Freispruch für HSH-Manager Schuldig, aber nicht im Sinne der Anklage

Gesicht der Bankenkrise: Ex-HSH-Chef Nonnenmacher 2010 vor dem Hamburger Untersuchungsausschuss
Foto: DPADie Kosten trägt die Staatskasse. Mal wieder. Wie so oft in der Geschichte der HSH Nordbank, kommt auch für den an diesem Mittwoch beendeten Prozess vor dem Hamburger Landgericht die Allgemeinheit auf.
Die Angeklagten um die Ex-Bankchefs Hans Berger und "Dr. No" Dirk Jens Nonnenmacher können weiter als unbescholten gelten, auch wenn die Staatsanwaltschaft in Revision gehen und die Bank weiterhin auf Schadenersatz pochen will.
Erstmals war ein kompletter Bankvorstand wegen des in der Finanzkrise verursachten Schadens auf der Anklagebank. Die Hoffnung der Ankläger, mit dem Vorwurf der Untreue für Gerechtigkeit zu sorgen, hat sich zerschlagen.
Wieder einmal zeigt sich, dass die Mittel der Justiz gegenüber den verheerenden Handlungen der oftmals überforderten Finanzmanager wirkungslos sind. Untreuevorwürfe gegen die Ex-Spitzen von IKB und LBBW wurden zuvor bereits fallengelassen. In München läuft der Prozess um die BayernLB noch.
Die "stupid Germans" und die Lust der Manager auf Risiko
All diese Banken standen in der Finanzkrise auf der Opferseite - als die berühmten "stupid Germans in Düsseldorf" (oder Hamburg, Leipzig, Stuttgart oder München), die bereit waren, in oder neben ihrer Bilanz die auf dem Finanzmarkt kursierenden Risiken aufzufangen. Ein Kurs, der von den Aufsehern und auch der Öffentlichkeit mitgetragen wurde. Spät kam die Erkenntnis beispielsweise der früheren Kieler Ministerpräsidentin Heide Simonis, die ihre Landesbanker an der Wall Street mitspielen ließ: "Wir waren besoffen."
Schädlich war das allemal, für die Steuerzahler ebenso wie für die finanzielle Stabilität der Volkswirtschaft. Der Ruf nach persönlicher Haftung der verantwortlichen Manager ist durchaus berechtigt.
Doch sich selbst bereichern, worauf der Untreueparagraf eigentlich zielt, konnten sie mit ihren gewagten Deals kaum. Und der Nachweis einer schwerwiegenden Pflichtverletzung wird nach den Maßstäben der Gesetze nahezu unmöglich, so haarsträubend manche Entscheidung im Rückblick auch wirken mag.
Risiken verbreiten ist erlaubt, Risiken übernehmen auch
Die Zweckgesellschaft "Omega 55", an der die Hamburger Staatsanwaltschaft ein Exempel statuieren zu können glaubte, brachte der HSH Nordbank letztlich einen Verlust von 145 Millionen Euro - ein kleiner Ausschnitt aus dem Milliardenschaden, den die Bank mit US-Immobilien, Schiffen und anderen Fehlinvestitionen den Bürgern von Hamburg und Schleswig-Holstein aufgehalst hat. Den Großteil davon fanden auch die Ankläger nicht justiziabel. Dumm, gefährlich, skandalös, aber nicht verboten. Und das gilt offenbar auch für Omega.
Auf der anderen Seite des Omega-Deals stand die BNP Paribas, die der HSH Nordbank in der gemeinsamen irischen Schattenbank bekannte Giftpapiere wie isländische Staatsanleihen oder Zertifikate von Lehman Brothers unterjubelte. Die französische Großbank stand während der Krise, in einem kleineren Maßstab als die Kollegen von Deutscher Bank, Goldman Sachs oder JPMorgan Chase, eher auf der Täterseite.
Die Finanzmagier, die gefährliche Produkte und Prozesse ersonnen hatten, ahnten die Gefahr früher als andere und trennten sich rechtzeitig von den größten Risiken, um später die Rettung der Branche mit staatlicher Hilfe zu orchestrieren. Das ist der eigentliche Skandal der Krise. Die Milliardenstrafen, die neuerdings BNP und andere Großbanken ereilen, betreffen jedoch weit überwiegend andere Themen und haben mit Verantwortung für die Krise wenig zu tun, so groß die Genugtuung in der Öffentlichkeit auch sein mag.
Risiken zu verbreiten, ist ebenso wenig verboten wie Risiken zu übernehmen. Und daran wird wohl auch kein Gesetzgeber etwas ändern, denn anders ist eine kapitalistische Kreditwirtschaft kaum vorstellbar.
Um eine Wiederholung der Fehler zu vermeiden, ist eine strengere Aufsicht mit umfassender Kontrolle gefordert. Nicht die Justiz.