VW-Markenchef Diess (li), VW-Betriebsratschef Osterloh (re): Starke atmosphärische Spannungen
Foto: Peter Steffen/ dpaBei Volkswagen (Kurswerte anzeigen), so das Bonmot von Patriarch Ferdinand Piëch, geht nichts ohne das Plazet des mächtigen Betriebsrats.
Aktuell bekommt das VW-Markenchef Herbert Diess zu spüren. Sein Auftrag: Rendite und Ruf des Volkswagen-Kerngeschäfts aufpolieren. Nur hakt es dabei offensichtlich an Harmonie mit Betriebsratschef Bernd Osterloh.
Nach Informationen des SPIEGEL soll Diess dem mächtigen Betriebsratschef den Rücktritt angeboten haben, den Osterloh abgelehnt hat. Zuvor hatten die Betriebsräte in einem Brief an die Belegschaft harte Vorwürfe gegen Diess erhoben. Sie hätten den Verdacht, dass der Diesel-Skandal dazu genutzt werden soll, Arbeitplätze abzubauen. Das sei aber "bis vor wenigen Monaten kein Thema" gewesen.
Trotz des Neins von Osterloh zu Diess' Rücktritts-Angebot ist der Konflikt nicht vom Tisch. Am kommenden Montag trifft sich das Präsidium des VW-Aufsichtsrates. Die VW-Mehrheitseigentümer, die Familien Porsche und Piëch, sollen gegen Diess Abberufung sein - und wollen Betriebsrat und Diess dazu auffordern, im Stillen über einen möglichen Abbau von Arbeitsplätzen zu verhandeln.
VW-Betriebsratschef Osterloh kritisiert VW-Sanierer Diess immer deutlicher
Foto: Julian Stratenschulte/ dpaMitte November schien es noch, als wolle VW-Markenchef Herbert Diess einen Sanierungskurs mit Samthandschuhen fahren: Er gab damals ein gemeinsames Interview mit VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh - und versprach, dass er die VW-Stammbelegschaft schonen werde. Das sah nach Konsens-Konzernumbau aus, zumal damals von den VW-Kommunikatoren gestreut wurde, dass sich Diess und Osterloh gegenseitig schätzen.
Noch im Januar lobte Osterloh, dass Diess inhaltlich viele richtige Themen setze. Doch eine Warnung hatte Osterloh schon damals parat: Beim "Mitnehmen der Menschen muss er dazulernen", sagte er über Diess. Ende Januar stellte Diess in einem Mitarbeiter-Magazin seinen Zwölf-Punkte-Plan für die Neuausrichtung von VW vor, mit der er die Kernmarke effizienter machen will. Damals kritisierte Osterloh öffentlich, dass vieles daran nicht zu Ende gedacht sei - und verschärfte bald den Ton gegen Diess. Im nicht öffentlichen Teil der jüngsten Betriebsversammlung soll Osterloh kritisiert haben, dass Diess über VW zu wenig Bescheid wisse.
Zudem hat er dessen Pläne, die Marke VW in vier Baureihen zu unterteilen, als unausgegoren dargestellt. Als vor anderthalb Wochen bekannt wurde, dass VW bis zu 4000 Stellen unter anderem in der Verwaltung streichen will, warf Osterloh dem VW-Markenchef ein Handeln nach Gutsherrenart vor.
Vor kurzem haben die Betriebsrate in einem Brief an die Belegschaft nun noch einmal nachgelegt: Sie hätten den Eindruck, dass der Diesel-Skandal "hinterrücks" für Personalkürzungen genutzt werden solle, die bis vor wenigen Monaten kein Thema waren. Laut Informationen des SPIEGEL hat Diess Osterloh deshalb die Vertrauensfrage gestellt, Osterloh hat den Rücktritt abgelehnt.
In dem Konflikt hilft dem Betriebsrat sicherlich auch, dass jüngst die Forderung der VW-Topmanager öffentlich wurde, ihre Boni in voller Höhe zu bekommen.
Es gibt also auch neben dem Abgas-Skandal reichlich Aufräumarbeiten für Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch.
Volkswagen kann die Abgasaffäre noch lange nicht abhaken: Nun ist mit VW-Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch ausgerechnet der oberste Kontrolleur des Konzerns ins Visier der Ermittler geraten. Der frühere Finanzchef steht im Verdacht der Marktmanipulation. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig ermittelt deshalb gegen Pötsch, wie Volkswagen am 6.11.2016 mitteilte.
