Christian Sewing: Der neue Deutsche-Bank-Chef gibt die Pläne für eine Digitalbank auf
Foto: Michael Probst/ APDie Deutsche Bank begräbt ihre Pläne für eine Digitalbank und setzt stattdessen auf eine auch für Produkte anderer Anbieter offene Plattform. "Anders als im Oktober 2017 angekündigt, wird die Deutsche Privat- und Firmenkundenbank Ende 2018 nicht mit einer neuen Digitalbank an den Start gehen", sagte ein Banksprecher am Montag der Nachrichtenagentur Reuters. Statt einer Bank mit einem Konto im Mittelpunkt gehe es in Richtung einer digitalen Plattform.
Bereits heute vermittelt die Deutsche Bank auf ihrem "Zinsmarkt" Sparer an andere Institute, die höhere Zinsen auf Festgeld zahlen. Geplant sind neue Angebote für die Kunden der Deutschen Bank und der Postbank, die über das klassische Bankgeschäft hinausgehen. Konkreter äußert sich der Konzern bislang nicht, Details will die Deutsche Bank erst im vierten Quartal nennen.
Im Oktober 2017 hatte die Deutsche Bank noch angekündigt, Ende 2018 mit einer neuen Digitalbank an den Markt gehen zu wollen, in deren Mittelpunkt ein kostenfreies Konto stehen sollte. Damit wollt die Bank vor allem junge, digital-affine Kunden ansprechen. Inzwischen hat die Bank offenbar erkannt, dass sie sich damit kaum von großen Direktbanken wie ING-Diba, DKB und Comdirect absetzen könnte.
Auch andere Banken setzen angesichts der Herausforderungen durch Fintechs auf Online-Marktplätze, die Kunden auch an andere Anbieter vermitteln. Ihre Hoffnung dabei ist, dass die Verbraucher auf den Plattformen der Banken bleiben und die Geldhäuser Provisionen verbuchen und die Daten nutzen können.
Dass das Modell einer weitgehend digitalen Bank erfolgreich durchaus sein kann, zeigt der niederländische Finanzkonzern ING, der in Deutschland unter dem Namen ING Diba die anderen Banken das Fürchten lehrt und ihnen Kunden in großem Stil abjagt. Der Konzern hatte erst massiv abgespeckt und sich dann zum Vorreiter in punkto Digitalisierung gemausert. ING-Chef Ralph Hamers gilt als der Prototyp des modernen, von Technologie begeisterten und zu einem radikalen Umbau des Geschäftsmodells bereiten Bank-Managers.
Christian Sewing hat den Topjob der Deutschen Bank bekommen. Der neue CEO, der seit der Banklehre in Bielefeld für den Konzern arbeitet, steht für die Hinwendung zu den Wurzeln im Heimatmarkt. Vor seiner Verantwortung für das Privat- und Firmenkundengeschäft und einer kurzen Amtszeit als Rechtsvorstand machte er jahrelang Karriere im Risikomanagement.
Mit dem bislang eher bescheiden auftretenden Westfalen rücken weitere Manager in die Konzernspitze auf, die wenig Getöse machen. Personalvorstand Karl von Rohr wurde zu Sewings Stellvertreter ernannt.
Einen Vizeposten bekam auch Garth Ritchie, der nach dem Abgang des deutlich sendungsbewussteren Marcus Schenck alleine die Investmentbank- und Großkundensparte führt. Zumindest formell bekommt die Sparte mit dem Südafrikaner höheres Gewicht. Sewing will sich aber aus dem unprofitablen Kampf um Marktanteile mit US-Rivalen zurückziehen. Der Chefwechsel wird an der Wall Street als Aufgabe von Ambitionen gewertet.
