Gribkowsky-Prozess Zeuge Ecclestone und der lächerliche Banker

"Ich bin schon öfter 'durchgerüttelt' worden": Formel-1-Chef Ecclestone erschien heute erneut im Münchener Gericht
Foto: dapdMünchen - Formel1-Chef Bernhard Ecclestone hat den Ruf eines knallharten Geschäftsmanns mit manchmal recht eigentümlichen Methoden; ein Zyniker, der mit Milliarden aus lauten Autorennen jongliert; deshalb vielleicht nicht gerade ein Sympathieträger für den durchschnittlichen Beobachter.
Doch als Zeuge am Landgericht München I gibt er den gutwilligen, freundlichen alten Mann, der im Geschäftsleben zwar weiß, was er wert ist und was ihm zusteht, der aber fast schützenswert scheint angesichts der Gerissenheit eines anderen, noch raffinierteren Geschäftsmanns: Gerhard Gribkowsky.
Dieser, ehemaliger Risikovorstand der BayernLB, ist hier angeklagt wegen Untreue, Bestechlichkeit und Steuerhinterziehung, sitzt seit Januar 2011 im Gefängnis München-Stadelheim und muss sich seit gestern im Gerichtssaal anhören, was sein "lieber Bernie" (so nennt er ihn in einem Brandbrief nach Beginn der Ermittlungen im Januar 2011) so alles über ihn erzählt.
Sauf-Kumpan von Slavica
Lächerlich macht der ihn. Ein eitler Banker, dem die Formel 1 zu Kopf gestiegen sei, ein kopfloser Geschäftsmann, ein "Sauf-Kumpan" von Ecclestones Ex-Frau Slavica und - hier scheint als einziges so etwas wie Respekt durch - ein Meister der subtilen Bedrohung. "Ich bin schon öfter 'durchgerüttelt' worden, aber noch nie so raffiniert wie von Gribkowsky", sagt Ecclestone als Zeuge am neunten Verhandlungstag.
Man möchte gar nicht darüber nachdenken, was passieren wird, wenn sich diese beiden Männer nochmals außerhalb des Gerichtssaals begegnen. Oder ist alles ein abgekartetes Spiel?
Denn selbst Ecclestones langjähriger Partner und Berater Stephen Mullens, viele Jahre Direktor der Familienstiftung Bambino, bekommt in der Zeugenaussage eher den Charakter des Gegenspielers. Jedenfalls erweckt Ecclestone diesen Eindruck, wenn die Staatsanwaltschaft ihm Vorhaltungen aus den Vernehmungsprotokollen mit Mullens macht. Interessanterweise ist Mullens im September dieses Jahres von allen Positionen in der Formel 1 zurückgetreten.
Ecclestone sagt, Mullens habe ein sehr enges Verhältnis zu Slavica und habe diese in der Scheidung von Ecclestone nicht nur beraten, sondern diese Scheidung auch betrieben; in diesem Punkt zitiert Ecclestone sicherheitshalber seine "älteste Tochter". Was Slavica für eine Person sei, sehe man schon daran, dass sie für die Hochzeit der jüngeren Tochter gerade zwölf Millionen Dollar ausgegeben habe. Da solle es nicht verwundern, dass er mit ihr über geschäftliche Dinge nie gesprochen habe: "Niemals".
Nicht gesprochen also auch über die Geldforderungen von Seiten Gribkowskys, mit denen sich sowohl Ecclestone als auch seine Ex-Frau als offizielle Begründerin des Bambino-Trusts konfrontiert sahen. Dass es diese Forderungen ganz klar gegeben habe - und zwar im Zusammenhang mit einem angeblichen Wissen über die steuersparende Konstruktion des Bambino-Trusts - macht Eccelstone am heutigen Prozesstag noch deutlicher als gestern, auch wenn er das Wort Erpressung nach wie vor nicht benutzt. Auch die Nachfragen des Vertreters des Münchner Finanzamts vor Gericht verführen ihn nicht dazu.
Verstimmte Staatsanwälte
Die Staatsanwälte, die den Zeugen heute befragen, zeigen sich wenig beeindruckt, teils sogar verstimmt über Ecclestones Ausführungen, die ihnen offenbar nicht besonders glaubwürdig erscheinen. Doch mit ihren Fragen kommen sie nicht recht weiter. Ob die Zahlungen, die Ecclestone und die Bambino-Stiftung an Gribkowsky auf verschlungenen Wegen geleistet haben, vor oder nach dem November 2005 begründet wurden - nicht einmal das lässt sich genau klären.
In jenem Herbst verkaufte Gribkowsky für die BayernLB deren Anteile an der Formel 1, zwar für einen guten Preis, aber auch genau so, wie Ecclestone es wünschte. Der wollte eine Provision von "6 Prozent oder mehr" (Ecclestone), bekam dann 5 Prozent, was 41 Millionen Dollar entsprach. An Bambino gingen in Zusammenhang mit dem Anteilsverkauf 25 Millionen Dollar, angeblich für ausstehende Forderungen. Erst danach, 2006 und 2007, erhielt Gribkowsky insgesamt 44 Millionen Dollar von Ecclestone und Bambino. Wofür genau, das wird nicht klarer.
Auch die Verteidiger arbeiten das in ihrer Befragung am Nachmittag nicht heraus, nutzen nicht einmal die gesamte Fragezeit. Ihr gestriger Antrag auf Befangenheit der Richter wird von einer anderen Kammer des Gerichts als unbegründet zurückgewiesen. Ihre Fragen gehen eher ins Anekdotische.
Wie sehr Gribkowsky der Formel 1-Legende Ecclestone die Stirn geboten hat, ergibt aus einer Stelle in den Vernehmungsakten, die von einem Treffen Ecclestones mit den Formel1-Teams in Barcelona erzählt. Gribkowsky, der früher erschienen war, habe sich frech auf den für Ecclestone reservierten Platz am Kopfende der langen Tafel gesetzt und sich eine Zigarre angesteckt. Ecclestone bestätigt auf Frage der Verteidung: "Das ist mir wahrscheinlich vorher noch nie passiert".