RWE Neuer Chef will Erneuerbare drastisch ausbauen

Offshore-Installationsschiff "Victoria Mathias": Startschuss in das Zeitalter kommerzieller Windkraftnutzung
Foto: dapdBremerhaven - Der künftige RWE-Chef Peter Terium will die Position des zweitgrößten deutschen Energieversorgers bei erneuerbaren Energien deutlich ausbauen. Der Manager kündigte am Montag in Bremerhaven an, der Energiekonzern wolle bis 2025 Hochsee-Windparks mit einer Gesamtkapazität von über 6500 Megawatt errichten. Außerdem beabsichtige RWE sein Windportfolio an Land in Europa auf bis zu 5000 Megawatt zu verdreifachen.
"RWE war ja lange Zeit nicht gerade die Spitze der Bewegung im Bereich der Erneuerbaren. Das hat sich geändert", sagte der Manager, der am 1. Juli die Leitung des Konzerns von seinem häufig als Atomdinosaurier kritisierten Vorgänger Jürgen Großmann übernimmt.
Anlass für die Ankündigung war die Taufe des 100 Millionen Euro kostenden Spezialschiffs "Victoria Mathias" durch Großmanns Ehefrau Dagmar Sikorski-Großmann. Das RWE-Schiff soll die Errichtung von Windkraftanlagen spürbar beschleunigen.
Als weltweit erstes Schiff seiner Klasse kann es laut RWE bis zu vier Windturbinen der Multi-Megawattklasse gleichzeitig transportieren und anschließend in Wassertiefen von über 40 Meter errichten. Dazu verfügt es über ausfahrbare Stahlbeine, die auf dem Meeresboden für einen sicheren Stand sorgen. Außerdem besitzt das Schiff einen Kran mit 1000 Tonnen Hebekraft.
Auch Wasserkraft und Biomasse im Blick
Die Schiffstaufe sei für den Konzern der Startschuss in das Zeitalter kommerzieller Windkraftnutzung in der deutschen Nordsee, sagte Terium. Bereits im Sommer soll die "Victoria Mathias" die Fundamente für den Windpark Nordsee legen.
Der Offshore-Windpark Nordsee Ost ist eines der größten kommerziellen Windkraftprojekte vor der deutschen Küste. Rund 30 Kilometer nördlich von Helgoland will der Energiekonzern RWE mit 48 Windturbinen jährlich rund eine Milliarde Kilowattstunden Strom erzeugen. Die Baukosten beziffert RWE mit rund einer Milliarde Euro.
Einige Zahlen verdeutlichen die Dimension des Projekts. Mit einer Gesamthöhe von rund 160 Metern - vom Meeresspiegel an gerechnet - würden die Windkraftanlagen sogar den Kölner Dom überragen. Die Rotoren überstreichen die Fläche zweier Fußballfelder. Allein die Gondel mit der Windturbine hat die Abmessungen eines Einfamilienhauses und wiegt rund 350 Tonnen. Jede einzelne von ihnen deckt rechnerisch den Stromverbrauch von rund 6.000 Haushalten. Der Windpark erstreckt sich über eine Fläche von rund 24 Quadratkilometern.
Fotovoltaik rechnet sich inzwischen auch für RWE
Doch will der Konzern auch seine Position bei anderen erneuerbaren Energien ausbauen. Gute Möglichkeiten sieht RWE auch für den Ausbau der Wasserkraft in Südosteuropa und für Biomasse.
Biomasse sei in der Lage, konventionelle Kraftwerke entweder zu ersetzen oder durch Zufeuerung umweltfreundlicher zu machen, sagte Terium. In den Niederlanden und Großbritannien sei RWE damit schon sehr erfolgreich. Im Deutschland gebe es aber bislang nicht die Rahmenbedingungen für eine Nutzung im großen Maßstab.
Darüber hinaus entdeckt RWE nun auch die Sonnenenergie. "Bei der Photovoltaik durchlaufen wir gerade eine Phase der Neubewertung", sagte Terium. Die Preise für die Module seien in einem Maße gesunken, das RWE nicht für möglich gehalten habe. "Es wäre also unklug, wenn wir uns diesem Thema nicht widmen würden."
Marokko-Projekt soll 120 bis 150 Millionen Euro kosten
In Deutschland wolle der Konzern Solarstromerzeugung aber nicht vorantreiben, sondern in Südeuropa und Nordafrika. So plane RWE ein Projekt in Marokko mit einer Leistung von 100 Megawatt, bei dem Strom kombiniert aus Sonnen- und Windkraft erzeugt wird. "Durch die Kombination beider Technologien können wir die Erzeugungskosten nochmals reduzieren", sagte Terium.
Die Kosten für das Projekt in Marokko bezifferte der Konzern auf 120 bis 150 Millionen Euro. RWE habe die Pläne als Konsortialführer den Partnerunternehmen im Wüstenstromprojekt Desertec angeboten und bereits Interessenbekundungen erhalten. In den nächsten Wochen könne der Konzern wohl mehr über zu den Partnern und dem Zeitplan sagen. Der Strom solle in Marokko bleiben. Es würden aber auch Vermarktungsmöglichkeiten in Europa geprüft.
Vom neuen Umweltminister Peter Altmaier (CDU) erwartet der Manager nicht zuletzt eine konstruktivere Zusammenarbeit mit dem Wirtschaftsministerium. Er hofft, dass sich der Unionspolitiker schnell in die neue Aufgabe einarbeitet. "Wir haben keine Zeit zu verlieren." Dies gelte vor allem für den Netzausbau.