Die Retail-Sparte allerdings, bisher mit Sewing gleichwertig als Vizekonzernchef vertreten, steht künftig unter der Regie nur noch eines einfachen Vorstandsmitglieds: Frank Strauß muss die Integration der Postbank vollenden. Spekuliert wird nun über eine strategische Hinwendung zum deutschen Markt, eventuell sogar eine Fusion mit der Commerzbank. Eine eigene digitale Bankmarke ist bereits in Vorbereitung.
Als Chief Operative Officer ist Kim Hammonds unter anderem für die Grundüberholung der überkomplexen und teils ineffizienten IT zuständig - nach eigenen Angaben mit großen Fortschritten. Die Amerikanerin eckt jedoch oft an. Zuletzt nannte sie ihren Arbeitgeber das "dysfunktionalste Unternehmen", für das sie je gearbeitet habe.
Auch Finanzchef James Moltke fiel in den Wochen vor dem Vorstandsumbau mit negativen Schlagzeilen auf. Nach drei Jahren roter Zahlen unter dem als Sanierer geholten John Cryan hofft die Bank, ihre Altlasten weitgehend geräumt und die Kosten gedrückt zu haben. Doch der Neustart zu Gewinnen und Wachstum wird immer wieder verschoben.
Aufsichtsratschef Paul Achleitner erntet inzwischen lautere Kritik für sein Krisenmanagement. Der Österreicher, der bereits seit 2012 an der Spitze des Gremiums steht, wurde von der jüngsten Hauptversammlung für weitere fünf Jahre berufen. Er setzte besonders auf ein gutes Verhältnis zu den internationalen Großaktionären, die jedoch ebenfalls zu murren beginnen. Im Aufsichtsrat holte er Wall-Street-Veteranen aus der Finanzkrisenzeit als Unterstützer.
Turbulent läuft es um die chinesische HNA Group von Chen Feng, seit der Kapitalerhöhung 2017 mit knapp 10 Prozent größte Aktionärin der Deutschen Bank. Ein Teil der Aktien musste HNA wegen eigener Finanzprobleme aber schon wieder verpfänden. Unklar ist, ob das Konglomerat von der südchinesischen Insel Hainan Rückendeckung der Führung in Peking genießt - und ob das gut oder schlecht für die Deutsche Bank wäre.
Vor Chen Feng war bereits 2014 Hamad bin Jassim bin Jaber al-Thani ("HBJ") als Ankeraktionär für die damalige Kapitalerhöhung aufgetreten. Der ehemalige Ministerpräsident von Katar holte zwischenzeitlich auch seinen Cousin, den früheren Emir, an Bord. Zusammen halten sie zwischen 5 und 10 Prozent der Aktien. Ihnen wird Interesse an einer starken Investmentbank zugeschrieben, die nicht in amerikanischer Hand ist. Da wäre die Deutsche Bank noch immer die erste Adresse - bald vielleicht nicht mehr.
Als dritter wichtiger Akteur trat 2017 auch noch der New Yorker Hedgefonds Cerberus Capital auf den Plan. Der hat allgemein Gefallen am deutschen Bankensektor gefunden. In kurzer Zeit kaufte er auch ein großes Aktienpaket der Commerzbank und die Mehrheit der HSH Nordbank zusammen, zudem ließ er seine österreichische Beteiligung Bawag in Deutschland zukaufen. Spannend wird, ob die Einzelteile ein sinnvolles Ganzes ergeben. Cerberus hat den früheren JPMorgan-Starbanker Matt Zames als President angeheuert - der war zuvor auch als Deutsche-Bank-Chef im Gespräch, lehnte aber ab.
Turbulent läuft es um die chinesische HNA Group von Chen Feng, seit der Kapitalerhöhung 2017 mit knapp 10 Prozent größte Aktionärin der Deutschen Bank. Ein Teil der Aktien musste HNA wegen eigener Finanzprobleme aber schon wieder verpfänden. Unklar ist, ob das Konglomerat von der südchinesischen Insel Hainan Rückendeckung der Führung in Peking genießt - und ob das gut oder schlecht für die Deutsche Bank wäre.
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