Bernd Pischetsrieder (Archiv)
Foto: Frank Leonhardt/ picture alliance / dpaDer langjährige VW-Patriarch Ferdinand Piëch ist dafür bekannt, unliebsame Personalien in Europas größtem Autokonzern notfalls schnell und großzügig gelöst zu haben. Weil die gutsherrliche Form der Konzernführung für den Ausbruch des bedrohlichen Diesel-Skandals verantwortlich gemacht wird, geraten nun auch zunehmend einige der skurrilen Altfälle an die Öffentlichkeit: So soll Bernd Pischetsrieder soll nach seiner Ablösung als Volkswagen-Konzernchef 2006 für weitere fünf Jahre insgesamt 50 Millionen Euro von dem Autohersteller bekommen haben. Das berichtet "Bild am Sonntag" ("BamS") ohne Angabe von Quellen. Für das Geld soll Pischetsrieder ein bis zwei Tage im Monat für VW tätig gewesen sein.
Dem Bericht zufolge soll der langjährige VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch für die Versorgungsregelung verantwortlich sein. Piëch, gemeinsam mit seiner Familie VW-Großaktionär, habe demnach die Regel durchgesetzt, nachdem er im November 2006 die Ablösung von Pischetsrieder betrieben habe. Zuvor war dessen Vertrag bis April 2012 verlängert worden.
Pischetsrieder, inzwischen 68 Jahre alt, hatte nach seinem Ausstieg bei VW seine Karriere als operativer Manager beendet und war Berater und Berufsaufsichtsrat geworden. Als Kontrolleur sind die Bezüge aber deutlich niedriger.
Per Firmenjet zur Arbeit
Pischetsrieder sei etwa einmal monatlich für jeweils einen Tag per Firmenjet aus seiner bayerischen Heimat nach Wolfsburg geflogen. In den Geschäftsberichten sei das Gehalt dem Bericht zufolge nicht aufgetaucht.
Pischetsrieder selbst wollte sich der Zeitung zufolge nicht dazu äußern. Der Präsident der "Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz", Ulrich Hocker, sagte der "BamS": "Das ist ein unmoralischer Gehaltsexzess, auch zulasten der Aktionäre."
Erst vor zwei Wochen machte der Fall des VW-Managers Andreas Renschler Schlagzeilen. Das Vorstandsmitglied erhielt der "BamS" zufolge nach dem Wechsel von Daimler zu VW Millionen als eine Art Wechselprämie. Zudem habe er sich eine monatliche Rente von rund 60 000 Euro für fünf Jahre Arbeit bei dem Wolfsburger Konzern gesichert.
Volkswagen kann die Abgasaffäre noch lange nicht abhaken: Nun ist mit VW-Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch ausgerechnet der oberste Kontrolleur des Konzerns ins Visier der Ermittler geraten. Der frühere Finanzchef steht im Verdacht der Marktmanipulation. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig ermittelt deshalb gegen Pötsch, wie Volkswagen am 6.11.2016 mitteilte.
Bereits gegen Ex-VW-Boss Martin Winterkorn (li.) und den amtierenden VW-Markenchef Herbert Diess (re.) läuft ein Ermittlungsverfahren. Gegen die Manager liegt ein Anfangsverdacht vor, die Finanzwelt zu spät über den Abgas-Skandal informiert und so wichtige Informationen für Anleger unterdrückt zu haben. Bei Pötsch beziehe sich das Ermittlungsverfahren auf die Zeit, als er Finanzvorstand war, teilte VW mit.
Warum erst jetzt gegen Pötsch ermittelt wird, blieb zunächst unklar. Als damaliger Finanzchef war er maßgeblich für die Kommunikation mit den Anlegern zuständig. Bereits im März 2016 beauftragte der VW-Aufsichtsrat die Kanzlei Gleiss Lutz damit, die Rolle von Pötsch bei der Entstehung des Abgasskandals zu untersuchen. Ein solcher "Eignungstest" für den amtierenden, eigenen Chef ist in Aufsichtsräten ungewöhnlich.
