VW-Markenchef Herbert Diess: "In Europa können wir die Trendwende bald schaffen, in den USA wird es nicht so schnell gehen"
Foto: MIKE BLAKE/ REUTERSIm Abgas-Skandal bei Volkswagen sieht VW -Markenchef Herbert Diess eine "Trendwende" kurz bevor. "In Europa können wir die Trendwende bald schaffen, in den USA wird es nicht so schnell gehen", sagte Diess in der neuen Mitarbeiterzeitung "Inside VW".
"Ich glaube, dass wir die Krise meistern können", betonte er. "Weltweit stehen wir mit begehrenswerten Modellen gut da, wir werden in einigen Regionen mit konjunkturellem Aufwind wieder ins Wachstum kommen."
VW setze künftig zudem stark auf Elektrofahrzeuge. "Wir entwickeln eine spezielle Fahrzeug-Architektur, die den Einbau von Flachbatterien vorsieht. Das wird für uns ein Durchbruch sein."
VW schaffe zudem einen neuen Bereich namens "New Volkswagen". Im Mittelpunkt solle dabei das "Erlebnis Volkswagen" stehen. "Was kann das Auto, welche Infos werden rein- und rausgespielt, wo sind Parkplätze und Einkaufsmöglichkeiten?", nannte Diess Beispiele. Konzernbetriebsratschef Bernd Osterloh signalisierte in dem "Gespräch" Rückendeckung für das Vorhaben. Die Belegschaft habe viele Vorschläge gemacht, wie die Effizienz gesteigert werden könne. "Wir wissen ziemlich genau, wo es hakt", sagte Osterloh.
Der Skandal um manipulierte Abgaswerte bei VW-Dieselfahrzeugen war Mitte September von der US-Umweltbehörde EPA ans Licht gebracht worden
So hatte sich Rupert Stadler seine Jahrespressekonferenz wohl kaum vorgestellt: Genau an jenem Tag, als er die Audi-Geschäftszahlen des Jahres 2016 vorstellt, durchsuchen Ermittler der Staatsanwaltschaft München Audi-Büros in Ingolstadt, Neckarsulm und sieben weiteren Standorten. Die Behörde ermittelt wegen des Verdachts des Betrugs und der strafbaren Werbung. Es geht dabei ...
... um 80.000 Dieselfahrzeuge, die bis 2015 in den USA verkauft worden seien. Bei denen bestehe der Verdacht, dass Audi technische Vorrichtungen zur Manipulation von Abgasgrenzwerten eingebaut hat. Audi gerät noch tiefer in den Sog des Diesel-Skandals, der die Markenmutter VW in ihre tiefste Krise gestürzt hat. Die Wurzeln des Skandals reichen eine Dekade zurück ...
20. November 2006: Laut einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" (SZ) kommen an diesem Tag hochrangige VW-Techniker in Wolfsburg zu einer Besprechung zusammen. Ein Teilnehmer erwähnt in einer PowerPoint-Präsentation, dass sich offizielle Abgastests leicht austricksen ließen, und VWs Technik-Elite fällt daraufhin die folgenschwere Entscheidung, genau das zu versuchen.
Jahr 2008: VW beginnt seine "Clean Diesel"-Kampagne in den USA - und verkauft tausende Motoren, deren Software Prüfstand-Tests erkennen kann und nur dann die Abgas-Reinigung auf vollen Touren laufen lässt.
Jahr 2011: Die VW-Ingenieure verfeinern den Betrug sogar noch, berichtet die SZ. Bislang starteten die Autos im sauberen Testmodus und schalteten erst nach einiger Zeit in den Schmutzmodus. Nun startet das Auto sofort im Schmutzmodus - und reinigt die Abgase nur vollständig, wenn ein Prüfstandtest erkannt wird.
März 2014: US-Wissenschaftler messen die Abgase von Fahrzeugen während der Fahrt. Sie wollen eigentlich zeigen, wie sauber Diesel-Autos sind - doch VW ist schmutzig. Die US-Umweltbehörde EPA schickt Fragen an VW, die Sache geht lange zwischen dem Konzern und den Behörden hin und her, doch letztendlich bleibt VW nur mehr eine Wahl ...
3. September 2015: Volkswagen räumt hinter den Kulissen gegenüber der US-Umweltbehörde EPA Manipulationen bei Abgastests von Dieselfahrzeugen ein.
