J.D. Power-Ranking Qualitätsklatsche für deutsche Autobauer

Einmal im Jahr bewertet das Analysehaus J.D. Power die Zuverlässigkeit von Automarken. Das Ranking gilt als wichtiger Gradmesser für US-Autokäufer. Für die deutschen Hersteller sind die jüngsten Ergebnisse ein Desaster.
Fehleranfällig: Vor allem Infotainmentsystem bereiten Autofahrern Probleme

Fehleranfällig: Vor allem Infotainmentsystem bereiten Autofahrern Probleme

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Sagmeister Photography

In den US-Dependancen der Automobilhersteller herrscht jedes Jahr Anfang Februar Nervosität. Dann veröffentlicht das renommierte Analysehaus J.D. Power seine "Vehicle Dependability Study". Die Analyse gibt Hinweise darauf, wie fehleranfällig aktuelle Modelle verschiedener Marken in den USA sind und wie oft sie in die Werkstatt müssen. Wer hier schlecht abschneidet, droht in der Gunst der Kundinnen und Kunden zurückzufallen.

Entsprechend alarmiert dürften die US-Vertriebler der deutschen Autobauer dieser Tage sein. Denn die jüngste Ausgabe der Studie stellt nahezu allen hiesigen Marken ein schwaches Zeugnis aus. Klammert man Mini als BMW-Tochter auf Platz 9 aus, schafften es die Münchner auf Platz 15 als einzige deutsche Marke, besser als der Branchendurchschnitt abzuschneiden.

Porsche (20.), Volkswagen (24.), Mercedes-Benz (27.) und Audi (29.) landeten dagegen im unteren Mittelfeld oder am Ende des Tableaus. Schlechter als die Ingolstädter kamen lediglich Lincoln und Land Rover weg. An der Spitze des Rankings lagen in diesem Jahr Lexus, Genesis und Kia. Als zuverlässigste Modelle stuften die Autoren den Toyota C-HR und den Lexus RX ein.

Spitzenreiter Lexus, Audi auf Rang 29

Für seine Studie befragt J.D. Power über 30.000 Fahrzeugbesitzer, wie viele Probleme sie mit ihren Autos nach drei Jahren hatten. Die aktuelle Analyse bezieht sich also auf Fahrzeuge mit dem Baujahr 2020. Auf 100 Fahrzeuge gerechnet, traten bei Audi als Schlusslicht der deutschen Hersteller 252 Probleme auf. Bei Spitzenreiter Lexus waren es lediglich 133.

Eine Sonderstellung im Ranking nimmt Tesla ein. Die Marke war in diesem Jahr erstmals Teil der Analyse, schnitt mit 242 Problemen pro 100 Autos mäßig ab. Da Tesla den Studienautoren in einigen Bundesstaaten allerdings keinen Zugang zu Eigentümerdaten gewährte, ist das Ergebnis weniger aussagekräftig als bei den anderen Fabrikaten.

Schon im vergangenen Jahr waren den Autoren zufolge bei Audi mehr Fehler aufgetreten als bei anderen deutschen Marken, damals hatte es für die VW-Tochter zumindest noch für Platz 25 gereicht. Porsche war 2022 mit Platz 7 der deutsche Hersteller mit der besten Bewertung.

Problemzone Software und Infotainment

Haben die hiesigen Konzerne also das Autobauen verlernt? Der Studie zufolge sind die Gründe für das miese Abschneiden weniger im klassischen Blechbiegen als mehr bei der Software zu suchen. Am fehleranfälligsten seien über alle Marken die Infotainmentsysteme, heißt es in dem Papier. Fast die Hälfte aller Befragten meldeten Probleme mit Apple CarPlay oder Android Auto, der Spracherkennung, der Bluetooth-Verbindung und ungenauen Navigationskarten.

Kritiker bemängeln an der Studie, dass ein Vergleich zwischen Premium- und Volumenmarken gerade beim Infotainment wenig aussagekräftig sei. In höherwertigen Modellen ist zumeist mehr komplexe Technik verbaut, das erhöhe auch die Fehleranfälligkeit. J.D. Power-Experte Frank Hanley räumt ein: "Es ist typisch für die Automobilindustrie, Konzepte und Funktionen zuerst in Premiumfahrzeugen einzuführen." Allerdings verlangen Premiummarken für Sonderausstattung in der Regel deftige Aufpreise. Kunden dürften im Gegenzug fehlerlose Funktionen erwarten.

Für Volkswagen, Mercedes und Co. kommt das Ranking zur Unzeit. Sie haben die USA als potenziellen Wachstumsmarkt auserkoren. Nicht umsonst beginnt Mercedes-Chef Ola Källenius (53) in Nordamerika mit dem Aufbau eines eigenen Schnellladenetzes für Elektroautos. Volkswagen will seinen Marktanteil vor Ort von derzeit rund vier Prozent bis 2030 auf etwa zehn Prozent steigern. Dafür investiert der Konzern vor allem in neue Elektromodelle für den Markt. In Wolfsburg und Herndon, dem Sitz von Volkswagens US-Zentrale, dürften sie gleichermaßen hoffen, dass sich jene Fahrzeuge weniger zickig zeigen werden als die derzeitige Modellpalette.

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