Bereits gegen Ex-VW-Boss Martin Winterkorn (li.) und den amtierenden VW-Markenchef Herbert Diess (re.) läuft ein Ermittlungsverfahren. Gegen die Manager liegt ein Anfangsverdacht vor, die Finanzwelt zu spät über den Abgas-Skandal informiert und so wichtige Informationen für Anleger unterdrückt zu haben. Bei Pötsch beziehe sich das Ermittlungsverfahren auf die Zeit, als er Finanzvorstand war, teilte VW mit.
Warum erst jetzt gegen Pötsch ermittelt wird, blieb zunächst unklar. Als damaliger Finanzchef war er maßgeblich für die Kommunikation mit den Anlegern zuständig. Bereits im März 2016 beauftragte der VW-Aufsichtsrat die Kanzlei Gleiss Lutz damit, die Rolle von Pötsch bei der Entstehung des Abgasskandals zu untersuchen. Ein solcher "Eignungstest" für den amtierenden, eigenen Chef ist in Aufsichtsräten ungewöhnlich.
Pötsch leitete VWs Finanzressort zwölf Jahre lang - von September 2003 bis Oktober 2015. Die Untersuchungen der Kanzlei dauern offenbar noch an, dazu kommen nun die Ermittlungen der Staatsanwälte. Aktionärsvertreter begrüßten die Entwicklung. Die VW-Eigentümerfamilien ließen wissen, dass sie "uneingeschränkt hinter Herrn Pötsch" stehen.
Niedersachsens Ministerpräsident und VW-Aufsichtsrat Stephan Weil (im Bild) warnte derweil vor voreiligen Schlüssen. Dennoch erhöhen die Ermittlungen den Druck auf Pötsch. Der Konzern sei weiter der Auffassung, dass der Vorstand den Kapitalmarkt ordnungsgemäß informiert habe, verlautete Volkswagen.
Falls Pötsch im Zuge der Untersuchungen zurücktreten müsste, würde das zu erheblichen Spannungen führen zwischen den wichtigsten VW-Eigentümern, den Familien Porsche und Piëch sowie dem Land Niedersachsen. Denn die Eigentümer hatten sich nach langem Ringen auf Pötsch als Aufsichtsratschef geeinigt, nachdem Ferdinand Piëch im April 2015 zurücktreten musste ...
... interimistisch leitete der ehemalige IG-Metall-Chef Berthold Huber (im Bild) das Gremium. Für Pötsch sprach wohl seine langjährige Erfahrung im VW-Konzern - und noch einiges anderes. Der 64-jährige Wirtschaftsingenieur agierte jahrelang als rechte Hand des damaligen VW-Chefs Martin Winterkorn (im Bild links) und war einer der mächtigsten Männer im VW-Riesenreich.
Der 1951 geborene Wirtschaftsingenieur agierte jahrelang als rechte Hand des damaligen VW-Chefs Martin Winterkorn (im Bild links) und war einer der mächtigsten Männer im VW-Riesenreich. Im Gegensatz zu Winterkorn war der laute Auftritt nicht die Sache des hochgewachsenen, hageren Managers - der Zahlenmann gab sich lieber nüchtern und zurückhaltend.
Taktisch gewieft zeigte sich Pötsch bei seinem Meisterstück, der reibungslosen Integration von Porsche in den Volkswagen-Konzern. Dabei reihte er den Sportwagenbauer steuersparend in das VW-Riesenreich ein - und vermehrte gleichzeitig das Vermögen der Eigentümerfamilien Porsche und Piëch nach dem verpfuschten Porsche-Angriff auf VW.
Den durch das Finanzierungchaos aufgehäuften Schuldenberg von fast 12 Milliarden Euro trug er geschickt ab, die Familienholding der Porsches und Piëchs ist heute wieder höchst liquide. In seiner Zeit bei VW managte er auch noch die Übernahme von MAN elegant und reibungslos. Dabei kam ihm auch die operative Erfahrung zugute, die er ...
... als Chef der Maschinenbaufirmen Traub und Dürr in den 1990er-Jahren sammelte. Finanzielle Risiken ging er als VW-Finanzvorstand kaum ein, er stand für eine konservative Liquiditätssteuerung. Diese Verdienste des gebürtigen Österreichers und seine ruhige Art schätzt auch der geschasste VW-Patriarch Piëch (im Bild), dessen Vertrauen Pötsch schon seit längerem hat.
