UBS kauft Credit Suisse Notoperation zur Rettung der Schweizer Wirtschaft

Die Schweizer Großbank UBS wird die tief in die Krise geschlitterte Rivalin Credit Suisse für drei Milliarden Euro übernehmen. Die Regierung und die Notenbank des Landes unterstützten den Deal mit Milliardenhilfen.
Notrettung geglückt: Durch den Zusammenschluss der UBS und der Credit Suisse entsteht eine der größten Banken Europas

Notrettung geglückt: Durch den Zusammenschluss der UBS und der Credit Suisse entsteht eine der größten Banken Europas

Foto: MICHAEL BUHOLZER / EPA

In der Schweiz ist es nach zähen Verhandlungen zu einem historischen Deal gekommen: Die Großbank UBS wird ihre kleinere Konkurrentin Credit Suisse übernehmen. Das gaben der Schweizer Bundesrat sowie Vertreter der beiden Institute und der Aufsichtsbehörden am Sonntagabend auf einer Pressekonferenz bekannt. Mit dem Kauf der Credit Suisse durch die von CEO Ralph Hamers (56) geführte UBS verschmelzen die beiden größten Schweizer Banken. Es ist der bedeutendste Bankenzusammenschluss in Europa seit der Finanzkrise 2008.

Die UBS zahle drei Milliarden Schweizer Franken (rund drei Milliarden Euro) für die angeschlagene Bank, hieß es weiter. Die Aktionäre der Credit Suisse erhalten eine UBS-Aktie für je 22,48 Credit-Suisse-Aktien. Am vergangenen Freitag war die Credit Suisse noch mit rund acht Milliarden Franken bewertet worden. Zunächst hatte die UBS während der Notverhandlungen lediglich eine Milliarde Franken geboten. Dieses Gebot soll die Bank mit Rückendeckung ihrer größten Aktionäre zurückgewiesen haben.

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) unterstütze die Übernahme mit einer Liquiditätshilfe von 100 Milliarden Franken an beide Banken. Um die Risiken für die UBS zu reduzieren, spreche der Bund der UBS zudem eine Garantie im Umfang von neun Milliarden Franken zur Übernahme von potenziellen Verlusten aus. Mit den getroffenen Maßnahmen werde sichergestellt, dass die SNB der Credit Suisse im Bedarfsfall umfassend Liquidität zur Verfügung stellen kann. Der Deal könne ohne die Zustimmung der Aktionäre vollzogen werden. Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) hat die Übernahme bereits genehmigt.

"Alle Geschäftsaktivitäten werden weitergeführt"

Seit Freitag hatten die Schweizer Aufsichtsbehörden die UBS dazu gedrängt, ihren kleineren Lokalrivalen ganz oder teilweise zu übernehmen, um das Vertrauen in das Finanzsystem wiederherzustellen. In herausgehobener Position unter den wichtigsten Rettungsakteuren  agierten die Schweizer Nationalbank, die Finanzaufsicht Finma und das Finanzministerium. Als Alternative zur Übernahme stand am Sonntag zeitweise auch eine vollständige oder teilweise Verstaatlichung der 167 Jahre alten Traditionsbank im Raum.

Die Credit Suisse habe das Vertrauen der Finanzmärkte verloren, sagte der Schweizer Bundespräsident Alain Berset (50) auf einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz. Die Übernahme durch die UBS sei die beste Lösung, um das Vertrauen wiederherzustellen. Finanzministerin Karin Keller-Sutter (59) sagte, der Bund habe die Garantie von neun Milliarden Franken gegeben, um Risiken der Credit Suisse abzufangen. Die Schweizer Finanzindustrie spielt eine zentrale Rolle für die Schweizer Volkswirtschaft und die Attraktivität des Landes für zahlreiche wohlhabende Unternehmer.

SNB-Präsident Thomas Jordan (60) betonte, die Reputation sei für die Volkswirtschaft der Schweiz zentral. "Mit der Übernahme der Credit Suisse durch die UBS konnte in dieser außerordentlichen Situation eine Lösung zur Sicherung der Finanzstabilität und zum Schutz der Schweizer Volkswirtschaft gefunden werden", so Jordan. Das trage zur Stabilität des gesamten Finanzsektors bei. Beide Banken könnten alle Geschäftsaktivitäten weiterführen.

