Weiterer Rückschlag Super-Fintech Klarna meldet Riesenverlust fürs erste Halbjahr

Zuversichtlich: Klarna-CEO Sebastian Siemiatkowski
Foto: Magnus Hjalmarson Neideman/SvD/TT / picture alliance / TT NEWS AGENCYDieser Artikel gehört zum Angebot von manager-magazin+. Sie können ihn auch ohne Abonnement lesen, weil er Ihnen geschenkt wurde.
Ein weiterer Rückschlag für das einst gefeierte Fintech-Unternehmen Klarna. Das schwedische Bezahlplattform hat in der ersten Jahreshälfte zwar ein Viertel mehr Umsatz gemacht als im Vorjahr – gleichzeitig aber drastisch gestiegene Verluste verzeichnet. Der operative Verlust hat sich im Vergleich zum Vorjahr auf 6,2 Milliarden schwedische Kronen (rund 580 Millionen Euro) mehr als verdreifacht. Im Vorjahreszeitraum hatte Klarna einen Verlust von 1,8 Milliarden Kronen vermeldet.
Damit dürfte der Druck der Geldgeber auf das Unternehmen weiter steigen. "Wir haben jetzt einige Jahre hinter uns, in denen das Wachstum von den Investoren sehr stark priorisiert wurde", sagte CEO und Co-Gründer Sebastian Siemiatkowski (40) in einem Statement . "Jetzt wollen sie verständlicherweise Profitabilität sehen."
Klarna hatte das in den vergangenen Monaten bereits zu spüren bekommen. Mit einer Bewertung von mehr als 45 Milliarden Dollar war das Unternehmen vor wenigen Monaten noch Europas wertvollstes Start-up. Doch Siemiatkowski musste in einer neuen Finanzierungsrunde erhebliche Abschläge akzeptieren. Es gelang ihm im Juli zwar rund 800 Millionen Dollar frisches Kapital aufzutreiben – aber nur noch zu einer Bewertung von 6,7 Milliarden Dollar. Klarna hatte binnen weniger Monate mehr als 85 Prozent seines Werts verloren.
Der drastische Anstieg der Verluste bei Klarna wurde maßgeblich durch die gestiegenen Verwaltungskosten verursacht: die Kosten für den Betrieb des Unternehmens, einschließlich der Gehälter, sind um mehr als 40 Prozent auf 10,2 Milliarden Kronen (rund 950 Millionen Euro) gestiegen. Um die Kosten in den Griff zu bekommen, hatte Klarna bereits angekündigt, 10 Prozent des Personal zu feuern. "Wir mussten einige harte Entscheidungen treffen", so Siemiatkowksi. Neben dem Personalabbau will er auch die Kreditausfälle der Plattform begrenzen, sowie sich stärker auf Geschäfte konzentrieren, die Profitabilität versprechen. Die Maßnahmen würden sich noch nicht in den Zahlen widerspiegeln, erklärte Siemiatkowski den Investoren nun.
Klarna verfügt über eine Banklizenz und hat als Zahlungsabwickler eine führende Position erreicht. Unter anderem bietet Klarna Online-Kunden zinslose Ratenkredite an, die es ihnen ermöglichen, die Kosten für ein Produkt auf mehrere Zahlungen zu verteilen (Buy now pay later, kurz: BNPL). Inzwischen würden mehr als 150 Millionen Menschen die Angebote annehmen. Die Gebühren für die Transaktionen übernehmen dabei die weltweit kooperierenden 450.000 Händler. Zuletzt waren aber Techkonzerne wie Apple und Banken auf das Geschäft aufgesprungen. Nicht wenige Investoren fragen sich inzwischen, welche Zukunft zwischengeschaltete Dienstleister wie Klarna dabei noch haben. Außerdem ist das BNPL-Geschäft anfällig für Konjunkturschwankungen. In Zeiten steigender Inflation und möglicher Rezession dürften viele Verbraucher ihren Konsum zurückfahren. Gleichzeitig steigt das Risiko weiterer Kreditausfälle.
Im ersten Halbjahr beliefen sich die Nettokreditverluste bei Klarna auf 2,85 Milliarden Kronen (rund 270 Millionen Euro) – ein Zuwachs von mehr als 50 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Nach Angaben des Unternehmens entsprach die Gesamtsumme 0,7 Prozents des über Klarna finanzierten Bruttowarenwerts und war eine Folge des allgemeinen Kreditwachstums. 2021 betrugen die Kreditverluste 0,56 Prozents des Bruttowarenwerts. In der DACH-Region, zu der auch Deutschland zählt und die für Klarna die umsatzstärkste ist, betrugen die Kreditausfälle nur 0,3 Prozent.
Die Barreserven von Klarna haben sich in der ersten Jahreshälfte auf 9,35 Milliarden Kronen (rund 880 Millionen Euro) mehr als halbiert. Immerhin: Im Vergleich zum ersten Quartal ist das Tempo gesunken. Siemiatkowski glaubt ohnehin an eine erfolgreiche Zukunft und verweist gern auf Großbritannien, wo das Geschäft schon länger etabliert ist. Die Bruttomarge dort: 54 Prozent.