Bei aufgebrachten Aktionäre entschuldigte sich Pötsch zuletzt bei der Hauptversammlung Ende Juni. Es sei nun die wichtigste Aufgabe, das verlorene Vertrauen zurückzugewinnen, sagte er damals. Zugleich verteidigte er den umstrittenen Zeitpunkt der Veröffentlichung für das Manipulations-Eingeständnis an die amerikanische Umweltbehörde EPA. "Wir haben die Vorwürfe gleich öffentlich gemacht", erklärte er in Hannover. Das ...
... sehen Staatsanwälte vermutlich etwas anders, sonst würden sie nicht gegen ihn ermitteln. Bereits bei Pötschs Berufung in den VW-Aufsichtsrat im Oktober 2015 fragten Kritiker laut, ob er der richtige Mann für die Aufklärung der Abgasaffäre sei. Zu der Zeit, als die Software-Manipulationen ruchbar wurden, war Pötsch als Finanzvorstand in alle wichtigen Entscheidungen involviert. Diese Problematik holt ihn jetzt ein - mit ungewissem Ausgang.
mit Material von dpa
Volkswagen kann die Abgasaffäre noch lange nicht abhaken: Nun ist mit VW-Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch ausgerechnet der oberste Kontrolleur des Konzerns ins Visier der Ermittler geraten. Der frühere Finanzchef steht im Verdacht der Marktmanipulation. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig ermittelt deshalb gegen Pötsch, wie Volkswagen am 6.11.2016 mitteilte.
Foto: Kay Nietfeld/ picture alliance / dpaBereits gegen Ex-VW-Boss Martin Winterkorn (li.) und den amtierenden VW-Markenchef Herbert Diess (re.) läuft ein Ermittlungsverfahren. Gegen die Manager liegt ein Anfangsverdacht vor, die Finanzwelt zu spät über den Abgas-Skandal informiert und so wichtige Informationen für Anleger unterdrückt zu haben. Bei Pötsch beziehe sich das Ermittlungsverfahren auf die Zeit, als er Finanzvorstand war, teilte VW mit.
Foto: Jens Meyer/ AP/dpaWarum erst jetzt gegen Pötsch ermittelt wird, blieb zunächst unklar. Als damaliger Finanzchef war er maßgeblich für die Kommunikation mit den Anlegern zuständig. Bereits im März 2016 beauftragte der VW-Aufsichtsrat die Kanzlei Gleiss Lutz damit, die Rolle von Pötsch bei der Entstehung des Abgasskandals zu untersuchen. Ein solcher "Eignungstest" für den amtierenden, eigenen Chef ist in Aufsichtsräten ungewöhnlich.
Foto: DPAFalls Pötsch im Zuge der Untersuchungen zurücktreten müsste, würde das zu erheblichen Spannungen führen zwischen den wichtigsten VW-Eigentümern, den Familien Porsche und Piëch sowie dem Land Niedersachsen. Denn die Eigentümer hatten sich nach langem Ringen auf Pötsch als Aufsichtsratschef geeinigt, nachdem Ferdinand Piëch im April 2015 zurücktreten musste ...
Foto: CARL RECINE/ REUTERSDen durch das Finanzierungchaos aufgehäuften Schuldenberg von fast 12 Milliarden Euro trug er geschickt ab, die Familienholding der Porsches und Piëchs ist heute wieder höchst liquide. In seiner Zeit bei VW managte er auch noch die Übernahme von MAN elegant und reibungslos. Dabei kam ihm auch die operative Erfahrung zugute, die er ...
Foto: Getty ImagesBei aufgebrachten Aktionäre entschuldigte sich Pötsch zuletzt bei der Hauptversammlung Ende Juni. Es sei nun die wichtigste Aufgabe, das verlorene Vertrauen zurückzugewinnen, sagte er damals. Zugleich verteidigte er den umstrittenen Zeitpunkt der Veröffentlichung für das Manipulations-Eingeständnis an die amerikanische Umweltbehörde EPA. "Wir haben die Vorwürfe gleich öffentlich gemacht", erklärte er in Hannover. Das ...
Foto: DPA... sehen Staatsanwälte vermutlich etwas anders, sonst würden sie nicht gegen ihn ermitteln. Bereits bei Pötschs Berufung in den VW-Aufsichtsrat im Oktober 2015 fragten Kritiker laut, ob er der richtige Mann für die Aufklärung der Abgasaffäre sei. Zu der Zeit, als die Software-Manipulationen ruchbar wurden, war Pötsch als Finanzvorstand in alle wichtigen Entscheidungen involviert. Diese Problematik holt ihn jetzt ein - mit ungewissem Ausgang.
mit Material von dpa