Brachial-Speicher soll Energiewende retten Energiespeicher - Beton ist auch eine Lösung

Energiespeicher von EnergyNest in Masdar City (Abu Dhabi)

Energiespeicher von EnergyNest in Masdar City (Abu Dhabi)

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Lithium: Das weiße Gold

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Speicher gelten als der "Heilige Gral" der Energiewende: Windkraft- und Solaranlagen produzieren inzwischen zwar billig, aber auch unregelmäßig Strom. Und so tüfteln Ingenieure und Wissenschaftler weltweit am Superakku der Zukunft. Der Hype um den Batterie-Rohstoff Lithium wirft darauf ein Schlaglicht.

Aus Norwegen kommt nun ein Konzept, das auf den ersten Blick eher wenig nach High Tech klingt. Mit brachial anmutenden Betonspeichern will die Firma Energynest den Durchbruch schaffen. Hinter dem Start-up steht eine Reihe altgedienter Manager aus dem skandinavischen Land. Aufsichtsratsvorsitzender ist Ex-Statoil-Chef Harald Norvik.

"Das Prinzip funktioniert ähnlich wie heiße Steine in der Sauna oder im Indianerzelt", sagt Energynest-Chef Christian Thiel. Hitze wird ein- und wieder ausgeleitet.

Trivial ist die Sache aber nicht. Thermisches Öl führt die Wärme mit bis zu 450 Grad Celsius dem Beton durch Stahlrohre zu. Und der graue Block besteht nicht aus Beton, der sich aus Baumarkt-Zutaten anrühren lässt, sondern enthält eine Spezialmischung des Kooperationspartners Heidelbergcement - sie ist so etwas wie das Coca-Cola-Rezept hinter dem Geschäftsmodell.

Denkbar sind verschiedene Einsatzmöglichkeiten:

• - Überschüssiger Windstrom könnte als Hitze in dem Beton lagern und am nächsten Tag als Elektrizität und Fernwärme in die Netze abgegeben werden

• - Solarthermische Anlagen in der Wüste hätten einen Hitzespeicher und könnten auch in der Nacht Strom produzieren

• - Industriebetriebe könnten Abwärme sammeln und später nutzen oder verzögert Strom daraus generieren.

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Der Prüfkonzern DNV GL hat dem System immerhin schon attestiert, dass es funktioniert. Nun muss sich zeigen, ob die optimistischen Kostenannahmen in der Realität umsetzbar sind. Unterlagen von Energynest zufolge soll die Speicherung einer Kilowattstunde Strom unter günstigen Umständen 40 Prozent billiger sein als in Lithium-Ionen-Batterien.

Der Vorteil des Betonspeichers sind seine vergleichsweise niedrigen Kosten. "Unsere Technik ist simpel und preisgünstig; sie kostet höchstens ein Drittel soviel wie eine Batterie", sagt Thiel. Ein Modul kostet etwa 50.000 Euro und verfügt über eine Kapazität von zwei Megawattstunden thermischer Energie und soll mindestens 50 Jahre halten.

Dafür ist allerdings der Wirkungsgrad in einem Batteriespeicher besser. Er kommt auf bis zu 95 Prozent, der Betonspeicher auf etwa 35 Prozent. Weniger Energie geht verloren, wenn auch Wärme ausgespeichert wird. Dann beträgt der Wirkungsgrad nach Angaben von Energynest 90 Prozent und mehr.

Nachfrage im Energiewende-Mekka Deutschland hält sich in Grenzen

Während Energynest seinen Speicher in Abu Dhabi zu Demonstrationszwecken bereits an einem solarthermischen Kraftwerk gebaut hat, fehlt bisher eine Anlage in Europa. Thiel berichtet von zahlreichen Gesprächen im fortgeschrittenen Stadium.

Ausgerechnet im Energiewende-Mekka Deutschland hält sich das Interesse der Energiewirtschaft bisher in Grenzen, wie eine kleine Umfrage von manager-magazin.de ergeben hat. Vor allem der niedrige Wirkungsgrad als reiner Stromspeicher lässt manchen Experten vor der Technologie noch zurückschrecken.

Doch dabei muss es offenbar nicht bleiben: Attraktiv erscheint das Grundprinzip auch dem Technologiekonzern Siemens. In Hamburg versuchen sich die Münchener mit einem Steinhaufen-Speicher , in dem ebenfalls aus Strom erzeugte Wärme gelagert und über einen Generator wieder in Elektrizität zurück verwandelt werden soll. Eine erste derartige Steinschüttung soll im kommenden Jahr auf dem Gelände der Aluminiumhütte Trimet entstehen.

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Energynest-Mann Thiel sieht darin noch keine große Konkurrenz. Sein System sei durch die Unterbringung in Containern "modular und frei skalierbar, wodurch es vielen Kundenanforderungen gerecht wird". Es sei prinzipiell auch kein Problem, den gesamten Wärmebedarf Hamburgs mit überschüssigem Windstrom zu decken. Dafür seien 19.000 Container nötig, gefüllt mit Beton. Etwa so viel, wie auf ein riesiges Containerschiff passen.

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manager-magazin.de/Wochit
mit dpa
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