VW-Logo auf einem Werk: Konzernchef Matthias Müller hat noch ein paar hochrangige Management-Posten zu besetzen
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Volkswagen-Konzernchef Matthias Müller und Aufsichtsrat Hans Peter Pötsch haben es eilig: Wenige Tage, nachdem die beiden das neue Vorstandsressort "Recht und Compliance" eingerichtet haben, haben sie auch schon die passende Person für den Job beim Konkurrenten abgeworben.
Daimlers oberste Compliance-Hüterin, Vorstandsfrau Christine Hohmann-Dennhardt, wird zum Januar 2016 den Job als Vorstand für Recht und Compliance bei Volkswagen einnehmen, teilten Daimler und VW am Freitag mit. Die ehemalige Verfassungsrichterin Hohmann-Dennhardt hatte Daimler dabei unterstützt, die Folgen des Schmiergeldskandals in den USA zu bewältigen.
Bei dem Krisentreffen am Donnerstag in Leipzig hatten Müller und VW-Markenvorstand Herbert Diess die 400 wichtigsten Manager des Autokonzerns über die Folgen des Abgasskandals informiert. Bei dem Treffen schwor Müller seine Topleute auch auf eine neue Führungskultur ein: Er will ihnen mehr Eigenverantwortung und Unabhängigkeit geben.
Für einige VW-Manager war das Treffen aber nicht nur Krisensitzung und Neuanfang, sondern auch Schaulaufen. Die Zusammenkunft in Leipzig könnte so manche Konzernkarriere befördern, denn bei dem Autohersteller sind - auch wenn das Ressort für Recht und Integrität nun besetzt ist - noch weitere hochrangige Posten vakant.
In den vergangenen Wochen hat der 12-Marken-Konzern personell kräftig umgerührt - und einige erfahrene Manager auf neue Posten bei anderen Marken verschoben. Deren bisherige Positionen sind teils noch nicht nachbesetzt. Als Folge des Skandals sind auch komplett neue Vorstandsressorts denkbar.
Der Überblick zeigt, welche Vorstandsposten im 12-Marken-Reich von Volkswagen noch nicht nachbesetzt sind, was Manager erwartet - und was Kandidaten für den Job mitbringen sollten.
Nordamerika-Chef
VW-Autos bei einem US-Händler: Die Sanierung des Nordamerika-Geschäfts wird nach Dieselgate ein Knochenjob
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Nach dem Abgas-Skandal will Volkswagen sein Nordamerika-Geschäft wiederbeleben - mit Hilfe eines Extra-Konzernverantwortlichen. Für diesen Job gab es bis vor kurzem einen designierten Kandidaten: Den bisherigen Skoda-Chef Winfried Vahland. Doch der tritt den Posten als Konzernverantwortlicher für die Regionen USA, Mexiko und Kanada doch nicht an und verlässt Volkswagen - nach 25 Jahren im Konzern. Vahland hätte am 1. November in die USA wechseln sollen.
Nun braucht die VW-Konzernführung dringend einen erfahrenen und durchsetzungskräftigen Manager. Der neue Nordamerika-Chef muss Volkswagens Ausrichtung und bisherige Strategie in der Region kräftig umzukrempeln, zügig für neue Modelle zu sorgen, die Leute vor Ort wieder zu motivieren und die unselige US-Kampagne für Clean Diesel schnell vergessen zu machen. Und das alles in kurzer Zeit, versteht sich.
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Neue Modellpolitik nach Abgasskandal: Mit diesen Autos will Volkswagen jetzt sauber werden
Bewerber starten bereits auf höherer Managementebene, sind jedoch dem VW-Markenchef Herbert Diess unterstellt. Ein echter Vorstandsposten ist es also nicht - was auch ein Grund für Vahlands Absprung gewesen sein soll. Kandidaten können aber davon träumen, wie China-Vorstand Jochem Heizmann in den VW-Konzernvorstand aufgenommen zu werden.
Entwicklungsvorstand der Marke VW
VW-Entwicklungschef Heinz-Jakob Neußer ist derzeit beurlaubt - der Konzern sucht dringend nach einem Nachfolger
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Der bisherige Inhaber dieses prestigeträchtigen Postens, Heinz-Jakob Neußer, ist im Sog des Abgasskandals auf unbestimmte Zeit beurlaubt worden. Er soll 2011 einen Hinweis eines Motorentechnikers auf illegale Vorgangsweisen nicht ernst genommen haben, hieß es in Berichten. Damals war Neußer Chef der konzernweiten Motorenentwicklung.
