Deutsche-Bank-Tochter Postbank verlangt ab 25.000 Euro Strafzinsen von Privatkunden

Womöglich werden Bankkunden ihr Geld künftig zu Hause bunkern, denn der Freibetrag für Einlagen ohne Strafzinsen sinkt immer weiter. Die Postbank hat die Grenze jetzt auf 25.000 Euro gesenkt - und ist damit kein Einzelfall.
Neue Einlagen unerwünscht: Die Postbank hält sich Neukunden, die vor allem Geld auf einem Konto "parken" wollen, mit verschärften Strafzins-Regeln vom Leib

Neue Einlagen unerwünscht: Die Postbank hält sich Neukunden, die vor allem Geld auf einem Konto "parken" wollen, mit verschärften Strafzins-Regeln vom Leib

Foto:

Oliver Berg/ picture alliance / dpa

Die Postbank senkt die Freigrenzen für Spareinlagen deutlich ab. Das zur Deutschen Bank gehörende Institut verlangt ab dem 21. Juni bei neuen Kunden ein Verwahrentgelt von 0,5 Prozent für Einlagen ab 50.000 Euro auf Girokonten und ab 25.000 Euro auf Tagesgeldkonten, wie die Deutsche Bank am Mittwoch erklärte. Bisher lag der Freibetrag bei 100.000 Euro. Die Postbank steht mit ihrem Vorstoß nicht allein: Banken senken die Grenze für solche Strafzinsen immer weiter ab, weil sie für überschüssige Einlagen, die sie bei der Europäischen Zentralbank (EZB) parken, Negativzinsen bezahlen müssen.

Für Spareinlagen bei Konten der Marke Deutsche Bank seien vorerst keine Änderungen geplant, fügte ein Sprecher hinzu. "Wir haben die Marktentwicklung im Blick und entscheiden zu gegebener Zeit über das weitere Vorgehen." Die Deutsche Bank stellt Kunden ab einem Betrag von 100.000 Euro Strafzinsen in Rechnung. Auch für die Bestandskunden der Postbank ändere sich nichts.

Strafzinsen weitverbreitet - Bestandskunden bleiben nicht verschont

Strafzinsen sind mittlerweile weitverbreitet unter Kreditinstituten. Laut einer aktuellen Erhebung des Finanzdienstes biallo.de  kassieren von knapp 1300 untersuchten Banken und Sparkassen rund 430 Negativzinsen auf Guthaben von Privatkunden, bei Firmenkunden sind es 475 Geldhäuser. Allein seit Jahresbeginn hätten mehr als 170 Geldinstitute Negativzinsen für Privatkunden eingeführt. Ein Drittel davon hätte den Freibetrag auf 25.000 Euro oder weniger festgesetzt. So gewähren manche Institute nur 5000 Euro Freibetrag, 25 Geldhäuser kassierten Strafzinsen bereits ab dem ersten Euro.

Dabei bitten die Institute auch Bestandskunden zur Kasse - was allerdings durch ein neues Urteil des Bundesgerichtshofes künftig schwieriger werden dürfte. Demnach können Verbraucher gegebenenfalls das Verwahrentgelt zurückfordern, wenn sie diesem nicht ausdrücklich zugestimmt haben.

Auch Commerzbank greift oberhalb von 50.000 Euro kräftig zu

Die Commerzbank hatte bereits angekündigt, ab 1. August oberhalb des Freibetrags von 50.000 Euro ein halbes Prozent Zins von ihren Kunden zu verlangen, die nach dem 1. Juli vergangenen Jahres zur ihr gekommen sind. Mit älteren Bestandskunden wolle die Bank individuelle Vereinbarungen treffen. Die Höhe der Freibeträge hänge dabei unter anderem von der Geschäftsbeziehung ab, hieß es in verschiedenen Berichten. Viele erboste Kunden hätten daraufhin ihr Konto bei der Commerzbank gekündigt.

Das Leid der Geschäftsbanken relativiert sich

Die Europäische Zentralbank (EZB) verlangt von den Banken seit 2014 Strafzinsen für bei ihr geparktes Geld. Seit September 2019 liegt der sogenannte Einlagesatz bei minus 0,5 Prozent. Allerdings beschloss die EZB damals auch Erleichterungen für Banken und führte einen Freibetrag ein. Sie müssen seither nicht mehr für alle Einlagen Strafzinsen bezahlen. Konkret bleibt das Sechsfache des jeweiligen Mindestreserve-Solls einer Bank von den negativen Zinsen verschont.

Geschäftsbanken können sich zudem unter bestimmten Bedingungen seit Sommer vergangenen Jahres im Rahmen sogenannter TLTRO-Programme von der EZB Geld zum Negativzins von minus 1 Prozent leihen, wie die "FAZ" hervorhebt . Mit anderen Worten: Die Geschäftsbanken kassieren in diesen Fällen sogar eine Prämie.

Insofern relativiert sich das Leid der Geschäftsbanken durch Negativzinsen für geparktes Geld bei der EZB. Das gilt insbesondere dann, wenn einzelne Institute von ihren Privat- oder Geschäftskunden Strafzinsen von bis zu 1,0 Prozent verlangen und damit mehr kassieren, als sie bei der Europäischen Zentralbank für geparktes Geld bezahlen müssen. Laut biallo.de berechnen aktuell 16 Banken einen höheren Strafzins als die EZB.

Insgesamt haben deutsche Finanzinstitute 2020 nach Daten der Bundesbank rund 2,7 Milliarden Euro an Strafzinsen gezahlt. 2019 waren es rund 2,4 Milliarden Euro.

rei/Reuters
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren