Vorstandschef und Chefaufseher geben auf
US-Investor fegt Commerzbank-Spitze aus dem Amt
Lange wehrten sich Vorstandschef Zielke und sein Aufsichtsratsvorsitzender Schmittmann gegen einen beherzten Umbau ihrer Traditionsbank. Jetzt sind sie ihre Jobs los.
Abgang: Commerzbank-Chef Martin Zielke (links) und Aufsichtsratschef Stefan Schmittmann.
Foto: Daniel ROLAND / AFP
Die beiden mächtigsten Manager der Commerzbank haben unter dem Druck des Großinvestors Cerberus kapituliert: Vorstandschef Martin Zielke (57) und der Aufsichtsratsvorsitzende Stefan Schmittmann (63) werden das Geldhaus in Kürze verlassen, wie die Commerzbank am Freitagabend mitteilte.
Zielke habe dem Präsidial- und Nominierungsausschuss des Aufsichtsrats der Commerzbank angeboten, auf Basis einer einvernehmlichen Aufhebung vorzeitig aus dem Vorstand auszuscheiden. Dieses Angebot habe der Ausschuss angenommen, Zielke solle die Bank spätestens zum Jahresende 2020 verlassen. Der Aufsichtsrat werde dazu in seiner Sitzung am 8. Juli 2020 einen Beschluss fassen. Auch Aufsichtsratschef Stefan Schmittmann verlässt die Commerzbank. Er wird sein Mandat im Aufsichtsrat bereits zum 3. August 2020 niederlegen. Schmittmann war von den Aktionären eigentlich noch bis 2023 gewählt. Zielkes Vertrag wäre eigentlich auch erst im November 2023 ausgelaufen.
Die Doppelpersonalie ist ein großer Erfolg des Aktionärs Cerberus. Die US-Amerikaner, die gut 5 Prozent der Anteile halten, waren mit ihrer Kritik am Kurs von Schmittmann und Zielke erst Anfang Juni an die Öffentlichkeit gegangen, nachdem sie zuvor monatelang in vertraulichen Gesprächen auf den nur müden Umbaukurs Zielkes hingewiesen hatten. Ihre Forderung nach zwei Sitzen im Aufsichtsrat hatte Schmittmann zunächst routiniert abgewehrt. Allerdings hatte auch der Bund als größter Commerzbank-Aktionär mit mehr als 15 Prozent der Anteile die Attacke von Cerberus inoffiziell unterstützt - eine historisch seltene Allianz von öffentlicher Hand und Vertretern des Finanzkapitalismus. Am Freitag nun erklärte Zielke: "So erkennbar die strategischen Fortschritte sind, so unbefriedigend war und ist die finanzielle Performance der Bank. Und dafür trage ich als CEO die Verantwortung." Sein Rücktritt solle "den Weg für einen Neuanfang freimachen. Die Bank braucht eine tiefgreifende Transformation und dafür einen neuen CEO, der vom Kapitalmarkt auch die notwendige Zeit für die Umsetzung einer Strategie bekommt." Schon 2018 war Gründungsmitglied Commerzbank aus dem Dax geflogen.
Finanzkreisen zufolge soll ein Treffen Zielkes mit Vertretern des Großaktionärs Bund Ende vergangener Woche zu seinem Abgang geführt haben. Der Commerzbank-Chef habe dort wesentliche Elemente einer neuen Strategie angekündigt, die mit der Schließung von mehr Filialen und dem Abbau von mehr Jobs einhergehen sollte. Er habe zudem auf eine deutliche Rückendeckung in der Auseinandersetzung mit Cerberus gehofft. Diese ist offenbar nicht so ausgefallen wie gewünscht. Der Bund wollte das nicht kommentieren, sondern teilte lediglich mit: Man nehme den Rückzug von Zielke und Schmittmann mit Bedauern zur Kenntnis. Und weiter: Der Bund sei an einer starken und zukunftsfähigen Commerzbank interessiert.
Zielke hatte im September vergangenen Jahres angekündigt, 4300 der insgesamt rund 40 000 Arbeitsplätze zu streichen und 200 der 1000 Filialen zu schließen. Dieser Plan war bei Investoren durchgefallen. Die Bundesregierung hatte daraufhin die Unternehmensberater von BCG beauftragt, die Schwächen und Stärken der Krisenbank zu analysieren. Diese kamen vor etwa vier Monaten zu dem Schluss, dass das Geldhaus seine Kosten radikaler senken könnte.
Der Commerzbank-Chef wollte Anfang August, bei der Vorlage der Halbjahreszahlen, eine nachgebesserte Strategie vorlegen. Nach Angaben aus Kreisen, die mit der Sache vertraut sind, sah diese vor, dass rund 400 Filialen dicht machen und zwischen 7000 und 11000 Jobs wegfallen.
Zielke will spätestens Ende dieses Jahres abtreten. Schmittmann geht Anfang August. Er begründete seinen Schritt damit, alle strategischen Entscheidungen des Vorstands mitgetragen zu haben, die der Kapitalmarkt nicht akzeptiere. "Daher bin ich zu dem Schluss gekommen, dass auch ich hier in der Verantwortung stehe und sie auch übernehmen sollte. Deshalb werde ich mein Amt niederlegen", so Schmittmann.
Insider schließen nicht aus, dass auch einige andere Aufsichtsräte ihren Posten aufgeben dürften. Zunächst müssen die freien Stellen nachbesetzt und ein neuer Aufsichtsratschef gewählt werden, bevor die Suche nach einem Vorstandsvorsitzenden beginnt.
Die faktische Machtübernahme bei der Commerzbank macht Cerberus zum einflussreichsten Investor der deutschen Bankenbranche. Auch bei der Deutschen Bank zählen die Amerikaner mit mehr als 3 Prozent der Anteile zu den Großaktionären, haben sich aber nach dem zuletzt beherzten Umbaukurs von Vorstandschef Christian Sewing (50) zurückgehalten. Vor etwa zwei Jahren hatte Cerberus das Skandalinstitut HSH Norbank gekauft. Unter dem neuen Namen Hamburg Commercial Bank wird das Haus nun verkleinert und zu einer reinen Firmenkundenbank umgebaut.
Neben der Commerzbank wird sich auch der Lobbyverband der deutschen Banken einen neuen Chef suchen müssen. Zielke hatte den Job des Präsidenten des Bundesverbands deutscher Banken erst im April angetreten - obwohl schon damals intern in der Kritik stand.