Pötsch leitete VWs Finanzressort zwölf Jahre lang - von September 2003 bis Oktober 2015. Die Untersuchungen der Kanzlei dauern offenbar noch an, dazu kommen nun die Ermittlungen der Staatsanwälte. Aktionärsvertreter begrüßten die Entwicklung. Die VW-Eigentümerfamilien ließen wissen, dass sie "uneingeschränkt hinter Herrn Pötsch" stehen.
Niedersachsens Ministerpräsident und VW-Aufsichtsrat Stephan Weil (im Bild) warnte derweil vor voreiligen Schlüssen. Dennoch erhöhen die Ermittlungen den Druck auf Pötsch. Der Konzern sei weiter der Auffassung, dass der Vorstand den Kapitalmarkt ordnungsgemäß informiert habe, verlautete Volkswagen.
Falls Pötsch im Zuge der Untersuchungen zurücktreten müsste, würde das zu erheblichen Spannungen führen zwischen den wichtigsten VW-Eigentümern, den Familien Porsche und Piëch sowie dem Land Niedersachsen. Denn die Eigentümer hatten sich nach langem Ringen auf Pötsch als Aufsichtsratschef geeinigt, nachdem Ferdinand Piëch im April 2015 zurücktreten musste ...
... interimistisch leitete der ehemalige IG-Metall-Chef Berthold Huber (im Bild) das Gremium. Für Pötsch sprach wohl seine langjährige Erfahrung im VW-Konzern - und noch einiges anderes. Der 64-jährige Wirtschaftsingenieur agierte jahrelang als rechte Hand des damaligen VW-Chefs Martin Winterkorn (im Bild links) und war einer der mächtigsten Männer im VW-Riesenreich.
Der 1951 geborene Wirtschaftsingenieur agierte jahrelang als rechte Hand des damaligen VW-Chefs Martin Winterkorn (im Bild links) und war einer der mächtigsten Männer im VW-Riesenreich. Im Gegensatz zu Winterkorn war der laute Auftritt nicht die Sache des hochgewachsenen, hageren Managers - der Zahlenmann gab sich lieber nüchtern und zurückhaltend.
Taktisch gewieft zeigte sich Pötsch bei seinem Meisterstück, der reibungslosen Integration von Porsche in den Volkswagen-Konzern. Dabei reihte er den Sportwagenbauer steuersparend in das VW-Riesenreich ein - und vermehrte gleichzeitig das Vermögen der Eigentümerfamilien Porsche und Piëch nach dem verpfuschten Porsche-Angriff auf VW.
Den durch das Finanzierungchaos aufgehäuften Schuldenberg von fast 12 Milliarden Euro trug er geschickt ab, die Familienholding der Porsches und Piëchs ist heute wieder höchst liquide. In seiner Zeit bei VW managte er auch noch die Übernahme von MAN elegant und reibungslos. Dabei kam ihm auch die operative Erfahrung zugute, die er ...
... als Chef der Maschinenbaufirmen Traub und Dürr in den 1990er-Jahren sammelte. Finanzielle Risiken ging er als VW-Finanzvorstand kaum ein, er stand für eine konservative Liquiditätssteuerung. Diese Verdienste des gebürtigen Österreichers und seine ruhige Art schätzt auch der geschasste VW-Patriarch Piëch (im Bild), dessen Vertrauen Pötsch schon seit längerem hat.
Bei aufgebrachten Aktionäre entschuldigte sich Pötsch zuletzt bei der Hauptversammlung Ende Juni. Es sei nun die wichtigste Aufgabe, das verlorene Vertrauen zurückzugewinnen, sagte er damals. Zugleich verteidigte er den umstrittenen Zeitpunkt der Veröffentlichung für das Manipulations-Eingeständnis an die amerikanische Umweltbehörde EPA. "Wir haben die Vorwürfe gleich öffentlich gemacht", erklärte er in Hannover. Das ...