18. September 2015: Die US-Umweltbehörde EPA macht das Geständnis öffentlich: VW habe vorsätzlich Abgasvorschriften bei rund 500.000 Diesel-Fahrzeugen umgangen. Das könne eine Strafe von bis zu 18 Milliarden Dollar nach sich ziehen.
20. September: VW räumt die Abgas-Manipulationen nun selbst öffentlich ein und kündigt eine externe Untersuchung an. Nach dem Geständnis stürzt die VW-Aktie um 20 Prozent ab. Am 22. September legt VW wegen der Abgas-Affäre 6,7 Milliarden Euro zurück.
23. September: VW-Chef Winterkorn tritt zurück. "Vor allem bin ich fassungslos, dass Verfehlungen dieser Tragweite im Volkswagen-Konzern möglich waren", erklärt er seinen Schritt. Der Konzern erklärt, weltweit könnten elf Millionen Dieselfahrzeuge von den Manipulationen betroffen sein.
25. September: Der VW-Aufsichtsrat bestellt Porsche-Chef Matthias Müller zum Konzernchef und trifft weitere Personalentscheidungen.
28. September: Nach mehreren Strafanzeigen startet die Braunschweiger Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren wegen Betrugsvorwürfen.
7. Oktober: Krisentreffen der Aufseher, der Aufsichtsrat wählt VW-Finanzvorstand Hans Dieter Pötsch (links) zum Nachfolger des zurückgetretenen AR-Chefs Ferdinand Piëch. Nach Aussage Müllers (rechts) kann der Rückruf im Januar 2016 beginnen.
8. Oktober: Razzia bei VW. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig ordnet Durchsuchungen in Wolfsburg und an anderen Orten an. VW-US-Chef Michael Horn muss dem US-Kongress Rede und Antwort stehen.
15. Oktober: Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) ordnet einen verpflichtenden Rückruf aller VW-Dieselautos mit der Betrugssoftware an. In ganz Europa müssen 8,5 Millionen, in Deutschland 2,4 Millionen Wagen in die Werkstatt. VW hatte eine freiwillige Lösung angestrebt.
16. Oktober: Von Daimler wechselt Vorstandsfrau Christine Hohmann-Dennhardt zum 1. Januar 2016 als neue Leiterin für Recht und Integrität zu VW.
17. Oktober: Der Volkswagen-Mehrheitseigner Porsche SE teilt mit, dass Winterkorn auch hier seinen Vorstandsvorsitz niederlegt.
28. Oktober: VW verbucht erstmals seit mehr als 15 Jahren einen Quartalsverlust. Wegen der milliardenschweren Rückstellungen für den Abgasskandal weist der Konzern im dritten Quartal einen Betriebsverlust von rund 3,5 Milliarden Euro aus.
11. November: Das KBA hat auffällige Abgaswerte bei Dieselautos mehrerer Hersteller gefunden.
20. November: Die EPA macht erneut ein Schummel-Geständnis von VW öffentlich: Die von Audi entwickelten und auch im Porsche Cayenne verbauten 3-Liter Motoren enthalten eine in den USA illegale Software.
25. November: Der Autobauer präsentiert ein Plastikrohr als technische Lösung, um die Manipulation bei Motoren mit 1,6 Litern Hubraum zu beheben. Bei größeren Motoren genügt ein Software-Update.
10. Dezember 2015: Müller und Pötsch erklären auf einer Pressekonferenz in Wolfsburg, die Affäre konsequent aufklären zu wollen. 450 Experten seien an den Untersuchungen beteiligt.
4. Januar 2016: Das US-Justizministerium verklagt VW wegen der Abgasmanipulation. Es droht eine Milliarden-Strafe.
8. Januar 2016: Der Abgas-Skandal brockt VW den ersten Absatzrückgang seit mehr als einem Jahrzehnt ein. 2015 sinkt die Zahl der vom Konzern weltweit ausgelieferten Fahrzeuge um zwei Prozent.
11. Januar: VW-Chef Müller besucht die US-Automesse in Detroit. Nach einem Radio-Interview, in dem er den Dieselskandal als "technisches Problem" bezeichnet und sagt, VW habe nicht gelogen, muss er massive Kritik einstecken.
