Neuer Rettungsplan Schweizer Behörden drängen UBS zur Notübernahme der Credit Suisse

Trotz der Stützungsmaßnahmen taumelt die Credit Suisse weiter. Nach dem Willen der Schweizer Behörden soll die UBS den kleineren Rivalen übernehmen. Die Verhandlungen ziehen sich allerdings hin, die Großbank fordert milliardenschwere Staatsgarantien.
Unruhe am Paradeplatz in Zürich: Die Aktie der Credit Suisse kommt nicht zur Ruhe

Unruhe am Paradeplatz in Zürich: Die Aktie der Credit Suisse kommt nicht zur Ruhe

Foto: Michael Buholzer / dpa

Die Krise um die Credit Suisse spitzt sich immer weiter zu: Trotz der milliardenschweren Stützungsaktion der Schweizerischen Nationalbank (SNB) war die Aktie  am Freitag erneut um rund 8 Prozent eingebrochen. Nun drängen die Schweizer Behörden die Großbank UBS dazu, ihren kleineren Lokalrivalen zu schlucken, wie drei mit der Situation vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters sagten. Damit sollen auch schwere Erschütterungen im internationalen Finanzsystem verhindert werden.

Voraussetzung für einen Deal, über den am Wochenende hektisch verhandelt wurde, seien staatliche Sicherheiten in Höhe von rund sechs Milliarden Dollar. Die Garantien würden die Kosten für die Abwicklung von Teilen der Credit Suisse und mögliche weitere Risiken abdecken, sagten die Insider. Ein Kauf der Credit Suisse durch die UBS wäre der bedeutendste Bankenzusammenschluss in Europa seit der Finanzkrise.

Die Verhandlungen verlaufen einem der Eingeweihten zufolge zäh. Viele Punkte seien noch offen – etwa die Frage, was mit der Investmentbank der Credit Suisse passieren solle. Ein weiterer Knackpunkt sei der Personalabbau. Von den rund 10.000 Stellen, die zur Disposition stünden, dürften die meisten auf Credit-Suisse-Mitarbeiter entfallen. Wenn alles rund laufe, sei eine Einigung bis am Sonntagabend möglich. "Die Situation bleibt im Fluss, aber bis Montag muss Klarheit herrschen", schrieb KBW-Analyst Thomas Hallett.

'Wie die "Financial Times " unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Personen berichtet, hätten die SNB und die Schweizer Finanzaufsicht Finma ihren internationalen Kollegen mitgeteilt, dass sie eine Fusion mit der UBS als einzige Möglichkeit ansehen, den Vertrauensverlust in die 167 Jahre alte Traditionsbank aufzuhalten. UBS, CS und die Finma lehnten eine Stellungnahme ab.

Mehrere Banken schränken Geschäfte mit der Credit Suisse ein

Die Credit Suisse ist das weltweit größte Geldhaus, das in den Strudel der untergegangenen US-Institute Silicon Valley Bank (SVB) und Signature Bank geriet, obwohl sie bei der SVB selbst kaum etwas im Feuer hat. Mitte der Woche musste die Schweizer Bank Notfallkredite der SNB im Volumen von bis zu 50 Milliarden Franken in Anspruch nehmen. Es ist das erste Mal seit der Finanzkrise 2008, dass eine Notenbank sich zu einer Stützungsaktion für eine so große Bank gezwungen sah.

Die Intervention der Notenbank sorgte für eine vorübergehen Beruhigung der Lage, reichte aber offenbar nicht aus, um die Abwärtsspirale zu brechen. So setzt nicht nur die Flucht der Privatkunden der Zürcher Bank zu, auch das Geschäft mit anderen Finanzinstituten wird immer schwieriger. Mindestens vier große Häuser, darunter die Deutsche Bank, haben ihre Geschäfte mit der Credit Suisse oder deren Wertpapieren eingeschränkt.

Milliardengewinne vs. Milliardenverluste

Bei einem Zusammenschluss der UBS mit der Credit Suisse würde eine der größten Banken Europas entstehen. Die UBS beschäftigt gegenwärtig über 72.000 Mitarbeiter und kommt auf eine Bilanzsumme von 1,1 Billionen US-Dollar, die Credit Suisse zählt über 50.000 Mitarbeiter und weist eine Bilanzsumme von 575 Milliarden US-Dollar auf. Wegen der hohen Marktanteile im Heimmarkt stellt sich allerdings die Frage, ob die Wettbewerbsbehörden eine Fusion durchwinken würden. Mit einer Abspaltung des Schweizer Geschäfts der Credit Suisse könnten solche Bedenken ausgeräumt werden. Die Vorbereitungen dazu hat das Institut schon vor Jahren in Zusammenhang mit später verworfenen Börsenplänen getroffen.

Die beiden Schweizer Banken haben sich in den vergangenen Jahren sehr unterschiedlich entwickelt. Während die UBS 2022 einen Gewinn von 7,6 Milliarden US-Dollar (sieben Milliarden Euro) erwirtschaftete, schrieb die Credit Suisse einen Verlust von 7,9 Milliarden Dollar und machte damit die Gewinne des gesamten vorangegangenen Jahrzehnts zunichte. Das schlägt sich natürlich auch in der Bewertung wieder: Die UBS, deren Aktie  in den vergangenen drei Jahren um rund 120 Prozent zulegte, kommt auf eine Marktkapitalisierung von rund 57 Milliarden Dollar. Die Credit Suisse, deren Papier im gleichen Zeitraum um 70 Prozent einbrach, wurde am Freitag mit lediglich acht Milliarden Dollar bewertet.

Attraktives Vermögensverwaltungsgeschäft in Asien

Die UBS will vor allem im Geschäft mit vermögenden US-Privatkunden wachsen. die Credit Suisse hat sich dagegen aus diesem Geschäft weitgehend zurückgezogen. Attraktiv könnte für die UBS aber das Vermögensverwaltungsgeschäft der CS vor allem in Asien sein.

Sollte die UBS abwinken, wäre direkte Staatshilfe wie etwa der Kauf einer Beteiligung eine weitere Option. Damit müsste die Schweiz aber eine dicke Kröte schlucken. Denn nach der Staatsrettung der UBS im Jahr 2008 haben die Behörden große Anstrengungen unternommen, in Zukunft ein ähnliches Ereignis zu verhindern. So wurden etwa die Kapitalvorschriften verschärft und Vorbereitungsmaßnahmen für eine Abwicklung von Banken getroffen.

Bisher hat die Regierung in Bern zur Situation der CS geschwiegen. Aber sie steht unter enormen internationalen Druck, die Credit Suisse zu stabilisieren. Denn es steht viel auf dem Spiel. Die Bank zählt zu den größten Vermögensverwaltern der Welt und gilt als eine von 30 global systemrelevanten Banken, deren Ausfall das gesamte Finanzsystem in Mitleidenschaft ziehen würde. Die Fundamentaldaten des Bankensektors seien stärker und die Verkettung der Institute schwächer als während der Finanzkrise 2008, schrieb Goldman-Analyst Lotfi Karoui. Das begrenze das Risiko. Eine energischere Reaktion von Regulatoren und Regierungen sei wohl aber für eine Stabilisierung der Lage notwendig. Die Ungewissheit über die Zukunft der Credit Suisse setze gesamten europäischen Bankensektor unter Druck.

mg/Reuters
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