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Einer zu viel

Fujitsu Siemens: Nach internen Machtkämpfen scheidet Klaus Elias aus der Deutschland-Führung aus.
aus manager magazin 3/2000

So ist das, wenn einer geht, der eigentlich bleiben sollte. Winfried Hoffmann (56), Europa-Präsident und Sprecher des Gemeinschaftsunternehmens Fujitsu Siemens Computers, erklärt mit dürren Worten, dass er das Ausscheiden von Klaus Elias (43) sehr bedauere. Der Betroffene selbst lässt wortkarg verlauten, dass er sich "neuen Herausforderungen" stellen wolle.

Über die interne Zerreißprobe in der Deutschland-Geschäftsführung schweigen die Herren: Monatelang rauften sich Ex-Fujitsu-Manager Elias und Siemens-Mann Bernd Puschendorf (49) um Kunden und Kompetenzen. Als Elias schließlich die Machtfrage stellte und Puschendorf als Deutschland-Chef ablösen wollte, zog er den Kürzeren.

Die Fusionsarithmetik des Joint Ventures ließ es nicht zu, dass neben Hoffmann, Ex-Europa-Chef von Fujitsu, ein weiterer Topmanager aus dem japanischen Lager in eine Spitzenfunktion aufrückte. Zudem reklamierte der mächtige Siemens-Clan, dass der ehrgeizige Elias - im Gegensatz zu Puschendorf - zu wenig vom wichtigen Großkundengeschäft ver- stehe.

Mit dem Abgang von Elias zum 1. April verliert Hoffmann einen seiner loyalsten Gefolgsleute. Der altgediente Computerprofi hatte den ehemaligen Geschäftsführer von Peacock Systeme zu Fujitsu abgeworben. Vor dem Zusammenschluss der bei- den Firmen im Oktober vergangenen Jahres managte Elias mit Erfolg das Deutschland-Geschäft von Fujitsu.

Vom Start weg hatte Elias allerdings schlechte Karten im fusionierten Unternehmen. Zuständig für das Partner- und Mittelstandsgeschäft, betreute er den umsatzschwächsten Bereich des Joint Ventures. Puschendorf stand mit seinen Großkunden für rund fünf Milliarden Mark Umsatz gerade, Elias für knapp eine halbe Milliarde Mark.

Der Kampf der beiden Manager entzündete sich um die Absatzkanäle. Elias drängte mit seinen indirekten Vertriebspartnern ins Großkundengeschäft, um Firmen mit PC, Notebooks, Monitoren und kleinen Servern zu beliefern. Puschendorf verteidigte hingegen mit Klauen und Zähnen sein Direktgeschäft.

Mit Beginn des ersten Vollgeschäftsjahres zum 1. April wird dieser Konflikt beseitigt. Kurioses Ergebnis: Elias behält in der Sache recht, Puschendorf behält seinen Posten.

Künftig bekommen auch die Key Accounts von Fujitsu Siemens die Computermassenware über die Handels- oder Systempartner des Konzerns. Damit wandert ein jährlicher Umsatz von rund 2,5 Milliarden Mark in die indirekten Absatzkanäle. Nur die Auslieferung von Großsystemen verbleibt weiter beim Direktvertrieb.

Deutschland-Chef Puschendorf ist künftig für den direkten und indirekten Großkundenvertrieb zuständig. Mitgeschäftsführer Achim Berg (36) erhält zusätzlich zu seinem bisherigen Vertriebsbereich Consumer die von Elias betreuten Mittelstandskunden.

Die Neuordnung der Kompetenzen in der deutschen Geschäftsführung ist Teil einer weit reichenden Reorganisation. Europa-Chef Winfried Hoffmann will radikal alte Siemens-Zöpfe abschneiden: Bislang betreuen elf Provinzfürsten ihre jeweiligen Großkunden, die Abstimmung untereinander ist schwierig.

Ab April lösen deshalb sieben zentral gesteuerte Lines of Business (LOB) die Regionalorganisationen ab. Die LOB sind auf Branchen oder Kundengruppen wie Banken oder Consumer zugeschnitten.

Hoffmann drängt auf stärkere Effizienz. Der traditionellen Siemens-Guerillataktik - in Deckung gehen und wie gehabt weiterwursteln - kann der umtriebige Computermanager wenig abgewinnen. Sein Ziel, in Europa die Nummer eins zu werden, setzt neue Vertriebs- und Marketingoffensiven vor allem in England, Frankreich und Italien voraus.

Siemens Fujitsu ist noch zu stark vom Deutschland-Geschäft abhängig. Über 50 Prozent des Gesamtumsatzes und gut 70 Prozent des Gewinns werden vor der Haustür erwirtschaftet - vor allem mit Bestandskunden aus dem öffentlichen Dienst und dem Finanzsektor sowie der Münchener Muttergesellschaft.

15 Milliarden Mark Umsatz peilt Hoffmann für das erste volle Geschäftsjahr 2000/01 (1. 4. bis 31. 3.) an, Deutschland wird rund 9 Milliarden Mark beitragen. "Wenn hier zu Lande etwas schiefläuft, bekommt der gesamte Konzern Lungenentzündung", befürchtet ein ehemaliger Fujitsu-Mann.

Fürs Erste läuft es gut. Mit einem Marktanteil von gut 25 Prozent ist das Gemeinschaftsunternehmen unangefochtener Spitzenreiter in Deutsch- land. Von den angepeilten jährlichen Umsatzzuwächsen von 25 Prozent und Renditen von 8 bis 10 Prozent ist das Joint Venture aber noch deutlich entfernt.

Hoffmann glaubt fest daran, dass es weiter aufwärts geht - auch wenn er Weggefährten wie Elias aus Proporzgründen gehen lassen muss.

Anne Preissner

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