12. Januar: Der US-Bundesstaat Kalifornien lehnt die Vorschläge von VW zur Reparatur der Fahrzeuge mit 2,0-Liter-Diesel-Motoren als unzureichend ab.
13. Januar: VW-Chef Müller trifft sich mit EPA-Chefin Gina McCarthy in Washington. Die Gespräche enden ohne Einigung darüber, wie die in den USA betroffenen Dieselmotoren repariert werden können.
5. Februar: VW verschiebt wegen offener Fragen zu den Kosten Abgasskandals die Vorlage seines Jahresabschlusses und die Hauptversammlung.
2. März: VW weist Aktionärsklagen zu einem Verstoß gegen die Ad-hoc-Pflicht zurück und veröffentlicht erste Erkenntnisse zur Entstehung des Dieselskandals.
10. März: VW-USA-Chef Michael Horn wirft überraschend das Handtuch und verlässt den Konzern mit sofortiger Wirkung.
7. April: Der VW-Betriebsrat (im Bild Gesamtbetriebsratschef Bernd Osterloh) spricht von einem "gravierenden Vertrauensproblem" mit dem VW-Management.
8. April: Eine Debatte um die Managerboni bei VW kommt in Gang. Arbeitnehmer und Großaktionär Niedersachsen (in der Bildmitte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil) fordern eine Komplettstreichung, das Management will Insidern zufolge nur auf einen Teil verzichten.
20. April: Es wird klar, dass VW 2015 mehr Rückstellungen für Dieselgate bilden muss. Insider sprechen von einem zweistelligen Milliarden-Betrag.
21. April: VW und EPA präsentieren dem US-Bezirksgericht von Kalifornien eine Einigung über die Bewältigung des Abgasskandals, die Rückkäufe, Reparaturen und eine zusätzliche Entschädigung für US-Kunden beinhalten.
22. April:Volkswagen erhöht die Rückstellungen im Zusammenhang mit "Dieselgate" auf 16,4 Milliarden Euro. Dadurch fällt im Geschäftsjahr ein operativer Verlust von 4,1 Milliarden Euro an. Unter dem Strich beträgt das Minus 1,6 Milliarden Euro nach dem internationalen Bilanzstandard IFRS ...
... nach den deutschen Bilanzierungsregeln nach Handelsgesetzbuch (HGB) fällt der Verlust der Volkswagen AG mit 5,5 Milliarden Euro deutlich größer aus. Seinen Aktionären zahlt VW trotz der Belastungen durch den Abgasskandal eine Mini-Dividende von 0,11 Euro je Stammaktie und 0,17 Euro je Vorzugsaktie. Die Aufsichtsräte beschließen, auch die Boni der Vorstände um 30 Prozent zurückzustellen ...
... allerdings wird dieses Geld nur "geparkt" und nicht gekürzt. Sollte sich VW also wie geplant erholen, erhalten die Manager dann das zurückgestellte Geld ausbezahlt. Diese Regelung sorgt für heftige Diskussionen. Der Aufsichtsrat verspricht, sich über ein neues Vergütungsmodell Gedanken zu machen.
24. Mai: US-Richter Charles Breyer bescheinigt VW gute Fortschritte bei der Beseitigung der Abgasskandal-Folgen. Er sieht den Konzern auf "gutem Weg", bis zum 21. Juni einen Vergleich mit US-Sammelklägern und den US-Behörden vorlegen zu können.
16. Juni: Konzernchef Müller stellt in Wolfsburg das Konzept "Together - Strategie 2025" vor. VW soll künftig Elektroauto-Modelle in großer Zahl bauen und verkaufen, im gerade entstehenden Geschäft mit Mobilitätsdienstleistungen ganz vorne mitspielen - und so den Diesel-Skandal hinter sich lasen.
20. Juni: Die Staatsanwaltschaft Braunschweig erklärt, dass sie gegen Ex-VW-Chef Winterkorn ermittelt - wegen des Verdachts der Marktmanipulation. Auch ein weiterer VW-Vorstand sei im Fokus der Staatsanwälte. Berichten zufolge soll es sich um VW-Markenvorstand Herbert Diess gehen. Sammelklagen ...
