Fanal für die Aufarbeitung der Finanzkrise: Großbank JPMorgan soll für die Folgen riskanter Geschäfte mit Hypothekenverbriefungen zahlen
Foto: REUTERSNew York - Fragwürdige Hypothekengeschäfte im Vorfeld der Finanzkrise könnten JPMorgan Chase einen Rekordbetrag kosten. Die größte aller amerikanischen Banken verhandele momentan mit US-Behörden über einen elf Milliarden Dollar (acht Milliarden Euro) schweren Vergleich, berichteten US-Medien am Mittwoch unter Berufung auf eingeweihte Personen. Die Summen, die bisher kursierten, waren deutlich niedriger. Dennoch legte die JPMorgan-Aktie an der New Yorker Börse um 2,7 Prozent zu.
JPMorgan Chase sieht sich seit Monaten Vorwürfen ausgesetzt, Investoren beim Verkauf von Hypothekenpapieren über den Tisch gezogen zu haben. Mehrere Bundesbehörden und die Generalstaatsanwälte einzelner Bundesstaaten ermitteln oder haben bereits Klage eingereicht. Die Bank selbst hatte jüngst ihre Rücklagen für Rechtsstreitigkeiten aufgestockt.
Nach Informationen des "Wall Street Journal" und der Nachrichtenagentur Bloomberg müsste die Bank nach jetzigem Stand sieben Milliarden Dollar in bar zahlen. Weitere vier Milliarden Dollar entfielen auf finanzielle Erleichterungen, die JPMorgan Chase Verbrauchern gewähren würde. Die Summen könnten sich im Laufe der Verhandlungen aber noch ändern, hieß es einschränkend. Das Wall-Street-Haus selbst äußerte sich nicht dazu.
Unklar ist weiterhin, ob JPMorgan Chase alle Hypotheken-Fälle mit einem einzelnen Vergleich aus der Welt schaffen kann. Es geht im Kern um sogenannte Mortgage Backed Securities. Banken verpacken darin eine Vielzahl an Hauskrediten und verkaufen diese Wertpapiere anschließend an Investoren. Diese versprechen durch die monatlichen Zins- und Tilgungszahlungen satte Renditen. Sie tragen allerdings auch das Risiko, falls die Kreditnehmer nicht zahlen. Genau das geschah in der Finanz- und Wirtschaftskrise.
Der Vorwurf an viele Wall-Street-Banken lautet, dass sie die Investoren im Unklaren darüber gelassen haben, dass in den Hypothekenpapieren von Anfang an massenhaft wackelige Kredite steckten - entweder bewusst oder durch eine schludrige Überprüfung der Schuldner.
In einem ähnlich gelagerten Fall entschädigt die Citigroup den staatlich kontrollierten US-Hausfinanzierer Freddie Mac für problematische Hypotheken. Die Großbank überweist dazu 395 Millionen Dollar (292 Millionen Euro), wie sie am Mittwoch (Ortszeit) in New York mitteilte. Freddie Mac kauft Banken deren Hypotheken ab, wodurch die Institute neue Kredite vergeben können.
Die US-Regierung geht gegen mehrere Finanzinstitute vor, um diese zur Rechenschaft zu ziehen und an den Kosten der Krise zu beteiligen. Erst am Dienstag reichte die Regulierungsbehörde National Credit Union Administration in diesem Zusammenhang Anklage gegen JPMorgan, Morgan Stanley sowie sieben weitere Institute ein. Bislang war wegen der Hypothekengeschäft vor allem die Bank of America in die Schusslinie geraten. In jüngerer Zeit rückte aber immer mehr JPMorgan Chase ins Visier der Behörden.
Das einstige Vorzeigeinstitut kämpft an vielen Fronten. Wegen überhöhter Kreditkarten-Rechnungen zahlte JPMorgan eine Strafe von 80 Millionen Dollar, wegen der mutmaßlichen Manipulation des US-Strommarkts waren es 410 Millionen Dollar und wegen des Spekulationsdesasters um einen Derivatehändler mit Spitznamen "Wal von London" 920 Millionen Dollar. Auch im Skandal um die Manipulation des Referenzzinssatzes Libor wird gegen JPMorgan ermittelt.
