Energiewende RWE will keine Atomkraftwerke mehr bauen

Auf die Sonne setzen: Der Preisverfall bei Solarmodulen macht die Solarenergie laut dem neuen RWE-Chef, Peter Terium, attraktiv
Foto: dapdEssen - Der Energiekonzern RWE will keine neuen Atomkraftwerke mehr bauen - weder im Inland noch im Ausland. Wenige Wochen vor seinem Amtsantritt zog der künftige Konzernchef Peter Terium für den Konzern einen Schlussstrich: "Wir werden nicht mehr in neue Kernkraftwerke investieren." Das finanzielle Risiko von Reaktor-Neubauten sei "für den Konzern nicht zumutbar". Der Manager verabschiedet sich damit vom Pro-Atom-Kurs seines Vorgängers Jürgen Großmann.
Konkurrent Eon (Kurswerte anzeigen) hält sich dagegen die Option zum Neubau von Reaktoren im Ausland ausdrücklich offen. "Wir entscheiden das je nach Markt", sagte Konzernsprecher Carsten Thomsen-Bendixen. Aktuell bereitet der Konzern im finnischen Pyhäjoki mit einheimischen Partnern den Bau eines Kernkraftwerks vor. "Das Projekt geht wie geplant weiter", sagte der Sprecher. Außerdem ist Eon an drei Kernkraftwerken in Schweden beteiligt.
Statt in Atomkraft will Terium verstärkt in erneuerbare Energien investieren. Dabei kommt auch die bislang von RWE (Kurswerte anzeigen) eher kritisch beurteilte Solarenergie zu neuen Ehren. Der Preisverfall bei Solarmodulen sei um ein Vielfaches höher ausgefallen als erwartet, sagte Terium. Vor allem in Südeuropa und Nordafrika würden Investitionen in Sonnenenergie damit attraktiv.
Doch auch in Deutschland sei das Unternehmen bereit, zusammen mit Partnern wie etwa den Stadtwerken den Bau von Solarparks voranzutreiben, wenn der Subventionsrahmen stimme. Terium setzt sich damit deutlich von seinem Vorgänger Großmann ab, der einer der profiliertesten Atomkraft-Befürworter in Deutschland war.
Vorläufig keine neuen Kohle- und Gaskraftwerksprojekte
Bereits Ende März hatten RWE und Eon ihre Pläne aufgegeben, gemeinsam in Großbritannien mit einem Kostenaufwand von bis zu 17 Milliarden Euro fünf bis sechs neue Atomkraftwerke zu bauen. Das eigens dafür gegründete Gemeinschaftsunternehmen Horizon Nuclear Power steht nun zum Verkauf. Zuvor hatte RWE bereits AKW-Projekte in Rumänien und Bulgarien gestoppt.
Nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" hatten internationale Ratingagenturen den durch den Atomausstieg finanziell geschwächten Konzern zuletzt vor einem weiteren Atomengagement gewarnt. Massive Verzögerungen beim Bau neuer Kernkraftwerke in Frankreich und Finnland hätten gezeigt, wie riskant Investitionen in die Technologie seien, hieß es in dem Bericht.
Doch auch beim Bau neuer Gas- und Kohlekraftwerke tritt Terium auf die Bremse. Auch konventionelle Kraftwerksprojekte werde RWE "in absehbarer Zeit" nicht in Angriff nehmen, sagte der Manager. Die regulatorischen Rahmenbedingungen dafür seien in Europa zurzeit nicht gegeben. Der Hintergrund: Wegen des Einspeisevorrangs für erneuerbare Energien und gesunkener Großhandelspreise wird der Betrieb konventioneller Kraftwerke für die Energiekonzerne zunehmend unattraktiv. Terium rückt zum 1. Juli an die Spitze des zweitgrößten deutschen Versorgers.
Machtwechsel bei RWE: Peter Terium und die interne Energiewende