Volkswagen VW-Carsharing-Dienst WeShare legt Expansion auf Eis

Bislang nur in Berlin: Der Carsharing-Dienst WeShare von Volkswagen
Foto: VolkswagenDas Corona-Virus hat auch die Expansionspläne des VW-Carsharingdienstes WeShare durcheinander gebracht. "Es werden sich einige der geplanten Städtestarts von diesem ins kommende Jahr verschieben", sagte Hauptgeschäftsführer Philipp Reth im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Welche geplanten Standorte das betreffen wird, soll im dritten Quartal entschieden werden.
"Wir haben ein sehr hohes Maß an Planungsunsicherheit", sagte Reth. "Wenn wir noch mal in harte Lockdown-Szenarien reinrutschen sollten, dann würde das erneut einen ganz erheblichen Einfluss auf das Mobilitätsverhalten in Ballungsräumen haben."
Dienst bislang nur in Berlin - Auslastung steigt offenbar
Das zur VW-Tochter Umi gehörende Unternehmen WeShare war vor einem Jahr mit einem stationsungebundenen Leihwagen-Angebot in Berlin gestartet und hatte im Januar angekündigt, den Dienst künftig in sieben weiteren Städten in Deutschland und Europa aufbauen zu wollen. Dabei handelte es sich um Hamburg, München, Budapest, Prag, Madrid, Paris und Mailand. Die vollelektrischen Autos können die Kunden per App öffnen und an jedem beliebigen Standort innerhalb des Betriebsgebiets abstellen. Nach wie vor gibt es den Dienst bislang nur in der Hauptstadt, wo derzeit rund 1500 Fahrzeuge unterwegs sind.
Auch Clevershuttle, Moia und andere getroffen
Die Corona-Pandemie hat nicht nur die Pläne von WeShare durcheinander gewirbelt. Auch der VW-Elektrobusdienst Moia und Clevershuttle mussten kräftig Federn lassen. In Hamburg fahren die Moia-Busse wieder. Clevershuttle hatte sich schon vor der Corona-Krise aus Hamburg zurückgezogen. Schon im Spätherbst vergangenen Jahres war klar: Dem frühen Hype folgte die Ernüchterung bei den Autobauern und ihren Mobilitätsangeboten. Corona dürfte die Geschäfte der Ridesharing-Anbieter zusätzlich erschwert haben.
Die Corona-Krise sei ein "harter Schlag" hatte Clevershuttle-Chef Ginnuth Ende April gegenüber manager magazin erklärt. Die Pandemie werde den Anbieter , um "ein halbes Jahr oder mehr" zurückwerfen. Mit der Deutschen Bahn und dem japanischen Mischkonzern Mitsui habe man aber starke Partner an der Seite, "die in den Grundfesten nicht an unserem Geschäftsmodell zweifeln". Mazda wiederum hatte seinen Carsharing-Dienst in Deutschland schon im Spätsommer vergangenen Jahres eingestellt. Die Begründung: Es rechnet sich nicht.
Trotz der Unsicherheiten aufgrund der Corona-Pandemie sieht Reth das Carsharing-Modell als Krisengewinner. Zwar sei zunächst aufgrund der Kontaktbeschränkungen auch die Nutzung der eigenen Flotte stark gesunken. "Doch inzwischen liegen die Auslastungswerte sogar über den Werten von vor der Corona-Krise", sagte Reth. Viele Verbraucher hätten sich im Auto sicherer gefühlt als im Öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV).
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Detaillierte Angaben zur Auslastung machte Reth zwar nicht. Doch ist der WeShare-Chef davon überzeugt, dass sich die in Berlin zu beobachtende positive Tendenz nach der Krise fortsetzen werde. Mit dem Begriff Verkehrswende hatten viele Experten vor Corona die Hoffnung verbunden, dass Verbraucher für den Weg zur Arbeit viele alternative Verkehrsangebote nutzen werden: Mit dem Leihrad etwa würden sie zur U-Bahn fahren, um anschließend für die letzten Meter wieder aufs Rad oder einen Tretroller umzusteigen. Städte wie Hamburg oder Berlin haben daher viele Mobilitäts-Angebote auf einer Plattform gebündelt, so dass Verbraucher nicht für jedes neue Verkehrsmittel auf eine andere App umsteigen müssen.
Volkswagen will bei WeShare auch ein Abomodell testen
Reth hält das auch in Zukunft für eine sinnvolle Herangehensweise. "Ich hoffe sehr, dass die Verzahnung von unterschiedlichen Verkehrsträgern langfristig relevant bleibt", sagte er. Doch deute vieles darauf hin, dass die Kunden sich künftig für lediglich ein Verkehrsmittel pro Strecke entscheiden und dieses auch nicht mehrfach wechseln werden. "Die Bereitschaft zum Umstieg sinkt vor allem in Corona-Zeiten immer weiter, weil sich dabei auch stets mehr Menschen begegnen."
Auch das Nutzerverhalten der eigenen Kunden habe sich während der Krise verändert. Vor allem die Nutzungsdauer der Fahrzeuge habe sich verlängert: Kunden liehen die WeShare-Autos inzwischen auch zum Einkaufen. Ab Sommer will das Unternehmen in Berlin deshalb ein Abomodell testen, wie es für Fahrräder bereits von Start-ups wie Swapfiets oder Vanmoof angeboten wird. Die Autos könnten dann für mehrere Wochen oder Monate ausgeliehen werden - und sie könnten die Fahrzeuge auch jederzeit wieder loswerden.