Zentrale der Trust-Bank in Moskau: Kriselndes Geldhaus braucht mehr Kapital
Foto: ALEXANDER NEMENOV/ AFPMoskau - Wenige Tage nachdem die Zentralbank die Rettung der notleidenden Trust Bank angekündigt hat, muss sie ihr Paket von ursprünglich 30 Milliarden auf 99 Milliarden Rubel erhöhen. Außerdem stellt sie der Otkritie-Bank, die die Trust-Bank übernehmen wird, weitere 28 Milliarden Rubel zur Verfügung. Das verkündete die Zentralbank am Freitag. Insgesamt verteuern sich die Stützungsmaßnahmen damit von umgerechnet etwa 460 Millionen auf knapp zwei Milliarden Euro.
Die Bankenrettung wird ein Defizit in Russlands Staatshaushalt reißen. Finanzminister Anton Siluanow rechnet damit, dass das Land netto Kredite von 0,7 Prozent der Wirtschaftsleistung aufnehmen muss. Ohne die Liquiditätshilfen hätte Russland einen Überschuss von 0,7 Prozent erwirtschaftet, sagte Siluanow am Freitag.
Wegen des niedrigen Ölpreises und der Sanktionen des Westens aufgrund des Ukraine-Konflikts hat sich die russische Wirtschaft in eine der schwersten Krisen seit Jahren manövriert. Der Rubel verlor seit Anfang 2014 im Vergleich zum Euro und Dollar rund die Hälfte an Wert. Die Inflation steigt rapide.
Finanzminister will Militärausgaben beschränken
Um die Währung zu stützen, kauft die Zentralbank an den Finanzmärkten massiv Rubel auf. Ihre Reserven in Euro, Dollar und anderen Fremdwährungen sind innerhalb einer Woche um umgerechnet 13 auf 326 Milliarden Euro gesunken - der niedrigste Wert seit 2009. Außerdem hat sie den Leitzins auf 17 Prozent angehoben, was die Inflation eindämmen soll, aber auch Kredite für die darbende Wirtschaft verteuert.
An diesem Schritt regt sich deshalb Kritik aus der Regierung von Präsident Wladimir Putin: Wirtschaftsminister Alexej Uljukajew forderte in der Zeitung "Komsomolskaja Prawda" eine Normalisierung des Zinsniveaus. Den Absturz des Rubels zu stoppen sei bereits gelungen, meinte Uljukajew.
Sein Kabinettskollege, Finanzminister Anton Siluanow, will im kommenden Jahr allerdings weitere Geldhäuser unterstützen: Der teilstaatlichen VTB-Bank, die auch in Deutschland mit hohen Tagesgeld-Zinsen wirbt, stellt der Finanzminister rund 1,6 Milliarden Euro in Aussicht, der Bank des Energiekonzerns Gazprom weitere 1,1 Milliarden Euro.
Der Finanzminister rechnet im kommenden Jahr mit einer tiefen Rezession und weiterhin niedrigen Öleinnahmen, von denen die russische Wirtschaft extrem abhängig ist. Neben weiteren Krediten will er die Staatsausgaben einschränken. Die Militärausgaben, die aktuell ein Drittel von Russlands Staatsausgaben ausmachen, sollen von den Kürzungen besonders betroffen sein.
Düstere Zeiten in Moskau: Die Währungskrise eskaliert, mit dem Ölpreis fällt die Haupteinnahmequelle des Landes, die nun auf 17 Prozent angehobenen Leitzinsen bedeuten den sicheren Weg in eine schwere Rezession. Zumindest ein Schreckensszenario erscheint noch weit entfernt: ein Staatsbankrott. Denn der russische Staat ist mit 12 Prozent der Wirtschaftsleistung kaum verschuldet, das zu zwei Dritteln in Rubel, und kann immer noch auf gewaltige Devisenreserven von 420 Milliarden Dollar zurückgreifen.
Firmen, Banken und Privatpersonen sind zwar nach internationalen Maßstäben ebenfalls gering verschuldet - es geht aber um beträchtliche Summen: Im dritten Quartal belief sich die Auslandsschuld noch auf 678 Milliarden Dollar. Allein 100 Milliarden Dollar von Unternehmen und Banken werden 2015 fällig. Dieses Geld wird schwer aufzutreiben, nicht nur wegen westlicher Sanktionen. Für einen Euro mussten Russen am Dienstag zeitweise fast 100 Rubel auf den Tisch legen, im Oktober reichten noch 50 Rubel.
Schon in den Tagen vor dem tiefen Fall des Rubel demonstrierten Schuldner, die ihre Häuser in Fremdwährungen finanziert haben. "Wir und unsere Kinder sind die Obdachlosen und Schuldensklaven der Zukunft", "Rettet unsere Familien vor dem Dollar", "Zentralbank, du hast unsere Zukunft gestohlen", lauten die Botschaften. Während Staatskonzerne wie der Ölriese Rosneft bereits indirekt von der Zentralbank gestützt werden, dürfte die Rate fauler Kredite im Mittelstand steil ansteigen.
