Immobilienfinanzierer Eurohypo Der Mühlstein der Commerzbank

Zentrale der Eurohypo in Eschborn bei Frankfurt/Main: Die Commerzbank wird ihren Immobilienfinanzierer nicht so schnell los
Foto: DPAHamburg - Ende 2005 benötigte der damalige Commerzbank-Chef Klaus-Peter Müller noch physikalische Fachbegriffe, um die positiven Effekte seiner jüngsten Übernahme gebührend zu beschreiben: Ein "Quantensprung" sei der 4,5 Milliarden Euro teure Kauf des Immobilien- und Staatsfinanzierers Eurohypo für die Commerzbank , sagte Müller damals auf einer eilig einberufenen Pressekonferenz.
Der teure Zukauf katapultierte die Commerzbank auf Platz zwei hinter dem Branchenprimus Deutsche Bank - bei Bilanzsumme, Gewinn vor Steuern und dem operativen Ergebnis vor Steuern. Doch schon bald brachte der Immobilienfinanzierer seine Konzernmutter doppelt in die Bredouille. Die Krise am US-Hypothekenmarkt traf die Eurohypo mit voller Wucht, das Geschäft mit den Staatsfinanzierungen kam ebenfalls bald zum Erliegen.
Heute beschreiben Branchenkenner das Verhältnis zwischen Commerzbank und der Eurohypo weitaus nüchterner als noch zu Müllers Zeiten. "Die Eurohypo stellt eine Art Klotz am Bein da, das ist nichts Neues", beschreibt es Dieter Hein vom Analysehaus Fairesearch. Mit dem Kauf des Immobilienfinanzierers habe sich die Commerzbank damals falsch positioniert, sagt Hein, denn der Kauf erwies sich als nicht rentabel.
Seit drei Jahren müht sich Müllers Nachfolger Martin Blessing nun damit ab, seine Bank wieder auf Kurs zu bringen. Die Übernahme der Dresdner Bank und die Finanzkrise hat das Geldinstitut schwer getroffen. Doch im Juni sah es so aus, als sei Blessing am Ziel. Nach einer Kapitalerhöhung von mehr als 11 Milliarden Euro konnte die Bank einen Großteil der Staatshilfen zurückzahlen.
Milliardenrisiken aus Euro-Krisenstaaten
Die Aufbruchsstimmung dauerte nur wenige Wochen. Denn nun hat die Eurohypo ihrem Mutterkonzern erneut die Zahlen vermasselt. 760 Millionen Euro schrieb die Commerzbank im zweiten Quartal auf griechische Anleihen ab, die in den Büchern der Eurohypo stehen. Damit ist der Quartalsüberschuss der Commerzbank auf 24 Millionen gesunken - nach einem Plus von 352 Millionen Euro vor einem Jahr.
Ihre Gewinnprognose für das Gesamtjahr stellt Deutschlands zweitgrößte Bank nun in Zweifel, und zwar wegen der schwierigen Marktlage. Daran hat die Eurohypo großen Anteil. Denn in der Bilanz des Immobilien- und Staatsfinanzierers schlummern noch Milliardenrisiken in Form von Anleihen der Euro-Krisenstaaten. Alleine 8,7 Milliarden Euro hatte die Eurohypo per Ende Juni 2011 in italienischen Staatsanleihen angelegt. 2,9 Milliarden Euro stecken noch in spanischen Staatsanleihen, 900 Millionen Euro in portugiesischen Wertpapieren.
Zwar hat die Commerzbank ihr Italien-Portfolio leicht heruntergefahren - doch Konkurrenten gehen deutlich schneller vor. So hielt etwa die Deutsche Bank Ende Juni nur noch 997 Millionen Euro in italienischen Staatsanleihen, sechs Monate zuvor waren es noch 8 Milliarden Euro gewesen. Innerhalb eines halben Jahres hat die Deutsche Bank ihre Netto-Risikopositionen in Irland und den kritischen Schuldenstaaten Südeuropas um 70 Prozent auf 3,7 Milliarden Euro reduziert.
Die griechischen Anleihen hat die Commerzbank bei ihrer Tochter nun um 25 Prozent auf 2,2 Milliarden Euro wertberichtigt, erläuterte Commerzbank-Finanzchef Eric Strutz gestern. Mit dieser Abschreibung von 760 Millionen Euro trifft die Bank eine größere Vorsorge als eigentlich laut Griechenland-Rettungspaket nötig. Die europäische Finanzbranche will dazu nach eigenen Angaben bis zu 135 Milliarden Euro beitragen, in dem sie griechische Staatsanleihen mit einer Fälligkeit bis Ende 2020 in neue Papiere mit längeren Laufzeiten tauscht und dafür Abschläge in Kauf nimmt, die sich auf 21 Prozent belaufen sollen.
