RWE Aktionärszoff droht zu eskalieren

In der Essener Gruga-Halle prallen heute die verfeindeten Aktionärsgruppen des Energieversorgers RWE aufeinander. Pensionsfonds und Privatanleger wollen den Einfluss der nordrhein-westfälischen Kommunen zurückdrängen, die lautstark eine Abkehr vom Atomkurs des Konzerns fordern.
Gegenwind von kommunalen Aktionären: RWE-Chef Jürgen Großmann polarisiert mit seinem Pro-Atom-Kurs

Gegenwind von kommunalen Aktionären: RWE-Chef Jürgen Großmann polarisiert mit seinem Pro-Atom-Kurs

Foto: dapd

Hamburg - Laut ging es bei Aktionärstreffen des Essener Energieversorgers RWE schon so manches Mal zu. Vor den Toren des Versammlungsortes trommeln Umweltschützer jahrein, jahraus für den baldigen Ausstieg aus der Atomenergie, die für RWE elementarer Bestandteil des Geschäftsmodells ist.

In diesem Jahr schwappt der Protest jedoch bis in die Gruga-Halle hinein. Ein Großteil der kommunalen Aktionäre, die bis zu 25 Prozent der RWE-Anteile halten, will den Atomkurs des Unternehmens nicht mehr mittragen. Die Stadträte von Mülheim an der Ruhr, Essen und Dortmund haben ihre Aufsichtsratsvertreter aufgefordert, den Atomausstieg bei RWE  in die Wege zu leiten.

Ein Ansinnen, das bei anderen Aktionären auf blankes Unverständnis stößt. "Damit liefern die Kommunen einen weiteren Grund, warum sie nicht in den Aufsichtsrat gehören", sagt Aktionärsvertreter Marc Tüngler von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) gegenüber manager magazin.

Chefkontrolleur Schneider zieht Kritik auf sich

Die DSW unterstützt vielmehr RWE-Chef Jürgen Großmann, der sich juristisch gegen das Atom-Moratorium der Bundesregierung weht. Dieses hatte zur vorläufigen Abschaltung des RWE-Meilers Biblis A geführt. Analysten zufolge entgehen RWE deshalb bis zu 100 Millionen Euro Gewinn.

Zoff ist also programmiert bei der heutigen Hauptversammlung des nach Eon  zweitgrößten deutschen Energiekonzerns. Gipfeln dürfte er in der Wahl des Kontrollgremiums. Die Kommunen sollen laut Vorschlag von Chefaufseher Manfred Schneider erneut vier der zehn Anteilseignerposten bekommen, notfalls gegen den Widerstand der Kritiker.

Schon vor der Atomdebatte, die durch den Reaktorunfall in Japan angeheizt wurde, opponierten zahlreiche Investoren gegen den großen Einfluss der Politiker bei RWE. "Die Zusammensetzung der Anteilseignerseite des Aufsichtsrats der RWE AG spiegelt zunehmend stärker die Eigentumsverhältnisse des Unternehmens nicht angemessen wider", bemängelt der Vorsitzende der Vereinigung Institutionelle Privatanleger, Hans-Martin Buhlmann, in seinem Gegenantrag zu Schneiders Kandidatenliste.

Aktionärsvertreter: "Es bedarf einer Ohrfeige"

Buhlmann und andere stören sich nicht nur an der direkten energiepolitischen Einflussnahme der Kommunalvertreter. Die Bürgermeister und Landräte befänden sich zudem in zahlreichen Interessenkonflikten, weil sie gleichzeitig am wirtschaftlichen Erfolg ihrer Stadtwerke und dessen Energieversorgers Steag hängen, die mit RWE konkurrieren.

Auch der Vorwurf der Inkompetenz steht im Raum. "Manche Vertreter sind den Problemen, vor denen RWE steht, nicht gewachsen", sagt Tüngler. "Die Kommunalpolitik hat im Aufsichtsrat eines internationalen Stromversorgers nichts zu suchen."

Zur Wahl stehen als Kommunalvertreter Mülheims Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld, Dortmunds Oberbürgermeister Ullrich Sierau der Ex-Landrat von Bitburg-Prüm, Roger Graef, der Landrat des Rhein-Sieg Kreises, Frithjof Kühn.

Kritik entzündet sich vor allem an SPD-Mann Sierau und dessen zahlreichen Posten in Aufsichtsräten und Gremien. "Es bleibt offen, ob er für das Mandat bei RWE genügend übrige Zeit zur Verfügung hat", kritisiert Buhlmann. Ihm und anderen ist zudem der energiepolitische Kurs der Kommunalpolitiker ein Dorn im Auge. "Dieses Hin- und Herspringen ist mehr als unternehmensschädlich", sagt er gegenüber manager magazin.

Trotz einer zu erwartenden hitzigen Debatte stapeln die Kritiker tief. Aktionärsvertreter Buhlmann hofft auf 25 Prozent Gegenstimmen. "Das ist die Ohrfeige, der es bedarf, damit die Aufsichtsräte transparenter und gemeinsam mit dem Aktionariat besetzt werden."

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