Laut einer Statistik der Bank für internationalen Zahlungsausgleich steht für französische Banken am meisten Geld auf dem Spiel - wie schon in der Griechenland-Krise, doch diesmal ist eine Rettungsaktion unwahrscheinlich. Die Forderungen in Russland beliefen sich zur Jahresmitte auf 47,7 Milliarden Dollar. Vor allem die Société Générale steht im Blick, ihr gehört mit der Rosbank die sechstgrößte Bank des Landes. Kleiner ist das Engagement der BNP Paribas, aber laut dem Fachblatt "The Banker" besonders gewagt: Die vergebenen Kredite machen 340 Prozent der eingesammelten Einlagen aus.
An zweiter Stelle stehen die italienischen Banken, vor allem vertreten durch den Konzern Unicredit. Der hatte 2005 mit der österreichischen Bank Austria auch deren starkes Russland-Geschäft mit der siebtgrößten Bank des Landes (die heute als Unicredit firmiert) übernommen. Insgesamt kommen die Italiener laut BIZ auf Forderungen von 27,7 Milliarden Dollar, als einzige der großen Gläubigernationen haben sie ihr Russland-Geschäft über das vergangene Jahr nicht zurückgefahren.
Stark reduziert haben dagegen die US-Banken ihr Russland-Exposure, auf nun noch 26 Milliarden Dollar. Allerdings führen sie nach wie vor mit Abstand bei den an russische Schuldner vergebenen Garantien. Als Geschäftsbank präsent ist die Citigroup als Nummer zwölf auf dem lokalen Markt, die zum Industriekonzern General Electric gehörende GE Money Bank ist laut "The Banker" mit einem Kredit-Einlagen-Verhältnis von 320 fast ebenso aggressiv wie die BNP Paribas auf den Markt getreten.
Nicht in der BIZ-Statistik aufgeführt ist das Risiko österreichischer Banken in Russland. Doch Nationalbankgouverneur Ewald Nowotny war das Thema am Montag eine eigene Pressekonferenz wert: um zu beruhigen, die Banken würden als "Element der Stabilität" im Land bleiben. Schon im Sommer hatte dagegen eine Berenberg-Studie gemutmaßt, die Raiffeisen Bank International - deren Filiale in Russland die Nummer acht ist - könne "sich aus Russland (und der Ukraine) verabschieden und ihre Investitionen mit einem Verlust von rund drei Milliarden Euro abschreiben". Das russische Kreditportfolio habe schon damals den Marktwert der Raiffeisen überstiegen. Seitdem hat sich der Aktienkurs halbiert, mit beschleunigtem Sturz in den vergangenen Tagen.
Die ING hat zwar in ähnlicher Höhe wie die Raiffeisen Kredite nach Russland vergeben, kann das Risiko aber mit seiner Größe in Westeuropa viel leichter bewältigen. Immerhin sorgt der Konzern dafür, dass niederländische Banken in der BIZ-Statistik mit 15,7 Milliarden Dollar weit vorn auftauchen - nur noch knapp hinter den deutschen ...
Die Commerzbank hatte ihren Anteil an der Promswjasbank bereits 2012 rechtzeitig vor Beginn der Krise verkauft, ebenso wie die wesentlich größere Bank Forum im schon damals gebeutelten Nachbarland Ukraine. Dennoch taucht sie in der Berenberg-Analyse noch mit Russland-Krediten in Höhe von 27 Prozent des Marktwerts auf, gleichauf mit Unicredit oder Société Générale und nur übertroffen von der Raiffeisen Bank. Insgesamt haben die deutschen Banken ihr Russland-Risiko aber auf 17,7 Milliarden Dollar gesenkt, um ein Drittel innerhalb eines Jahres.
Düstere Zeiten in Moskau: Die Währungskrise eskaliert, mit dem Ölpreis fällt die Haupteinnahmequelle des Landes, die nun auf 17 Prozent angehobenen Leitzinsen bedeuten den sicheren Weg in eine schwere Rezession. Zumindest ein Schreckensszenario erscheint noch weit entfernt: ein Staatsbankrott. Denn der russische Staat ist mit 12 Prozent der Wirtschaftsleistung kaum verschuldet, das zu zwei Dritteln in Rubel, und kann immer noch auf gewaltige Devisenreserven von 420 Milliarden Dollar zurückgreifen.
Foto: AP/dpaDie ING hat zwar in ähnlicher Höhe wie die Raiffeisen Kredite nach Russland vergeben, kann das Risiko aber mit seiner Größe in Westeuropa viel leichter bewältigen. Immerhin sorgt der Konzern dafür, dass niederländische Banken in der BIZ-Statistik mit 15,7 Milliarden Dollar weit vorn auftauchen - nur noch knapp hinter den deutschen ...
Foto: UNITED PHOTOS/ REUTERSDie Commerzbank hatte ihren Anteil an der Promswjasbank bereits 2012 rechtzeitig vor Beginn der Krise verkauft, ebenso wie die wesentlich größere Bank Forum im schon damals gebeutelten Nachbarland Ukraine. Dennoch taucht sie in der Berenberg-Analyse noch mit Russland-Krediten in Höhe von 27 Prozent des Marktwerts auf, gleichauf mit Unicredit oder Société Générale und nur übertroffen von der Raiffeisen Bank. Insgesamt haben die deutschen Banken ihr Russland-Risiko aber auf 17,7 Milliarden Dollar gesenkt, um ein Drittel innerhalb eines Jahres.
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