Eine Rückkehr von Neußer ist so gut wie ausgeschlossen. Als Nachfolger wird Skoda-Entwicklungsvorstand Frank Welsch gehandelt - eine offizielle Bestätigung gibt es dafür nicht. VW-Insidern bleibt also noch etwas Zeit zum Taktieren. Der oberste VW-Entwickler muss in den kommenden Monaten intern aufräumen und dafür sorgen, dass sämtliche Motoren des Konzerns von der Schummelsoftware zur Manipulation von Abgastests befreit werden.
Zudem muss er intern einige teure Systeme zur Nachbehandlung von Diesel-Abgasen durchdrücken. Dieselmotoren in Kleinwagen werden sich für Volkswagen so kaum noch rechnen, Plugin-Hybride sind in dieser Preisklasse wohl ebenfalls zu teuer. Der Chefentwickler muss dazu Alternativen finden - und diese im VW-Markenvorstand auch den auf Kosten bedachten Produktions- und Beschaffungschefs schmackhaft machen.
Audi-Technikvorstand
Auch Audis Obertechniker Ulrich Hackenberg wurde im Zuge der Abgasaffäre beurlaubt - einen offiziellen Nachfolger
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Ulrich Hackenberg war bis vor wenigen Wochen einer der wichtigsten Ingenieure bei Volkswagen - als VW-Obertechniker entwickelte er die kostensparende Baukasten-Bauweise MQB, seit 2013 sollte er die Volkswagen-Nobeltochter Audi wieder auf Kurs bringen. Doch wegen der Abgasaffäre musste auch Hackenberg einen unbefristeten Urlaub antreten. Hackenberg bestreitet, dass er von den Manipulationen wusste. Dennoch stehen seine Rückkehr-Chancen wohl eher schlecht.
Noch gibt es kaum Hinweise darauf, wer Hackenberg nachfolgen soll. Sein Audi-Posten war in den vergangenen Jahren jedoch keine sichere Bank. Hackenberg war der dritte Technik-Chefentwickler in drei Jahren. Die Ringe-Marke fuhr in den letzten Jahren technisch nicht mehr vorneweg. Hackenberg war dabei, das zu ändern - unter anderem mit reichweitenstarken E-Antrieben.
Hackenbergs Nachfolger muss es schaffen, diesen Schwung aufrecht zu erhalten und die durchaus eigensinnige Audi-Entwicklermannschaft im Zaum zu halten. Notwendig für den Job ist, das zeigte manche Fehlbesetzung der Vergangenheit, ein Audi-Stallgeruch: Längere Stationen als Ingenieur im Audi-Entwicklungszentrum ist quasi Grundvoraussetzung. Gut, dass es im Volkswagen-Konzern einige Manager mit solcher Erfahrung gibt.
Chef der Volkswagen-Finanztochter
VWs Finanztochter steht derzeit ohne Spitzenmann da - der CEO von Volkswagen Financial Services, Frank Witter (im Bild), ist nun Finanzvorstand des VW-Konzerns
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Auch in Braunschweig ist ein hochrangiger Posten vakant - bei Volkswagen Financial Services, der europaweit größten Auto-Bank. Frank Witter, der bisherige Vorstandsvorsitzende von VWs Finanzdienstleistungstochter, ist seit einer Woche Finanzchef des gesamten VW-Konzerns. Zu seinem Nachfolge an der Spitze von Volkswagen Financial Services noch keine offizielle Verlautbarung.
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Flughafen Braunschweig: Airport des Grauens für Winterkorn und Piëch
Die Finanz- und Leasingsparte des Volkswagen-Konzerns mag in der Öffentlichkeit weniger bekannt sein - ein kleiner Fisch ist sie nicht: Sie beschäftigt weltweit rund 12.000 Mitarbeiter, im Jahr 2014 kam sie auf ein operatives Ergebnis von 1,7 Milliarden Euro. Damit steuerte sie rund ein Siebtel zum Volkswagen-Konzerngewinn von 11,4 Milliarden Euro bei.