... hat das Gericht bereits zugelassen. Für Aktionärsvertreter sind die staatsanwaltlichen Aktivitäten ein Etappensieg. Denn zahlreiche Anwälte bereiten wegen der Kursverluste der VW-Aktie durch die Dieselaffäre Klagen vor. VW-Chef Müller spekuliert derweil in einem Handelsblatt-Interview über das Ende des Dieselmotors bei VW. Ab einem bestimmten Zeitpunkt werde sich die Frage stellen, ob man noch viel Geld in die Weiterentwicklung des Diesel stecken solle.
25. Oktober: US-Bezirksrichter Charles Breyer (im Bild) unterzeichnet eine Vergleichsvereinbarung zwischen VW, US-Aufsichtsbehörden und Verbraucheranwälten. Sie verpflichtet Volkswagen zur Zahlung von 14,7 Milliarden Dollar. Rund 10 Milliarden sind zum Rückkauf von rund 500.000 Diesel-Modellen mit 2-Liter-Motor bestimmt. Die restlichen 4,7 Milliarden soll VW in Maßnahmen gegen die Luftverschmutzung und in die Förderung von Elektromobilen stecken.
22. November: VW erklärt, künftig keine Dieselfahrzeuge mehr in den USA zu verkaufen.
22. Dezember: Laut Bundesrichter Breyer hat VW eine grundsätzliche Einigung zur "substanziellen Entschädigung" jener 80.000 US-Autobesitzer erzielt, die 3-Liter-Dieselmotoren der VW-Konzernmarken Audi und Porsche gekauft hatten. Die Einigung soll den Volkswagen-Konzern rund eine Milliarde Dollar kosten.
04. Januar 2017: Der Volkswagen-Konzern teilt mit, dass Konzernchef Müller diesmal die Detroiter Automesse nicht besuchen wird. Als ranghöchster Vertreter reist VW-Markenchef Herbert Diess nach Detroit.
10. Januar: Laut dem VW-Konzern sei man in fortgeschrittenen Verhandlungen über eine Einigung mit dem US-Justizministerium und den Zollbehörden. VW soll 4,3 Milliarden Dollar zahlen, um die Ermittlungen und Strafen in Verbindung mit dem Abgasbetrug beizulegen.
11. Januar: Der VW-Aufsichtsrat tritt zusammen, um über die Annahme des Vergleichsentwurfs mit den US-Behörden zu entscheiden. Wenige Tage vor Donald Trumps Vereidigung als US-Präsident einigt sich der Volkswagen-Konzern mit dem US-Justizministerium auf Strafzahlungen von 4,3 Milliarden Dollar. Teil des Vergleichsentwurfs ...
ist auch ein Schuldeingeständnis des Konzerns sowie zivilrechtliche Bußgelder für den Verstoß gegen Luftreinhalte-Vorschriften. Das US-Justizministerium veröffentlicht eine Erklärung, in der Volkswagen den Betrug zugibt. VW gibt die Namen von sechs beteiligten Managern preis, diese werden in den USA angeklagt. Einer von ihnen wird ...
am 9. Januar 2017 bei der Durchreise in Miami, Florida, festgenommen. Der 48-jährige Deutsche Oliver Schmidt war Manager in Vws Umwelt- und Entwicklungsabteilung und führte die Verhandlungen mit den US-Umweltbehörden. Die US-Justiz wirft ihm vor, die Behörden wider besseres Wissen an der Nase herumgeführt zu haben. Ihm drohen 168 Jahre Haft - bei einer Schuldigsprechung dürfte das Urteil aber weit geringer ausfallen. Eine Freilassung gegen Kaution lehnen die Behörden ab.
27. Januar: Die Staatsanwaltschaft Braunschweig ermittelt wegen Anfangsverdachts des Betrugs gegen Martin Winterkorn und 36 weitere Personen. Bei Razzien werden Wohnungen und Büros in 28 Objekten untersucht, darunter auch das Büro des Ex-VW-Chefs sowie seine Privatvilla in München.
19. Januar: Erstmals seit eineinviertel Jahren tritt Martin Winterkorn öffentlich auf - als Befragter im Untersuchungsausschuss des Bundestags zur Abgasaffäre. Er sei "nicht zu verstehen, warum ich nicht frühzeitig und eindeutig über die Messprobleme aufgeklärt wurde", erklärt er vor dem Ausschuss.
Zu der entscheidenden Frage - nämlich zu welchen Zeitpunkten er wovon informiert wurde - sagt er mit Hinweis auf die laufenden Ermittlungen in Braunschweig nichts.
