuvor unter anderem als Elektronikhändler tätig war.
Das Unternehmen sieht sich selbst als "Apple der grünen Energiewirtschaft" und hat Jahre steilen Wachstums hinter sich. Der Börsenwert ist höher als der aller sonstigen chinesischen Solarfirmen zusammen.
Viele Marktbeobachter bezweifeln, dass das Unternehmen sein Geld wert ist. In einer Analyse kritisiert die FT, dass HTF den Großteil der Umsätze in Geschäften mit dem Mutterkonzern generiert. Nur deshalb könne die Firma Margen von 50 Prozent ausweisen. Ein Großteil der internen Deals sei zudem gar nicht abgewickelt worden. In der HTF-Bilanz tauchen sie lediglich als Forderungen gegenüber der Mutter auf.
Vor drei Jahren kaufte Hanergy von Q-Cells in Sachsen-Anhalt zu
Der märchenhafte Aufstieg der chinesischen Firma weckt auch deshalb Misstrauen, weil die Lage der Solarbranche immer noch als angespannt gilt. Dies, obwohl die Hersteller nicht mehr unter enormen Überkapazitäten wie noch vor zwei, drei Jahren leiden.

Seither sind zahlreiche deutsche Firmen vom Markt verschwunden. In diesem Zuge hatte Hanergy 2012 die sachsen-anhaltinische Firma Solibro übernommen. Solibro war eine Tochter von Q-Cells, des ehemals größten Solarkonzerns der Welt.
HTF-Chef Frank Dai Mingfang wies gegenüber der FT alle Kritik zurück. Viele Beobachter würden nicht verstehen, dass HTF einen großen technologischen Vorsprung vor der Konkurrenz habe. "Niemand außer uns kann Solarzellen in Fensterscheiben integrieren wie wir."
Manager des Unternehmens räumten allerdings ein, dass das Solargeschäft der Mutterfirma defizitär sei. In ein paar Jahren, so Dai, seien die aktuellen Zweifel um seine Firma jedoch mit Sicherheit allesamt beseitigt.
Lesen Sie hier (€) die Analyse der Financial Times zum mysteriösen Aufstieg von Hanergy.