Krise der US-Banken Wie Jamie, Janet und Jay die First Republic retteten

Um das Vertrauen in das US-Finanzsystem wiederherzustellen, eilen elf US-Banken der First Republic zu Hilfe. Ausgeheckt wurde der Plan von J.P.-Morgan-CEO James "Jamie" Dimon, US-Finanzministerin Janet Yellen und dem Vorsitzenden der Federal Reserve, Jerome "Jay" Powell.
Das "J-Trio": J.P.-Morgan-CEO Jamie Dimon, US-Finanzministerin Janet Yellen und der Vorsitzende der Federal Reserve Jerome Powell

Das "J-Trio": J.P.-Morgan-CEO Jamie Dimon, US-Finanzministerin Janet Yellen und der Vorsitzende der Federal Reserve Jerome Powell

Foto: Michael Reynolds / dpa / epa / picture alliance; Jack Gruber / USA TODAY Network / IMAGO; Mariam Zuhaib / AP

Jamie, Janet und Jay retten die Bankenwelt. Was zunächst klingt, wie der erste Satz eines Kriminalromans von Raymond Chandler, wird in den USA gerade zur Realität.

Hintergrund sind die aktuellen Turbulenzen im Finanzsektor, bei der auch die US-Regionalbank First Republic in Schieflage geraten ist. Die Bank erhält nun milliardenschwere Unterstützung von den größten amerikanischen Geldhäusern. Elf Banken – darunter die Branchenführer J.P. Morgan Chase, die Bank of America, Citigroup, Wells Fargo, Goldman Sachs und Morgan Stanley – springen dem Institut mit unversicherten Einlagen im Volumen von insgesamt 30 Milliarden Dollar (28 Milliarden Euro) bei, wie sie am Donnerstag mitteilten. Die Hilfsaktion wurde Berichten zufolge von den US-Aufsichtsbehörden koordiniert, um die Lage zu beruhigen.

Lösungsbringer ist das auf Anraten des langjährigen Bankenanwalts Rodgin Cohen von Sullivan & Cromwell zusammengeschusterte Trio aus J.P.-Morgan-CEO James "Jamie" Dimon (67), US-Finanzministerin Janet Yellen (76) und dem Vorsitzenden der Federal Reserve, Jerome "Jay" Powell (70). In mehreren Telefongesprächen habe das J-Trio am Dienstag die Idee entwickelt, die größten Kreditgeber des Landes zusammenzubringen, um das Vertrauen in das Finanzsystem zu stärken. Das berichtet die "Financial Times ". Die First Republic mit zusätzlichen Einlagen zu stützen, sollte die Wahrscheinlichkeit eines Ausverkaufs verringern. Eine Idee, die zunächst zu funktionieren scheint.

Banken laufen Gefahr Geld zu verlieren

Die Einlagen sind jedoch zu groß, um von der Federal Deposit Insurance Corporation (FDIC), dem Einlagensicherungsfonds der Vereinigten Staaten, gedeckt zu werden. Die Banken laufen damit Gefahr, das Geld zu verlieren, wenn die First Republic scheitert. Eine Ausnahme besteht, wenn die Bundesaufsichtsbehörden die Bank als systemrelevant erklären, wie es im Falle der SVB der Fall war.

Trotz des Risikos waren die meisten Banken schnell überzeugt. "Stabilität und Widerstandsfähigkeit des Finanzsystems im Allgemeinen stehen auf unserer Prioritätenliste ziemlich weit oben. Wir hielten es für das Richtige", sagte eine den Gesprächen vertraute Person der FT.

Die Beiträge der Banken hängen dabei von der Höhe ihrer Einlagen ab, wobei die vier großen Kreditinstitute jeweils fünf Milliarden US-Dollar und BNY Mellon, PNC, State Street, Truist und US Bancorp jeweils eine Milliarde US-Dollar beisteuerten. Morgan Stanley und Goldman Sachs, die als Investmentbanken über relativ geringe Einlagen verfügen, gehörten zu den Letzten, die sich der Initiative anschlossen, steuerten aber jeweils 2,5 Milliarden US-Dollar bei, um ihre Unterstützung zu zeigen, so Insider gegenüber der FT.