1. Februar: Der Volkswagen-Konzern einigt sich mit den Behörden nun auch auf eine Lösung für die 3.0-Liter-Dieselmotoren von Audi, die nach Auffassung der US-Behörden ebenfalls eine unzulässige Abschalteinrichtung an Bord haben. Rund 1,2 Milliarden Dollar wird Audi der Vergleich kosten.
07. März: Die EU-Kommission erhöht den Druck auf Volkswagen, auch Kunden in Europa finanziell zu entschädigen. Bis Ende April fordert sie "konkrete Ergebnisse". EU-Justizkommissarin Jourova gibt sich überzeugt, dass VW auch gegen europäische Verbrauchergesetze verstoßen hat.
15. März: Während Rupert Stadler in Ingolstadt die Jahresbilanz 2016 präsentiert, durchsuchen Ermittler der Staatsanwaltschaft München Büros des Autoherstellers an 9 Standorten. Sie gehen einem Betrugsverdacht im Diesel-Skandal nach.
Derzeit gibt es aber noch keine konkreten Beschuldigten, lässt die Behörde wissen, es werde gegen Unbekannt ermittelt. Audi will "vollumfänglich kooperieren", das sei Kerninteresse des Unternehmens, sagt Stadler nach der Präsentation der Jahreszahlen.
So hatte sich Rupert Stadler seine Jahrespressekonferenz wohl kaum vorgestellt: Genau an jenem Tag, als er die Audi-Geschäftszahlen des Jahres 2016 vorstellt, durchsuchen Ermittler der Staatsanwaltschaft München Audi-Büros in Ingolstadt, Neckarsulm und sieben weiteren Standorten. Die Behörde ermittelt wegen des Verdachts des Betrugs und der strafbaren Werbung. Es geht dabei ...
Foto: Frank Leonhardt/ dpa20. November 2006: Laut einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" (SZ) kommen an diesem Tag hochrangige VW-Techniker in Wolfsburg zu einer Besprechung zusammen. Ein Teilnehmer erwähnt in einer PowerPoint-Präsentation, dass sich offizielle Abgastests leicht austricksen ließen, und VWs Technik-Elite fällt daraufhin die folgenschwere Entscheidung, genau das zu versuchen.
Foto: Frederic J. Brown/ AFP15. Oktober: Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) ordnet einen verpflichtenden Rückruf aller VW-Dieselautos mit der Betrugssoftware an. In ganz Europa müssen 8,5 Millionen, in Deutschland 2,4 Millionen Wagen in die Werkstatt. VW hatte eine freiwillige Lösung angestrebt.
Foto: Carsten Rehder/ picture alliance / dpa16. Juni: Konzernchef Müller stellt in Wolfsburg das Konzept "Together - Strategie 2025" vor. VW soll künftig Elektroauto-Modelle in großer Zahl bauen und verkaufen, im gerade entstehenden Geschäft mit Mobilitätsdienstleistungen ganz vorne mitspielen - und so den Diesel-Skandal hinter sich lasen.
Foto: FABIAN BIMMER/ REUTERS... hat das Gericht bereits zugelassen. Für Aktionärsvertreter sind die staatsanwaltlichen Aktivitäten ein Etappensieg. Denn zahlreiche Anwälte bereiten wegen der Kursverluste der VW-Aktie durch die Dieselaffäre Klagen vor. VW-Chef Müller spekuliert derweil in einem Handelsblatt-Interview über das Ende des Dieselmotors bei VW. Ab einem bestimmten Zeitpunkt werde sich die Frage stellen, ob man noch viel Geld in die Weiterentwicklung des Diesel stecken solle.
Foto: Julian Stratenschulte/ dpa22. Dezember: Laut Bundesrichter Breyer hat VW eine grundsätzliche Einigung zur "substanziellen Entschädigung" jener 80.000 US-Autobesitzer erzielt, die 3-Liter-Dieselmotoren der VW-Konzernmarken Audi und Porsche gekauft hatten. Die Einigung soll den Volkswagen-Konzern rund eine Milliarde Dollar kosten.
Foto: Audi11. Januar: Der VW-Aufsichtsrat tritt zusammen, um über die Annahme des Vergleichsentwurfs mit den US-Behörden zu entscheiden. Wenige Tage vor Donald Trumps Vereidigung als US-Präsident einigt sich der Volkswagen-Konzern mit dem US-Justizministerium auf Strafzahlungen von 4,3 Milliarden Dollar. Teil des Vergleichsentwurfs ...