15. Januar 2008: Der Münchener Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate (HRE) schockiert die Börse mit unerwarteten Abschreibungen. Der Aktienkurs bricht um 35 Prozent ein.
22. Januar: Noch vor Börseneröffnung in den USA beginnt die US-Notenbank Fed mit einer Reihe von Zinssenkungen, die sich über das gesamte Jahr hinziehen. Zunächst senkt die Fed die Zinsen um 75 Basispunkte auf 3,5 Prozent und bremst damit die Talfahrt der Börsen weltweit. Am 30. Januar folgt ein weiterer Zinsschritt auf 3 Prozent.
16. März: Die fünftgrößte US-Investmentbank Bear Stearns ist pleite und wird an JP Morgan notverkauft.
17. März: Die Börsen-Talfahrt beschleunigt sich. Die Anleger fliehen in den als sicher geltenden Hafen Gold, dessen Preis mit 1030,80 Dollar ein Rekordhoch erreicht.
14. September: Die US-Investmentbank Lehman Brothers ist pleite. Der Rivale Merrill Lynch schlüpft in letzter Minute unter das rettende Dach der Bank of America.
In die Kritik gerät vor allem Lehman-Chef Richard Fuld, vor allem wegen seines großspurigen Auftretens und seiner großzügigen Verdienste, die beide offenbar wenig von Kompetenz getragen waren
17. September: Mit einem Notkredit über 85 Milliarden Dollar greift der US-Staat dem Versicherer AIG unter die Arme. Der Branchenführer wird quasi verstaatlicht.
11. Oktober: Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy (hier ein Bild aus 2011) kündigen ein Rettungspaket für die Finanzbranche an. Der Dax schießt am Montag darauf um 11,4 Prozent in die Höhe. Es ist der größte Tagesgewinn seiner Geschichte.
4. Dezember: Die EZB senkt den Leitzins um überraschend 75 Basispunkte auf 2,50 Prozent. Es ist der größte Zinsschritt der Notenbank seit ihrer Gründung 1998.
Tulpenkrise 1637: Holland in Blumennot
Der Tulpenwahn in den Niederlanden gilt als die Mutter aller Finanzkrisen. Schon im 16. Jahrhundert entwickelte sich ein blühendes Terminwarengeschäft mit den bunten Blumen. Händler spekulierten darauf, die zu dieser Zeit besonders beliebten Gewächse bei steigenden Preisen mit Gewinn weiterverkaufen zu können. Die Preise gingen durch die Decke, eine Tulpenzwiebel kostete mehrere tausend Gulden. Auch Durchschnittbürger ließen sich von der Manie anstecken.
Es kam so, wie es kommen musste: Die Blase platzte im Februar 1637 und brachte die niederländische Wirtschaft in arge Schwierigkeiten. Über die genauen Ursachen ist die Wissenschaft bis heute uneins.
Black Friday 1869: Tumult im Goldraum
Da flogen die Fetzen: Am 24. September 1869 wurden die wohlerzogenen Händler an der New Yorker Börse handgreiflich. Grund für die Auseinandersetzungen war der Crash des Goldpreises. Binnen kürzester Zeit fiel er von 160 auf 133 Dollar je Feinunze und riss andere Rohstoffe und Aktien gleich mit in den Abgrund.
Hinter dem Absturz standen Spekulationen von James Fisk und Jay Gould, die gegen den größten damaligen Goldbesitzer, die US-Regierung, wetteten - und letztlich spektakulär daneben lagen.
Black Thursday 1929: Auftakt zur großen Depression
Einer der folgenreichsten Börsenabstürze der Geschichte fing ganz harmlos an. Der 24. Oktober 1929 sollte ein Handelstag wie jeder andere werden, als gegen 11 Uhr Chaos ausbricht. Nach jahrelangen Kursgewinnen im Dow Jones, auf die auch Kleinanleger aufgesprungen waren, wollten plötzlich alle nur noch eins: verkaufen.