Der Schritt solle First Republic mit Liquidität versorgen und das Vertrauen in das US-Finanzsystem unterstreichen, hieß es in einer Mitteilung der Citigroup. First Republic zählt zu einer Reihe regionaler US-Geldhäuser, die nach dem Kollaps der Silicon Valley Bank an der Börse unter Druck gerieten. Zuletzt war das Institut wegen Liquiditäts- und Finanzierungsrisiken von Ratingagenturen herabgestuft worden.

SVB-Pleite sorgt für große Unruhen

Ermutigung erhielten die Banken für ihre Entscheidung dadurch, dass sich die zunächst rasant abnehmenden Einlagen bei der First Republic verlangsamt hatten. Es sah zwar so aus, als könnte die Bank ohne Hilfe überleben, aber "das Risiko kann man nicht eingehen", sagte der Insider gegenüber der FT.

Wie schnell das gehen kann, zeigte sich Anfang der Woche bei der Silicon Valley Bank. Die auf die Finanzierung von Start-ups spezialisierte Bank war am Freitag nach immensen Mittelabzügen von US-Behörden geschlossen und unter staatliche Kontrolle gestellt worden. Das sorgte für große Unruhe an der Börse.

Am Sonntag sprachen US-Regierung und Notenbank eine weitreichende Einlagengarantie für Bankkunden aus. Zugleich machten die Finanzbehörden die Signature Bank in New York dicht – ein weiteres plötzlich ins Straucheln geratenes Geldhaus. Am Donnerstag hatte bereits die freiwillige Abwicklung der US-Kryptobank Silvergate Capital Schockwellen durch Teile des Finanzsektors geschickt. Nachdem es zeitweise so ausgesehen hatte, als würde das Eingreifen der US-Regierung die Lage beruhigen, sorgte die Notlage der Schweizer Großbank Credit Suisse im Laufe dieser Woche für neue Turbulenzen am Finanzmarkt.

Dimon trommelt Banken über Nacht zusammen

Besonders Jamie Dimons Lösungsansätze gelten in der Branche als Heilmittel. Der J.P.-Morgan-CEO gilt als einer der letzten verbliebenen Veteranen der Bankenkrise von 2008. Innerhalb einer Nacht schaffte er es, die drei anderen größten Kreditgeber des Landes, Bank of America, Wells Fargo und Citigroup, an Bord zu holen.

Nach Informationen der FT folgten weitere Video- und Telefonanrufe, darunter ein Anruf, an dem fast ein Dutzend Vorstandsvorsitzende, Yellen und die obersten Bankenaufsichtsbehörden teilnahmen. Am Donnerstag gab schließlich die Gruppe aus 11 Banken bekannt, 30 Milliarden US-Dollar in den angeschlagenen Kreditgeber einzuzahlen. Die Regulierungsbehörden hätten dabei keinen Einfluss darauf gehabt, die Banken an Bord zu holen.

Wie ein Blick in die Vergangenheit zeigt, funktionieren Branchenlösungen, die von der Regierung vermittelt oder stark gefördert wurden, häufig. Als die abstürzenden Aktienmärkte in der Panik von 1907 Banken und Makler destabilisierten, rief der Finanzier John Pierpont Morgan die größten Finanziers seiner Zeit zusammen, sperrte sie buchstäblich alle in einen Raum und zwang sie, einen Rettungsplan auszuarbeiten.

Das war möglich, weil die damalige Regierung mehr als 25 Millionen Dollar an Einlagen zur Verfügung stellte, um die Banken zu stützen. Und auch als der Hedgefonds Long-Term Capital Management 1998 in den USA zusammenbrach, stellte die New Yorker Federal Reserve einen Rettungsfonds in Höhe von 3,6 Milliarden US-Dollar aus den Beiträgen der großen Wall-Street-Gläubiger zusammen.

mje/dpa-afx, Reuters
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