Foto: BENOIT TESSIER/ REUTERSist auch ein Schuldeingeständnis des Konzerns sowie zivilrechtliche Bußgelder für den Verstoß gegen Luftreinhalte-Vorschriften. Das US-Justizministerium veröffentlicht eine Erklärung, in der Volkswagen den Betrug zugibt. VW gibt die Namen von sechs beteiligten Managern preis, diese werden in den USA angeklagt. Einer von ihnen wird ...
Foto: Julian Stratenschulte/ picture alliance / Julian Stratenschulte/dpa07. März: Die EU-Kommission erhöht den Druck auf Volkswagen, auch Kunden in Europa finanziell zu entschädigen. Bis Ende April fordert sie "konkrete Ergebnisse". EU-Justizkommissarin Jourova gibt sich überzeugt, dass VW auch gegen europäische Verbrauchergesetze verstoßen hat.
Foto: Peter Steffen/ dpaDie Nachrüstungen und Strafzahlungen im Zuge des Abgasskandals werden den Volkswagen-Konzern Milliarden Euro kosten. Deshalb verschärft der Konzern sein bereits begonnenes Sparprogramm deutlich. Alle geplanten Investitionen bis 2019, das waren bisher 86 Milliarden Euro, werden überprüft.
Klar ist nun: Im kommenden Jahr kürzt der Konzern seine Sachinvestitionen um eine Milliarde auf zwölf Milliarden Euro. In den nächsten Wochen werden weitere Ausgaben überprüft und gegebenenfalls verschoben oder gestrichen. VW will aber nicht auf Kosten der Zukunft sparen. Die Investitionen für alternative Antriebe werden 2016 sogar um 100 Millionen Euro erhöht - den VW plant eine E-Auto-Offensive (zum Artikel).
Im kommenden Jahr konkret gespart wird etwa bei einem geplanten Designzentrum in Wolfsburg. Der Bau soll verschoben werden, was Einsparungen von 100 Millionen Euro bringen soll. Außerdem solle der Bau einer Lackiererei in Mexiko überprüft werden. Wie bereits bekannt wird der Nachfolger des Phaeton verschoben, der dann als Elektroauto auf den Markt kommen soll.
Das wird aber kaum ausreichen, um die Kosten des Abgasskandals abzudecken. Wo kann der Zwölf-Marken-Konzern noch den Rotstift ansetzen, ohne seine Zukunft zu gefährden? Analysten sehen zahlreiche Möglichkeiten, berichtet die "Financial Times" (FT) (zum Artikel). Anders als die Konkurrenz hat Volkswagen in den Branchen-Krisenjahren 2008 und 2009 keine Kosten gekappt. Das hat zu unnötig komplizierten Strukturen geführt, wie einige Beispiele zeigen.
Angeschoben hat der Konzern bereits Maßnahmen, die die enorme Komplexität beim Bau mancher Modelle reduzieren soll. So haben VW-Golf-Käufer die Auswahl zwischen 117 verschiedenen Lenkrädern, die sich teils nur durch leicht unterschiedliche Grautöne oder ein oder zwei Knöpfe mehr unterscheiden. VW will die Lenkrad-Anzahl nun auf 43 reduzieren.
Auch die Zahl der Vordersitz-Auswahlmöglichkeiten bei seinem Bestseller Golf will der Konzern einschränken. Derzeit gibt es 341 verschiedene Vordersitz-Varianten, künftig müssen weltweit 259 Variationen reichen.
VW-Manager überprüfen, wo sie ihre breite Modellpalette verkleinern können. Derzeit bietet der Konzern 310 verschiedene Modellvarianten an mit ähnlichen, aber eben nicht gleichen Modellen bei den Marken VW, Seat und Skoda. Viele Modelle gibt es auch in mehreren Varianten, etwa als Drei- und Fünftürer, Kombis oder Kabrios. Das Cabrio Eos (im Bild) ist bereits eingestellt.
