HSH-Nordbank-Verkauf setzt Finanzverbund unter Stress Das unbekannte Milliardenrisiko der Sparkassen

DSGV-Präsident Georg Fahrenschon.
Foto: DPAAlles schien angerichtet für die Sicherung der persönlichen Zukunft von Sparkassenpräsident Georg Fahrenschon (49). Auf der Sitzung der mächtigen Landesverbandschefs Ende Januar sollte sich die Runde, so Fahrenschons Hoffnung laut Insidern, für eine Verlängerung seiner Amtszeit über 2018 hinaus bis 2024 aussprechen; die spätere Zustimmung der DSGV-Mitglieder wäre nur noch eine Formalie.
Um das Prozedere zu erleichtern, bot der Bayer hoffnungsfroh an, die Sitzung zeitweise zu verlassen, falls es etwas zu besprechen gebe, was ihn persönlich betreffe. Die Regionalfürsten indes sahen dafür keinen Anlass. Fahrenschon könne ruhig bleiben, es stehe nur Organisatorisches an.
Eine Klatsche für den DSGV-Präsidenten, dessen weitere Karriere in der Luft hängt - und dem die härteste Bewährungsprobe erst noch bevorsteht: der Verkauf der von der Schifffahrtskrise geschleiften HSH Nordbank, der ab April in die heiße Phase geht und bis Ende Februar 2018 abgeschlossen sein muss.
Was wie ein Regionaldrama von der Waterkant daherkommt, hat Sprengkraft für den Verbund aus Sparkassen und Landesbanken - und damit für Fahrenschon. Zwar registriert HSH-Chef Stefan Ermisch (51) reges Interesse am leidlich gesunden Kern der HSH, der 2016 auf deutlich mehr als 600 Millionen Euro Vorsteuergewinn kam und sogar mehr als eine Milliarde Euro Verkaufserlös einspielen könnte. Das wäre beachtlich, schließlich haben die Haupteigner Hamburg und Schleswig-Holstein den Konzernwert auf einen Euro abgeschrieben.
Doch da ist noch die sogenannte Abbaubank, gefüllt mit 14 Milliarden Euro Bilanzschrott, mehr als die Hälfte davon Schiffskredite. Sie muss nach Vorgabe der EU-Kommission ebenso verkauft werden. Das Problem: Der Marktwert des Giftmülls ist kaum messbar. Immerhin kann Ermisch bis ultimo eine Lücke von acht Milliarden Euro über Garantien der Länder abpuffern. Verlangen Bieter indes mehr Schutz, müssen Fahrenschons Sparkassen ran.
Die Alternative - die Abwicklung der HSH - ist noch teurer und für die Sparkassen gar existenzbedrohend. Denn dann müsste ihr Haftungsverbund einspringen. Der ist den Sparkassen heilig; das Versprechen, finanzielle Schieflagen stets ohne externe Hilfe zu bewältigen, sichert ihnen aufsichtsrechtlich enorm wertvolle Privilegien. Wäre das interne Rettungssystem bei einer milliardenteuren Abwicklung überfordert, wären die Privilegien futsch, signalisiert Brüssel. Fahrenschon indes versucht seine Leute erst einmal zu beruhigen: "Der DSGV sieht keine Grundlage für Spekulationen", schreibt er in einem Rundbrief an die Sparkassen-Vorstände, aus der am Wochenende die "Börsen-Zeitung" zitierte.

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In der Realität außerhalb Fahrenschons offizieller Weltsicht wird die Sache mithin dringlicher eingeschätzt: Auch Finanzminister Wolfgang Schäuble (74) macht Druck, den Fall ohne große Kollateralschäden zu lösen. Und so schickt Fahrenschon die NordLB ins Rennen um die HSH. Das treibt den Preis, etwa für Bieter aus China; andererseits könnte die NordLB, sofern sie den Zuschlag erhält, ihr eigenes Milliardenrisiko abräumen.
Das kapitalschwache Institut ächzt unter ausfallgefährdeten Schiffskrediten von etwa neun Milliarden Euro. Mit dem Kauf der HSH-Kernbank und einer gemeinsamen Bad-Bank-Lösung ließe sich die maritime Malaise womöglich leichter lösen.
Klar ist also: Fahrenschon muss zeigen, dass er das Problem in den Griff kriegt, auch gegenüber seinen verbandsinternen Kritikern. Keine leichte Aufgabe für einen Bayern in Hamburg.