Als Nachfolger Witters kommen Finanzspezialisten in Frage - die eher krisenfest sein sollten. Denn der Abgasskandal trifft auch die Volkswagen-Finanzierer. Wenn Volkswagen wegen der Abgas-Manipulationen weniger Autos verkauft, leidet darunter auch das Ergebnis der Bank. Vorsorglich hat die Banktochter bis Jahresende deshalb einen Einstellungsstopp verhängt. Unklar ist zudem, ob der Bank kräftige Wertverluste beim Wiederverkauf von verleasten Fahrzeugen drohen, die VWs Schummelsoftware an Bord haben. Der neue Chef wird also zu Amtsantritt gleich einige Finanzbaustellen vor sich haben.
Personalchef des Volkswagen-Konzerns
Ende des Jahres geht Volkswagens Personalvorstand Horst Neumann in den Ruhestand - einen Nachfolger will der Konzern erst im November benennen
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Das ist eine Personalie, die ausnahmsweise mal nichts mit dem Abgasskandal zu tun hat: Horst Neumann, Personalvorstand des Volkswagen-Konzerns, geht Ende des Jahres in den Ruhestand. Das ist bereits seit Monaten klar, ebensolange gibt es Gerüchte um seine Nachfolge. Ein möglicher, wenn auch nicht allzu wahrscheinlicher Kandidat ist VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh, wie manager magazin im Mai berichtete.
Über Neumanns Nachfolge soll im November entschieden werden, einen einfachen Job wird aber neuen VW-Oberpersonaler nicht haben. Denn er ist für 600.000 Mitarbeiter verantwortlich. Der Abgasskandal beschert den Wolfsburgern nicht nur ein deutlich verschärftes Sparprogramm bei ihrer Kernmarke, mittelfristig könnte sich der Konzern auch von Mitarbeitern trennen. Der mächtige VW-Konzernbetriebsrat wird alles dafür tun, dass die vielen Jobs in Deutschland gesichert bleiben - Konflikte mit dem Personalchef sind da vorprogrammiert.
9 BilderNeue Modellpolitik nach Abgasskandal: Mit diesen Autos will Volkswagen jetzt sauber werden
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Neues Vorzeige-Luxusmodell: Der VW Phaeton wird elektrisch. Schließlich, so Volkswagen, verkörpert der Wagen "seit der ersten Generation die technologische Kompetenz und den Markenanspruch von Volkswagen". Vulgo: Batteriefahrzeuge werden bei dem Autohersteller deutlich an Bedeutung gewinnen.
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Und so will Volkswagen auch mehr Langstrecken-Elektroautos bauen: Die Wagen sollen auf eine Reichweite von 250 bis 500 Kilometer kommen - wie der schon auf der IAA vorgestellte Audi E-tron Quattro Concept (Foto).
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Dazu konfiguriert Volkswagen den Modularen Querbaukasten neu. Er soll es auch ermöglichen, Plugin-Hybride mit größerer Reichweite herzustellen.
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Auch der Diesel hat eine Zukunft bei Volkswagen, aber er soll sauber werden. Nur noch die beste Abgastechnik soll zum Einsatz kommen...
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... und die heißt laut VW-Markenchef Herbert Diess Adblue. Künftig sollen alle Selbstzünder mit Harnstoff betankt werden - damit Stickoxide besser herausgefiltert werden. Dies dürfte die Kosten der Dieselautos deutlich erhöhen - fraglich erscheint deshalb, ob Modelle wie der Polo künftig überhaupt noch mit Diesel erhältlich sein werden.
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Bei den Benzinern will Volkswagen auch besser werden - und dazu die TSI-Technik optimieren. Schon heute ist ein Verbrauch von deutlich unter vier Litern auf 100 Kilometern möglich - zumindest auf dem Prüfstand. Vor allem aber stoßen Benziner weniger Schadstoffe wie Stickoxide aus.
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Ein kleines Comeback könnten Erdgasantriebe feiern - auch diese Antriebsart hat sich Diess auf die Fahnen geschrieben. Die Erdgasmotoren verursachen fast keine Schadstoffe und sind sparsam.
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Sauberer könnten die Autos auch durch das so genannte 48-Volt-Bordnetz werden. Es handelt sich dabei um eine schwache Form des Hybridantriebs, bei dem unter anderem der Turbolader elektrisch unterstützt wird.
