Anshu Jain war lange für die alleinige Nachfolge von Josef Ackermann im Gespräch. International ist der Investmentbanker hoch angesehen, in Deutschland fehlen ihm politisches Netzwerk und Sprachkenntnisse.
Der gebürtige Inder Anshu Jain wird nun doch noch Chef der Deutschen Bank - im Doppelpack mit Deutschland-Chef Jürgen Flitschen
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Frankfurt am Main - Der Investmentbanker Anshu Jain ist seit Jahren der "Geldmacher" der Deutschen Bank - jetzt rückt der hochbegabte Banker an die Spitze des Vorstands. Seine Sparte verdient Milliarden für das größte deutsche Geldhaus.
Seit Juli 2010 zeichnete der heute 48-Jährige alleine verantwortlich für das nach wie vor wichtigste Geschäftsfeld des Konzerns, zu dem der Handel mit Devisen, Rohstoffen und Aktien zählt. Jain ist in der internationalen Finanzbranche hoch angesehen. Doch seine Kritiker meinen, ihm fehle die Vernetzung in der Berliner Politik.
Der smarte Inder studierte Wirtschaft in Delhi und in den USA und begann bei einer kleinen Investmentbank in New York. 1988 wechselte Jain zu Merrill Lynch und kümmerte sich um Hedgefonds. 1995 kam er zur Deutschen Bank nach London. Gemeinsam mit seinem Förderer Edson Mitchell machte er die Deutsche Bank zu einer der führenden Investmentbanken weltweit.
Ob er Deutsch lerne, um sich auf den Chefposten vorzubereiten, wurde Jain bei seinen seltenen öffentlichen Auftritten in Deutschland immer wieder gefragt. Die Antwort des passionierten Cricketspielers: Ein breites Lächeln.
Jain verdient mehr als Ackermann
Seit Jahren als Kronprinz von Josef Ackermann gehandelt, führte letztlich an Jains Erfolgen und seiner Hausmacht kein Weg vorbei: Nach inoffiziellen Angaben sind die Investmentbanker mit mehr als 20 Prozent der Aktien an dem Dax-Konzern beteiligt und stellen damit die größte Gruppe der Einzelaktionäre. Dass die jüngsten Milliardenklagen gegen die Deutsche Bank wegen windiger Immobiliengeschäfte in den USA mit Jains Geschäftsbereich zusammenhängen, schmälerten seine Chancen nicht.
Der Einkommensmillionär Jain, der 2010 mit knapp zwölf Millionen Euro etwa drei Millionen mehr als Vorstandschef Ackermann kassierte, wird in der deutschen Öffentlichkeit mit Skepsis betrachtet. Der Manager gilt vielen als Vertreter eines Kasino-Kapitalismus, dem es um Renditen um jeden Preis geht.
Altkanzler Helmut Schmidt (SPD) kanzelte Investmentbanker jüngst auf dem Titel der "Zeit" ab: Das Wort Investmentbanker sei "nur ein Synonym für den Typus Finanzmanager, der uns alle, fast die ganze Welt, in die Scheiße geritten hat und jetzt schon wieder dabei ist, alles wieder genauso zu machen, wie er es bis zum Jahre 2007 gemacht hat".
Bankmitarbeiter beschreiben Jain als zurückhaltend und unprätentiös. Der Vater von zwei Kindern ist Anhänger der indischen Jain-Religion, zu deren wichtigsten Prinzipien die Gewaltlosigkeit zählt.