Investmentbanking-Geschäft der CS soll reduziert werden

UBS-Verwaltungsratschef Colm Kelleher (65) fügte hinzu: "Diese Akquisition ist attraktiv für UBS-Aktionäre, aber klar ist – was die Credit Suisse betrifft, ist dies eine Notrettung." Das Investmentbanking-Geschäft der Credit Suisse werde die UBS erheblich zurückfahren. Der Geschäftsbereich solle der "konservativen Risikokultur" der UBS angepasst werden. Die UBS werde mit der Übernahme der Credit Suisse in ihrer Position als führender globaler Vermögensverwalter gestärkt.

Dabei sieht das Unternehmen erhebliche Kosteneinsparungen. Diese sollen bis 2027 mehr als acht Milliarden US-Dollar jährlich erreichen, teilte Kelleher weiter mit. Die UBS bleibe stark kapitalisiert und bekenne sich zu einer progressiven Dividendenpolitik. Die Übernahme soll ab 2027 zum Ergebnis je Aktie beitragen. Kelleher wird auch Präsident der neuen Bank, UBS-Chef Hamers der CEO.

Wie und in welchem Ausmaß der Zusammenschluss zwischen den beiden Großbanken zum Abbau von Arbeitsplätzen führen wird, ist noch unklar. Für UBS-Präsident Kelleher ist es noch zu früh, um zu sagen, ob es Stellenkürzungen geben wird. Die Credit Suisse versucht, Befürchtungen zu besänftigen: "Die UBS hat sich zuversichtlich geäußert, dass die Mitarbeitenden der Credit Suisse weiterbeschäftigt werden", teilte die Bank mit.

Kollaps der SVB stürzte Credit Suisse tiefer in die Vertrauenskrise

Die Credit Suisse ist das bislang weltweit größte Geldhaus, das von der Nervosität mitgerissen wird, die durch die untergegangenen US-Institute Silicon Valley Bank (SVB) und Signature Bank ausgelöst worden war. Mitte vergangener Woche musste die Bank Notfallkredite der Schweizer Notenbank im Volumen von bis zu 50 Milliarden Franken in Anspruch nehmen. Es war das erste Mal seit der Finanzkrise 2008, dass eine Notenbank sich zu einer Stützungsaktion für eine so große Bank gezwungen sah.

Die Intervention sorgte für eine vorübergehen Beruhigung der Lage, reichte aber offenbar nicht aus, um die Abwärtsspirale zu brechen. So setzt nicht nur die Flucht der Privatkunden der Zürcher Bank zu, auch das Geschäft mit anderen Finanzinstituten wird immer schwieriger. Mindestens vier große Häuser, darunter die Deutsche Bank, haben ihre Geschäfte mit der Credit Suisse oder deren Wertpapieren eingeschränkt.

Milliardengewinne vs. Milliardenverluste

Mit dem Zusammenschluss der beiden Banken entsteht eine der größten Banken Europas. Die UBS beschäftigt gegenwärtig über 72.000 Mitarbeiter und kommt auf eine Bilanzsumme von 1,1 Billionen US-Dollar, die Credit Suisse zählt über 50.000 Mitarbeiter und weist eine Bilanzsumme von 575 Milliarden US-Dollar auf.

Die beiden Schweizer Banken haben sich in den vergangenen Jahren sehr unterschiedlich entwickelt. Während die UBS 2022 einen Gewinn von 7,6 Milliarden US-Dollar (sieben Milliarden Euro) erwirtschaftete, schrieb die Credit Suisse einen Verlust von 7,9 Milliarden Dollar und machte damit die Gewinne des gesamten vorangegangenen Jahrzehnts zunichte.

Das schlägt sich natürlich auch in der Bewertung wieder: Die UBS, deren Aktie  in den vergangenen drei Jahren um rund 120 Prozent zulegte, kommt auf eine Marktkapitalisierung von rund 57 Milliarden Dollar. Die Credit Suisse, deren Papier im gleichen Zeitraum um 70 Prozent einbrach, kommt eben nur auf acht Milliarden Dollar.

mg/Reuters, dpa-afx
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