Im Kappen dieses Varianten-Wildwuchses liegt wohl die größte, kurzfristige Kostensenkungsmöglichkeit, meint ein Analyst gegenüber der FT. Ingenieure hätten sehr viele Freiheiten bei der Entwicklung von Varianten gehabt, damit seien aber die Fertigung und auch die Zahl der benötigten Komponenten sehr komplex und teuer geworden.
VW-Markenchef Diess (im Bild) wird aber auch einen genauen Blick auf den Einkauf werfen. Für die Beschaffung gibt Volkswagen derzeit 68 Milliarden Euro pro Jahr aus. Analysten kritisieren gegenüber der FT, dass VW die Details für die benötigten Teile übertrieben genau festlegt. Damit verwendet VW teils höherwertigen, zu teuren Stahl als die Konkurrenz oder bezieht übertrieben komplexe Teile.
Bis zu drei Milliarden Euro an Kosten könnte der Volkswagen-Konzern bei seinen Zulieferern einsparen, meint eine Analystin - wenn der Konzern seinen Einkauf besser im Griff hätte. Aber auch bei Forschung und Entwicklung könnte Volkswagen zurückstecken. Die Ausgaben dafür sind bei den Wolfsburgern die höchsten der gesamten Branche.
Insgesamt wären laut der Schätzung der Analystin bei Volkswagen jährliche Einsparungen zwischen zwei und vier Milliarden Euro möglich und eben nicht nur die eine Milliarde Euro pro Jahr, die der Konzern derzeit einplant. VW-Markenchef Diess dürfte seinen Untergebenen also in den kommenden Monaten einige unangenehme Fragen stellen.
Die Nachrüstungen und Strafzahlungen im Zuge des Abgasskandals werden den Volkswagen-Konzern Milliarden Euro kosten. Deshalb verschärft der Konzern sein bereits begonnenes Sparprogramm deutlich. Alle geplanten Investitionen bis 2019, das waren bisher 86 Milliarden Euro, werden überprüft.
Foto: Julian Stratenschulte/ dpaKlar ist nun: Im kommenden Jahr kürzt der Konzern seine Sachinvestitionen um eine Milliarde auf zwölf Milliarden Euro. In den nächsten Wochen werden weitere Ausgaben überprüft und gegebenenfalls verschoben oder gestrichen. VW will aber nicht auf Kosten der Zukunft sparen. Die Investitionen für alternative Antriebe werden 2016 sogar um 100 Millionen Euro erhöht - den VW plant eine E-Auto-Offensive (zum Artikel).
Foto: INA FASSBENDER/ REUTERSIm kommenden Jahr konkret gespart wird etwa bei einem geplanten Designzentrum in Wolfsburg. Der Bau soll verschoben werden, was Einsparungen von 100 Millionen Euro bringen soll. Außerdem solle der Bau einer Lackiererei in Mexiko überprüft werden. Wie bereits bekannt wird der Nachfolger des Phaeton verschoben, der dann als Elektroauto auf den Markt kommen soll.
Foto: Julian Stratenschulte/ dpaDas wird aber kaum ausreichen, um die Kosten des Abgasskandals abzudecken. Wo kann der Zwölf-Marken-Konzern noch den Rotstift ansetzen, ohne seine Zukunft zu gefährden? Analysten sehen zahlreiche Möglichkeiten, berichtet die "Financial Times" (FT) (zum Artikel). Anders als die Konkurrenz hat Volkswagen in den Branchen-Krisenjahren 2008 und 2009 keine Kosten gekappt. Das hat zu unnötig komplizierten Strukturen geführt, wie einige Beispiele zeigen.
Foto: Sean Gallup/ Getty ImagesBis zu drei Milliarden Euro an Kosten könnte der Volkswagen-Konzern bei seinen Zulieferern einsparen, meint eine Analystin - wenn der Konzern seinen Einkauf besser im Griff hätte. Aber auch bei Forschung und Entwicklung könnte Volkswagen zurückstecken. Die Ausgaben dafür sind bei den Wolfsburgern die höchsten der gesamten Branche.
Foto: Peter Steffen/ dpaInsgesamt wären laut der Schätzung der Analystin bei Volkswagen jährliche Einsparungen zwischen zwei und vier Milliarden Euro möglich und eben nicht nur die eine Milliarde Euro pro Jahr, die der Konzern derzeit einplant. VW-Markenchef Diess dürfte seinen Untergebenen also in den kommenden Monaten einige unangenehme Fragen stellen.
Foto: DPA