... sehen Staatsanwälte vermutlich etwas anders, sonst würden sie nicht gegen ihn ermitteln. Bereits bei Pötschs Berufung in den VW-Aufsichtsrat im Oktober 2015 fragten Kritiker laut, ob er der richtige Mann für die Aufklärung der Abgasaffäre sei. Zu der Zeit, als die Software-Manipulationen ruchbar wurden, war Pötsch als Finanzvorstand in alle wichtigen Entscheidungen involviert. Diese Problematik holt ihn jetzt ein - mit ungewissem Ausgang.
mit Material von dpa
Volkswagen kann die Abgasaffäre noch lange nicht abhaken: Nun ist mit VW-Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch ausgerechnet der oberste Kontrolleur des Konzerns ins Visier der Ermittler geraten. Der frühere Finanzchef steht im Verdacht der Marktmanipulation. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig ermittelt deshalb gegen Pötsch, wie Volkswagen am 6.11.2016 mitteilte.
Foto: Kay Nietfeld/ picture alliance / dpaBereits gegen Ex-VW-Boss Martin Winterkorn (li.) und den amtierenden VW-Markenchef Herbert Diess (re.) läuft ein Ermittlungsverfahren. Gegen die Manager liegt ein Anfangsverdacht vor, die Finanzwelt zu spät über den Abgas-Skandal informiert und so wichtige Informationen für Anleger unterdrückt zu haben. Bei Pötsch beziehe sich das Ermittlungsverfahren auf die Zeit, als er Finanzvorstand war, teilte VW mit.
Foto: Jens Meyer/ AP/dpaWarum erst jetzt gegen Pötsch ermittelt wird, blieb zunächst unklar. Als damaliger Finanzchef war er maßgeblich für die Kommunikation mit den Anlegern zuständig. Bereits im März 2016 beauftragte der VW-Aufsichtsrat die Kanzlei Gleiss Lutz damit, die Rolle von Pötsch bei der Entstehung des Abgasskandals zu untersuchen. Ein solcher "Eignungstest" für den amtierenden, eigenen Chef ist in Aufsichtsräten ungewöhnlich.
Foto: DPAFalls Pötsch im Zuge der Untersuchungen zurücktreten müsste, würde das zu erheblichen Spannungen führen zwischen den wichtigsten VW-Eigentümern, den Familien Porsche und Piëch sowie dem Land Niedersachsen. Denn die Eigentümer hatten sich nach langem Ringen auf Pötsch als Aufsichtsratschef geeinigt, nachdem Ferdinand Piëch im April 2015 zurücktreten musste ...
Foto: CARL RECINE/ REUTERSDen durch das Finanzierungchaos aufgehäuften Schuldenberg von fast 12 Milliarden Euro trug er geschickt ab, die Familienholding der Porsches und Piëchs ist heute wieder höchst liquide. In seiner Zeit bei VW managte er auch noch die Übernahme von MAN elegant und reibungslos. Dabei kam ihm auch die operative Erfahrung zugute, die er ...
Foto: Getty ImagesBei aufgebrachten Aktionäre entschuldigte sich Pötsch zuletzt bei der Hauptversammlung Ende Juni. Es sei nun die wichtigste Aufgabe, das verlorene Vertrauen zurückzugewinnen, sagte er damals. Zugleich verteidigte er den umstrittenen Zeitpunkt der Veröffentlichung für das Manipulations-Eingeständnis an die amerikanische Umweltbehörde EPA. "Wir haben die Vorwürfe gleich öffentlich gemacht", erklärte er in Hannover. Das ...
Foto: DPA... sehen Staatsanwälte vermutlich etwas anders, sonst würden sie nicht gegen ihn ermitteln. Bereits bei Pötschs Berufung in den VW-Aufsichtsrat im Oktober 2015 fragten Kritiker laut, ob er der richtige Mann für die Aufklärung der Abgasaffäre sei. Zu der Zeit, als die Software-Manipulationen ruchbar wurden, war Pötsch als Finanzvorstand in alle wichtigen Entscheidungen involviert. Diese Problematik holt ihn jetzt ein - mit ungewissem Ausgang.
mit Material von dpa