Neuer Chef für Finanzaufsicht nominiert Mark Branson soll Bafin mehr Biss verleihen

Der oberste Schweizer Finanzaufseher soll die deutsche Finanzaufsicht schlagkräftiger machen. Die Erwartungen sind hoch. Manche zweifeln, dass Branson den notwendigen tiefgreifenden Umbau der Behörde durchsetzen kann.
Mark Branson: Einst selbst Banker, ging er später als Chef der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) mit Verve gegen Banken vor

Mark Branson: Einst selbst Banker, ging er später als Chef der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) mit Verve gegen Banken vor

Foto: Peter Klaunzer / KEYSTONE/dpa

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (62, SPD) ist bei der Suche nach einem Nachfolger für den über den Wirecard-Skandal gestürzten Bafin-Präsidenten Felix Hufeld (59) in der Schweiz fündig geworden. Scholz nominierte den Chef der Schweizer Finanzmarktaufsicht Finma, Mark Branson (52), als neuen Präsidenten der deutschen Finanzaufsicht Bafin, teilte das Bundesfinanzministerium am Montag mit. Branson werde sein neues Amt Mitte des Jahres antreten.

Aufgabe von Branson wird es sein, die Finanzaufsicht nach dem milliardenschweren Wirecard-Bilanzskandal neu aufzustellen und schlagkräftiger zu machen. "Mit ihm an der Spitze wollen wir die Reform der Bafin fortsetzen, damit die Finanzaufsicht mehr Biss erhält", sagte Scholz. Kritiker werfen der Bafin vor, den mutmaßlichen milliardenschweren Betrug bei dem Zahlungsdienstleister zu spät erkannt zu haben. Ende Januar zog Scholz die Reißleine und entließ Hufeld, nachdem er sich zuvor monatelang hinter ihn gestellt hatte.

Neben Hufeld trat auch Vizechefin Elisabeth Roegele (53) ab, nachdem der Verdacht aufgekommen war, ein Bafin-Mitarbeiter könnte dank Insiderwissen mit Wirecard-Papieren Geschäfte gemacht haben. Wer ihr nachfolgen soll, ist noch unklar - Branson soll in die Entscheidung eingebunden werden. Wirecard war im Juni 2020 nach der Aufdeckung eines 1,9 Milliarden Euro großen Lochs in der Bilanz in die Pleite gerutscht. Es ist einer der größten Finanzskandale in der Nachkriegszeit.

Branson leitet die Schweizer Finanzaufsicht seit 2014, zu der er 2010 stieß. Zu Beginn seiner Tätigkeit bei der Finma hatten ihm Kritiker eine zu große Nähe zu den Banken vorgeworfen. Schließlich arbeitete er von 1997 bis 2009 für die Schweizer Großbank UBS und zuvor auch für die Credit Suisse. Doch Branson ging in seiner Amtszeit gegen die UBS und weitere Banken vor, sodass diese Bedenken schnell in den Hintergrund traten. Branson, der an der Eliteuniversität Cambridge Mathematik und Management studierte und sowohl die britische als auch die Schweizer Staatsbürgerschaft besitzt, genoss bei Banken und Versicherern eine breitere Unterstützung als sein Vorgänger.

Bafin soll 158 neue Stellen bewilligt bekommen

Die Bafin soll nun unter anderem mit Experten für Wirtschaftsprüfung und Bilanzanalyse verstärkt werden. Im Zuge ihrer Reform sollen am Montag bei einer Verwaltungsratssitzung der Bonner Behörde 158 neue Stellen bewilligt werden, zitierte das "Handelsblatt" mehrere mit der Angelegenheit vertraute Personen. Innerhalb der Finanzaufsicht seien Insidern zufolge aber viele der Auffassung, dass die geplante Aufstockung nicht ausreiche, um die Schlagkraft der Bafin deutlich zu erhöhen. Ursprünglich habe die Behörde mit fast doppelt so vielen neuen Stellen geplant, beantragte dann nach Rücksprache mit der Politik jedoch nur 189. Diese Zahl strich das Finanzministerium dann nochmals auf 158 zusammen, berichtete die Zeitung.

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Grünen-Politiker Danyal Bayaz (37) begrüßte den Vorschlag. "Mark Branson ist ein viel versprechender Personalvorschlag, auch weil er wichtige internationale Kapitalmarkterfahrung mitbringt", sagte Bayaz. Auch seine Expertise im Bereich der Regulierung des digitalen Finanzplatzes ließen hoffen. "Er hat nun die große Aufgabe, nach dem Wirecard-Desaster Vertrauen in die Finanzaufsicht zurückzugewinnen und den Kulturwandel in der Bafin einzuleiten." Gerhard Schick (48), Vorstand der Interessenvereinigung Finanzwende, betonte, dass Branson als Bafin-Chef vor einer Mammutaufgabe stehe. "Er muss den oftmals schlafenden Riesen Bafin zu einem starken Wächter über die Finanzmärkte wandeln."

Auch Linken-Finanzpolitiker Fabio De Masi (41) verwies auf die internationale Erfahrung von Branson. "Die Schweizer Aufsicht gilt jedoch nicht als besonders streng", bemängelte der Linken-Politiker auf Twitter. Im Vergleich zu anderen Aufsichtsbehörden agiert die Finma diskret und zurückhaltend. So darf sie etwa keine Bußgelder verhängen, sondern nur Gewinne aus illegalen Aktivitäten zurückfordern.

Fraser Perring fordert tiefgreifenden Umbau der Bafin

Der Investor Fraser Perring, der Fehlverhalten bei Wirecard aufgedeckt hatte und dann selbst ins Visier der Bafin geriet, forderte einen tiefergreifenden Umbau der Finanzaufsicht als nur eine Neubesetzung des Chefpostens. "Es ist kultureller Protektionismus und tief verwurzelt", sagte Perring. Er setzte ein Fragezeichen hinter die Bereitschaft Deutschlands, dies wirklich anzugehen.

Bei der Schweizer Finanzaufsicht Finma übernimmt zum 1. Mai 2021 Jan Blöchliger die operative Führung. Den Prozess für die Wahl des neuen Direktors habe der Verwaltungsrat bereits eingeleitet, erklärte die Behörde.

rei, cs/AFP, Reuters
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