In dem Tumult wechselten knapp 13 Millionen Aktien zu Niedrigstpreisen ihren Besitzer. Bis 1932 fiel der US-Leitindex auf 40 Punkte. Die Große Depression hatte eingesetzt, die Weltwirtschaftskrise der 1930er-Jahre. Viele Börsen führten nach diesem historischen Kursgemetzel verschärfte Regeln ein, beispielsweise die Aussetzung des Handels bei extremen Kursabstürzen.
Ölkrise 1973: Leergefegte Autobahnen
Ein Bild mit Seltenheitswert: blechfreie Autobahnen. Die Regierung Brandt hatte im Herbst 1973 den autofreien Sonntag verordnet. Hintergrund waren die Kapriolen des Ölpreises. Um die westlichen Mächte im Jom-Kippur-Krieg unter Druck zu setzen, beschloss die Opec, die Fördermengen zu drosseln und den Erdölpreis um 70 Prozent zu erhöhen. Der Nutzen der autofreien Sonntage wurde übrigens stark bezweifelt.
Black Monday 1987: Computerchaos an der Wall Street
Der schwarze Peter dieses fulminanten Absturzes wird hauptsächlich dem Computerhandel zugeschoben. Automatische Verkaufsorder führten am 19. Oktober 1987 zu einem Dominoeffekt. Die katastrophale Bilanz: Der Dow brach um 22 Prozent ein, 500 Milliarden Dollar Börsenwert wurden vernichtet, sechs Milliarden Aktien gehandelt. Dank der US-Notenbank Fed war der Schreck schnell vorbei. Sie flutete die Märkte mit Liquidität - ein bis heute beliebtes Mittel der Krisenbekämpfung.
Saddam-Krise 1990: Teures Öl würgt Dax ab
Am 2. August 1990 überfällt der irakische Diktator Saddam Hussein das Emirat Kuwait. Die Ölpreise steigen und würgen die Mauerfall-Euphorie an der Frankfurter Börse ab. Bis Jahresende büßt der Dax knapp ein Drittel ein, der Dow 20 Prozent und der Nikkei gar 40 Prozent. Mit der Operation "Desert Storm" der USA im Anfang 1991 berappeln sich die Kurse wieder.
Dotcom-Blase 2000: Die Internetblase platzt
Die neue Hoffnung am deutschen Börsenhimmel: Angetrieben von der New-Economy in den USA bringt der Neue-Markt-Index Nemax im März 2000 rund 230 Milliarden Euro Marktkapitalisierung auf die Waage. Der Börsengang von Infineon ist derart gehypt, dass die Handelssysteme zusammenbrechen. Wegen zahlreicher Skandale - unter anderem Bilanzfälschung und Insiderhandel - müssen einige hochgehandelte Firmen Insolvenz anmelden.
Panisch ziehen Börsianer ihr Kapital ab. Viele Kleinanleger verlieren ihr Vermögen. In Deutschland wurde 2003 der Nemax durch den TecDax ersetzt. In den USA reagierte die Notenbank mit einer Zinssenkung - und befeuerte damit die Immobilienblase.
11.09.2001: Flugzeuge als Bomben
Vier Tage nach den verheerenden Terroranschlägen in den USA öffnet die Wall Street. Der Dow Jones sackt um mehr als 7 Prozent ab. Eine abermalige Leitzinssenkung der Notenbank verhindert ein noch größeres Chaos an den Finanzmärkten.
Lehman-Kollaps 2008: Not too big to fail
Am 15. September 2008 ist für den US-Finanzminister das Maß voll. Die Investmentbank Lehman Brothers will er nicht auch noch vor der Pleite bewahren. Als zwei Wochen später ein 700-Milliarden-Dollar-Rettungspaket nicht vom Senat bewilligt wird, bricht Panik aus. Der Dow schmiert binnen eines Tages um 777 Punkte ab, auch andere Assetklassen geraten in den Abwärtsstrudel.
