Goldman Sachs Neuer Boom bei Übernahmen

Offenbar unverändert im Geschäft: Alexander Dibelius
Foto: DDPMünchen - Das Geschäft mit Fusionen und dem Verkauf von Unternehmen (Mergers & Acquisitions, M&A) soll 2011 wieder kräftig zunehmen. Das meint Alexander Dibelius, bei der amerikanischen Investmentbank Goldman Sachs Chef für Deutschland und Osteuropa. Weltweit werde das Volumen dieser Geschäfte im nächsten Jahr um 8 bis 12 Prozent zunehmen, mittelfristig sogar um 10 bis 15 Prozent, sagte Dibelius im Münchener Club Wirtschaftspresse.
Grund dafür sei das starke Gewinnwachstum in den Konzernen, die überschießende Liquidität und das wachsende Vertrauen der Unternehmenslenker in die wirtschaftliche Entwicklung - vor allem in den sogenannten Bric-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China). Der Trend sei schon 2010 in die Richtung gegangen: mehr feindliche Übernahmen, mehr grenzüberschreitende Deals, Zahlung eher bar als mit Aktien.
Außerdem sei das zuletzt zähe Geschäft der Finanzinvestoren (Private Equity Funds) im Aufschwung, da ihnen wieder zusätzliche Mittel zuflössen; zuvor hätten sie ihre Investments immer nur umschichten können. Und selbst der Markt für Börsengänge sei wieder zurückgekommen, gerade auch in Form von Wandelanleihen oder Hybridkapital (also Fremdkapital mit eigenkapitalähnlichen Eigenschaften).
Alexander Dibelius: "Keine Vertrauenskrise"
Dibelius, 51 Jahre, trat dem Eindruck entgegen, das Haus Goldman Sachs habe aufgrund seiner schlechten Reputation Geschäft in Deutschland verloren: "Wir führen hier die League Tables bei M&A an, und zwar ein ganzes Stück vor der Deutschen Bank und JP Morgan", sagte der Investmentbanker. Solche Hitlisten stellt zum Beispiel Thomson Reuters zusammen, um zu zeigen, welche Bank die meisten und größten Übernahmen begleitet hat.
Global stehe Goldman Sachs auf Platz eins bis zwei, sagte Dibelius. Der Wettbewerb sei groß, da die M&A-Aktivität zuletzt auf die Hälfte des Volumens von 2007 zurückgefallen sei und es "gewisse Überkapazitäten" gebe. Goldman Sachs beschäftigt weltweit 35.000 Mitarbeiter.
Der Banker sagte, er sei im Januar mit einer respektlosen Bemerkung über die Rolle der Banken in der Gesellschaft nur aus dem Zusammenhang gerissen zitiert worden ("nicht der Selbstlosigkeit verpflichtet") und stellte klar: "Banken haben sehr wohl eine Verpflichtung gegenüber dem Gemeinwohl". Wenn einzelne Kunden ankündigten, ihre Geschäftsbeziehungen zu Goldman Sachs abbrechen zu wollen, "tut uns das sehr weh", sagte Dibelius weiter. Aber der Blick auf die League Tables und den Aktienkurs zeige: "Der Markt traut uns".
Dass die amerikanischen Börsenaufsicht SEC sein Haus des Anlegerbetrugs beschuldigt habe - der Fall wurde im Juli außergerichtlich mit einer Zahlung von 550 Millionen Dollar beigelegt - habe wie ein Weckruf gewirkt. Das hausinterne Business Standards Committee werde Anfang Januar 2011 sein Ergebnis präsentieren. Ursprünglich war das schon für diesen Dezember geplant gewesen.
Ziel sei nicht ein Kodex, sondern eine interne Reflektion darüber, ob man von manchen sehr komplexen und synthetischen Transaktionen künftig die Finger lasse, sagte Dibelius: "Sie mögen noch so sehr volkswirtschaftlich sinnvoll oder preistheoretisch richtig sein; wenn man sie keinem mehr erklären kann, sollte man sie nicht machen".