Das Problem der Commerzbank ist, dass ihre Anleihen länger laufen - und sie nun auf einen Schlag auch gleich mögliche zukünftige Risiken minimieren will. Die hohe Abschreibung wurde auch deshalb notwendig, weil die Commerzbank bei der Bewertung ihrer Anleihen anders vorging als ihr großer deutscher Konkurrent. Die Deutsche Bank hat ihre Griechenland-Anleihen regelmäßig auf den Marktwert abgeschrieben - und musste Anfang August deshalb nur mehr eine Wertkorrektur von 155 Millionen Euro auf ihre Anleihen vornehmen.
"Derzeit ein schwer verkäufliches Asset"
Eine Trennung von der verlustträchtigen Immobilientochter dürfte der Commerzbank schwerfallen. Zwar kommt die Eurohypo bei einigen Punkten voran: Im Bereich Geschäftsimmobilienfinanzierung wies die Eurohypo im ersten Halbjahr 2011 einen kleinen Vorsteuergewinn von 29 Millionen Euro aus.
Die Commerzbank hat ihrer Tochter eine deutliche Schrumpfkur ihres Kreditportfolios verordnet, und dabei kam die Eurohypo sogar etwas schneller voran als geplant. Ende Juni 2011 hat sie ihr Staatskreditportfolio auf unter 100 Milliarden Euro reduziert, ein Schritt, der eigentlich erst für Ende 2012 vorgesehen war. Das Immobilienbuch hält nun bei 67 Milliarden Euro. Seit Ende 2010 ist der Kreditbestand bei Gewerbeimmobilien um knapp 7 Prozent geschrumpft, im Gesamtjahr 2010 sank er nur um 3 Prozent. Bis Ende 2012 will die Eurohypo ihren Bestand auf 60 Milliarden Euro senken.
Auf Geheiß der EU muss sich die Commerzbank eigentlich bis Ende 2014 von der verlustträchtigen Tochter trennen. Doch selbst Commerzbank-Finanzvorstand Strutz ist skeptisch, dass sich die Eurohypo rasch verkaufen lässt. "Es ist im derzeitigen Umfeld ein schwer verkäufliches Asset", sagte er gestern bei der Vorlage der Commerzbank-Halbjahreszahlen. Nur wenige Bieter haben die finanziellen Mittel, um die Risiken der Eurohypo schultern zu können. Strutz kann sich deshalb nicht vorstellen, bereits im nächsten Jahr einen Interessenten zu finden - zumal sich der Immobilienspezialist derzeit nicht eigenständig refinanzieren kann.
Zudem ist die Eurohypo eng mit ihrer Mutter verwoben. Sämtliche Zentralfunktionen, von der Personalabteilung bis zum Treasury, liegen mittlerweile bei der Commerzbank. Auch das erschwert eine Herauslösung der Eurohypo aus dem Commerzbank-Verbund.
Eurohypo-Chef wirft das Handtuch
"Die Eurohypo bleibt der Commerzbank wahrscheinlich über das Jahr 2014 hinaus erhalten", sagt auch Bankenanalyst Hein. Commerzbank-Chef Blessing bleibt wohl nur der Ausweg, die Bank weiter zu stutzen und dann in die eigenen Bücher zu nehmen - oder die Eurohypo zu zerschlagen und die Einzelteile abzuwickeln. Der Dauer-Schrumpfkurs erschien dem seit 2008 amtierenden Eurohypo-Chef Franz Pörschke wenig reizvoll. Wie Ende Juli bekannt wurde, verlässt Pörschke die Eurohypo per Anfang September.
Sein Nachfolger Thomas Köntgen soll nun die Bank in die schwarzen Zahlen zurückführen. Zwar dürfte Köntgen als ehemaligem Risikovorstand die Einschränkung beim Neukundengeschäft leichter von der Hand gehen als seinem Vorgänger.
Doch ansonsten hat er turbulente Zeiten vor sich. In ihrem Ausblick weist die Eurohypo darauf hin, dass aus dem Portfolioabbau bei den Staatsfinanzierungen "Ergebnisbelastungen" resultieren" können. Zudem könne es zu zusätzlichen Belastungen kommen, wenn die "Umsetzung weiterer Reformschritte zur Lösung der europäischen Staatsschuldenkrise" ausbleiben. Im Klartext: Wenn sich die Euro-Schuldenkrise weiter ausbreitet, trifft das die Eurohypo mit voller Härte.