Turbo-Crash 2010 : Das Problem der dicken Finger
Am 6. Mai 2010 fällt der Dow Jones wie ein Stein und verliert innerhalb weniger Minuten 1000 Punkte. Schuld ist offenbar menschliches Versagen; ein Händler hatte versehentlich Kontrakte im Wert von 4 Milliarden Dollar verkauft. Der Spuk dauert nur kurz: Die Kurse erholen sich schnell. Einen Fehler im System des Hochgeschwindigkeitshandels will die Börsenaufsicht SEC nicht erkannt haben.
Fukushima 2011: Abwärtssog der Naturkatastrophe
Erdbeben, Tsunami-Wellen, Kernschmelzen: Eine der schlimmsten Naturkatastrophen in der Geschichte Japans löst eine fatale Kettenreaktion in Kernkraftwerken aus. Natürlich reagieren auch die Börsen: Am 15. März fällt der Nikkei zeitweise um 14 Prozent und erlebt den größten Kurssturz seit dem Höhepunkt der Finanzkrise im Oktober 2008.
Auch der Dax knickt um über 5 Prozent ein. Der Dow Jones kommt mit 2,5 Prozent davon. Dank der Hilfsmaßnahmen der japanischen Notenbank und der Hoffnung auf einen schnellen Wiederaufbau erholen sich die Kurse jedoch relativ schnell.
Nikkei-Crash 2013: China-Angst drückt Tokios Börse
Ein gewaltiger Kursrutsch erschüttert am 23. Mai 2013 die Börse in Tokio. Binnen weniger Stunden geht ein Gutteil der rasanten Gewinne verloren, die Japans Börse in den vergangenen Wochen vom Rest der Börsenwelt abgekoppelt hatte. Um rund 1000 Punkte oder 7,3 Prozent stürzt der Nikkei, Tokios führendes Aktienbarometer, in den Keller - der heftigste Kursrutsch seit der Atomkatastrophe von Fukushima. Zu den massiven Verlusten kam es offenbar, nachdem der chinesische Einkaufsmanager-Index der britischen Bank HSBC zum ersten Mal seit sieben Monaten gefallen war. China ist ein entscheidender Handelspartner der Japaner.
Trotzdem: Insgesamt hält sich der Nikkei im Mai im Plus. Damit verbucht der Leitindex den zehnten Monat in Folge Gewinne. Das ist die längste Gewinnstrecke seit 1972.
Lehman-Kollaps 2008: Not too big to fail
Am 15. September 2008 ist für den US-Finanzminister das Maß voll. Die Investmentbank Lehman Brothers will er nicht auch noch vor der Pleite bewahren. Als zwei Wochen später ein 700-Milliarden-Dollar-Rettungspaket nicht vom Senat bewilligt wird, bricht Panik aus. Der Dow schmiert binnen eines Tages um 777 Punkte ab, auch andere Assetklassen geraten in den Abwärtsstrudel.
Fukushima 2011: Abwärtssog der Naturkatastrophe
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Auch der Dax knickt um über 5 Prozent ein. Der Dow Jones kommt mit 2,5 Prozent davon. Dank der Hilfsmaßnahmen der japanischen Notenbank und der Hoffnung auf einen schnellen Wiederaufbau erholen sich die Kurse jedoch relativ schnell.
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Ein gewaltiger Kursrutsch erschüttert am 23. Mai 2013 die Börse in Tokio. Binnen weniger Stunden geht ein Gutteil der rasanten Gewinne verloren, die Japans Börse in den vergangenen Wochen vom Rest der Börsenwelt abgekoppelt hatte. Um rund 1000 Punkte oder 7,3 Prozent stürzt der Nikkei, Tokios führendes Aktienbarometer, in den Keller - der heftigste Kursrutsch seit der Atomkatastrophe von Fukushima. Zu den massiven Verlusten kam es offenbar, nachdem der chinesische Einkaufsmanager-Index der britischen Bank HSBC zum ersten Mal seit sieben Monaten gefallen war. China ist ein entscheidender Handelspartner der Japaner.
Trotzdem: Insgesamt hält sich der Nikkei im Mai im Plus. Damit verbucht der Leitindex den zehnten Monat in Folge Gewinne. Das ist die längste Gewinnstrecke seit 1972.