Fuchs-Petrolub-Chef Stefan Fuchs "Der Verzicht auf Kredite hat uns schon einmal gerettet"

Fassabfülllinie in der Produktion von Fuchs Petrolub: "Wir wachsen, indem wir unseren Vertrieb in Wachstumsmärkten ausbauen"
Foto: Fuchs Petrolubmm: Herr Fuchs, zuletzt sind mehrere wichtige Konjunkturindikatoren gefallen, die Sorge vor einer Abschwächung der Weltwirtschaft wird größer. Wie wollen Sie in diesem Umfeld wachsen?
Stefan Fuchs: Wir lesen auch in der Zeitung von diesen Dingen, ebenso von Ebola oder der Krise im Irak. Das alles können wir nicht beeinflussen. Wir wachsen, indem wir unseren Vertrieb in Wachstumsmärkten ausbauen. Im Vorjahr machten wir gut die Hälfte des Umsatzes in Europa und 30 Prozent in Asien. In fünf bis zehn Jahren könnte der Asien-Anteil auf 35 bis 40 Prozent steigen.
mm: Am 1. August hatten Sie die Gewinnprognose reduziert, daraufhin fiel der Aktienkurs von Fuchs Petrolub zum Handelsstart um zehn Prozent. Hat Sie die heftige Reaktion überrascht?
Fuchs: Zum Handelsschluss hatten wir den Kursverlust fast vollständig wieder aufgeholt. Der Kapitalmarkt reagiert aktuell heftig auf Nachrichten, auch bei anderen Unternehmen.
mm: Kursgewinne einiger Währungen zum Euro zehrten ihr organisches Umsatzwachstum von 5 Prozent im ersten Halbjahr fast komplett auf. Mit Verzögerung von einem Jahr können sie solche Effekte in den betroffenen Ländern aber meist durch Preissteigerungen ausgleichen. Wird das auch dieses Mal gelingen, falls die Währungskurse für sie so ungünstig bleiben?
Fuchs: Ja, das könnten wir, auch wenn die Währungskurse so ungünstig bleiben würden. Es hat sich seitdem aber schon wieder ein bisschen gedreht, der Euro hat zum Dollar und zu anderen Devisen an Wert verloren. Die starken Wechselkursveränderungen trafen uns im ersten Halbjahr in Australien, Brasilien, Südafrika und Russland - das sind zufällig alles Länder, in denen nicht die gesamte Produktionskette der Chemie vor Ort vorhanden ist, so dass wir dort Vorprodukte importieren. In vielen anderen Ländern haben wir einen natürlichen Schutz vor Währungsschwankungen, zum Beispiel in China, wo wir fast alle Vorprodukte lokal kaufen.
mm: Das Geschäft mit Schmierstoffen scheint überhaupt bemerkenswert krisenresistent. Sie haben im Finanz- und Wirtschaftskrisenjahr 2009 die Marge erhöht, weil die Rezession den Preis des von Ihnen verarbeiteten Rohöls stark senkte.
Fuchs: Ja, das war das eine. Und man muss auch mal Glück haben: Die Finanzkrise passierte, nachdem wir eine zehnjährige Konsolidierung hinter uns hatten. 1995 waren das Unternehmen und wir als Eigentümerfamilie hoch verschuldet, bis 2005 haben wir das auf solidere Beine gestellt und sind seitdem schuldenfrei.
mm: Das entspricht nicht gerade dem Lehrbuch der Unternehmensfinanzierung, solch eine Finanzstruktur gilt als ineffizient.
Fuchs: Aber der Verzicht auf Kredite hat uns schon einmal gerettet, in der Finanzkrise. Wir achten sehr auf Effizienz: Die wichtigste Kennziffer ist für uns der "Economic Value Added". Der Gedanke dahinter ist, dass die Rendite auf das eingesetzte Kapital überall im Unternehmen höher sein muss als die Kapitalkosten.
mm: Solche wertorientierten Kennziffern benutzt heute fast jeder Konzern, oft ohne Erfolg.
Fuchs: Bei uns hängt von dieser Kennzahl aber tatsächlich die variable Vergütung von Vorstand, Geschäftsführung und Belegschaft ab.
mm: Zu ihren Wettbewerbern gehören die Ölkonzerne. Was schützt sie davor, dass diese viel größeren und kapitalstärkeren Wettbewerber ihr Geschäft an sich reißen, zum Beispiel mit Dumpingpreisen?
Fuchs: Unsere Kunden sind mit ihrem Geschäft ausgelastet, die reden nicht gern über Chemie. Denen ist nicht so wichtig, was unser Produkt kostet, sondern dass es funktioniert. Die größte Markteintrittsbarriere ist der Vertrieb. Den können sie nicht auf einen Schlag aufbauen, sondern nur Schritt für Schritt. Sie müssen in vielen Ländern präsent sein, mit jeweils unterschiedlichen Experten für die verschiedenen Branchen. Wenn sie Schmiermittel für Bergbaumaschinen verkaufen wollen, brauchen sie andere Spezialisten als bei Schmiermitteln für Automotoren.
mm: Ein gutes Stichwort: Wie hart würde es ihr Geschäft treffen, wenn sich Elektroautos langfristig durchsetzen?
Fuchs: Wenn alles auf Elektroautos umgestellt würde, dann würde für unsere Schmierstoffe eine ganze Anwendung wegfallen. Aber so wird es nicht kommen. Die Entwicklung geht eher zu Hybridautos mit Kraftstoff- und Elektroantrieb. Für diese Fahrzeuge brauchen sie noch komplexere Schmierstoffe als für herkömmliche Autos.