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Bemerkenswert: Keine große Rolle spielt in Volkswagens Säuberungsplänen der klassische Vollhybridantrieb, wie ihn Toyota im Prius und in anderen Autos verwendet. Der VW Jetta wird wohl der einzige VW-Vollhybrid bleiben. Damit bestätigt sich ein Trend, über den manager-magazin.de bereits vor der VW-Krise berichtet hatte.
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Neues Vorzeige-Luxusmodell: Der VW Phaeton wird elektrisch. Schließlich, so Volkswagen, verkörpert der Wagen "seit der ersten Generation die technologische Kompetenz und den Markenanspruch von Volkswagen". Vulgo: Batteriefahrzeuge werden bei dem Autohersteller deutlich an Bedeutung gewinnen.
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VW-Entwicklungschef Heinz-Jakob Neußer ist derzeit beurlaubt - der Konzern sucht dringend nach einem Nachfolger
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Auch Audis Obertechniker Ulrich Hackenberg wurde im Zuge der Abgasaffäre beurlaubt - einen offiziellen Nachfolger
18 BilderFlughafen Braunschweig: Airport des Grauens für Winterkorn und Piëch
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Flughafen Braunschweig: Ab 1935 wollte die Lufthansa hier eines ihrer wichtigsten Drehkreuze bauen. Heute ist der Airport fest in der Hand von Geschäftsleuten - vor allem von Volkswagen.
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Tagsüber beobachten Rentner das Schaulaufen der Business-Jets - früher kamen hier Tausende zu Flugtagen.
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Doch dank Volkswagen und anderer Kunden wächst der Flughafen: Vor drei Jahren wurde die verlängerte Landebahn eingeweiht. Konzernchef Martin Winterkorn verfolgte die Baufortschritte in der ersten Reihe. (Ausriss aus der Flughafen-Chronik; Feier zum Abschluss der Tiefbauarbeiten.)
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Doch bei der Abfertigung hapert es: Sportpiloten müssen durch einen Container, Passagiere drängen sich im alten Hauptgebäude.
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Die wichtigsten Ziele sind zugleich bedeutende VW-Standorte. Von Prag fahren Manager und Techniker weiter nach Mlada Boleslav, wo die Konzerntochter Skoda ihren Hauptsitz hat. In Posen stellt Volkswagen Nutzfahrzeuge her, in Ingolstadt sitzt Audi.
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In der Abflughalle erinnert wenig an die alte Zeit - dazu gehört der historische Lufthansa-Kranich.
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Die Nationalsozialisten planten den Braunschweiger Flughafen auch als Militärstandort. Seine Bedeutung für Volkswagen erlangte er erst später.
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Die Flugbegeisterung der Deutschen kannte vor dem Krieg kaum Grenzen. Eine "Dietrich" bei einer Flugschau in Berlin, wie sie auch in Braunschweig zu sehen war.
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1956 landete das erste Luftschiff in Braunschweig.
Foto: Flughafen Braunschweig
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Heute bestimmen die Autohersteller den Flugplan.
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Auf der Restaurant-Terrasse lässt sich die alte Flughafen-Zeit nachfühlen.
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Wo es früher bei Bällen hoch her ging,...
Foto: Flughafen Braunschweig
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...finden heute gelegentlich noch Tagungen statt.
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"Schnell hin, schnell weg" - das ist die Stärke des Braunschweiger Flughafens, findet Geschäftsführer Boris Gelfert.
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Westlich vom Hauptgebäude beginnt eine Parallelwelt: Dort schafft sich der Volkswagen Air Service ein eigenes Reich für 84 Angestellte.
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Das Gelände ist gegen neugierige Blicke geschützt.
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Kein Wunder, finden im Verwaltungstrakt doch mitunter streng geheime Sitzungen statt. Auf einer von ihnen wurde Konzernchef Martin Winterkorn zum Rücktritt gedrängt.
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Der Flughafen gewinnt für Volkswagen an Bedeutung: Das Autokonzern baut seine Anlagen gerade deutlich aus.
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Ende des Jahres geht Volkswagens Personalvorstand Horst Neumann in den Ruhestand - einen Nachfolger will der Konzern erst im November benennen