Stefan Sommer als ZF-Vorstandschef (Archivaufnahme, 2016)
Foto: picture alliance / dpaDer Volkswagen-Konzern hat einem Zeitungsbericht zufolge einen neuen Einkaufschef gefunden. Der frühere ZF-Vorstandsvorsitzende Stefan Sommer solle zum Jahreswechsel das vakante Vorstandsressort in Wolfsburg übernehmen, berichtete das "Handelsblatt" am Montag unter Berufung auf Konzernkreise.
Auf einem Treffen des Aufsichtsrats des VW-Konzerns am Montagabend solle die Berufung von Sommer offiziell beschlossen werden. Sommer werde Nachfolger von Francisco Garcia Sanz, der bereits im Zuge des großen Konzernumbaus bei Volkswagen im April ausgeschieden war. Von VW war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten.
Sommer war im Dezember wegen eines Streits mit seinem wichtigsten Eigentümervertreter - dem Bürgermeister der Stadt Friedrichshafen - bei ZF ausgeschieden. Der 55 Jahre alte Sommer hatte aus dem vergleichsweise kleinen Automobilzulieferer einen Konzern mit weltweiter Präsenz geschaffen, zuletzt mit der Übernahme des Konkurrenten TRW.
Die Zwangspause für 30.000 VW-Mitarbeiter ist bald vorüber: Nach 19-stündigen Verhandlungen haben sich der VW-Konzern und Vertreter der beiden Zulieferer ES Automobilguss und Car Trim geeinigt. Damit kann die kurzfristig gestoppte Golf- und Passatproduktion bald wieder aufgenommen werden. In dem Streit ging es um kurzfristig gekündigte Lieferverträge und hohe Entschädigungszahlungen - beide Seiten landeten vor Gericht. Der Fall zeigt ...
... wie rau der Ton zwischen Zuliefern und Autokonzernen werden kann. Zufall? Nicht ganz, denn in der Branche harte Spielregeln, und das nicht erst seit gestern. Bei VW hat das Kostendrücken seit 1993 System ...
... damals heuerte der damalige VW-Konzernchef Ferdinand Piëch den Spanier José Ignacio López de Arriortúa (im Bild) als neuen Vorstand für Beschaffung an. Lopéz lief direkt von General Motors zu den Wolfsburgern über, er hatte einen wenig schmeichelhaften Spitznamen: "Würger aus dem Baskenland" wurde López genannt - wegen seines Faibles für kräftige Kostensenkungen.
López setzte den VW-Zulieferern bald mit bis dahin unbekannter Härte zu. So setzte er bei seinen Lieferanten schriftlich die Einkaufspreise auf fünf Jahre fest, jedes Jahr mussten sie um ein paar Prozentpunkte sinken. Der streng gläubige Katholik nannte seine Gefolgsleute, erkennbar an der am rechten Handgelenk getragenen Uhr, seine "Krieger".
Sein Credo, so berichtete der Spiegel einst, sei "Wer sich aufregt, ist ein Verlierer". Bei Opel senkte López die Kosten zwar deutlich, doch im gleichen Maß sank auch die Qualität der Autos. Bei VW war dieser "López-Effekt" weniger ausgeprägt. Wohl auch deshalb, weil sich López ...
... bei VW nicht allzu lange im Amt halten konnte. Denn bei seinem Abgang von General Motors hatte er kistenweise geheime Unterlagen mitgenommen. Das brachte ihm einen langen Gerichtsstreit mit seinem früheren Arbeitgeber samt Industriespionage-Vorwürfen ein. VW-Chef Piëch (im Bild rechts) attestierte seinem Vorstand gleich zu Anfang "traumhafte Rationalisierung-Ergebnisse vor allem im Inneren" ...
... und die konnte VW damals gut gebrauchen: Denn Anfang der 1990er-Jahre schrieb der Autohersteller hohe Verluste. Der "Kostenkiller" Lopez half dabei, VW zurück in die schwarzen Zahlen zu bringen. Und bei den Arbeitern war López nicht einmal unbeliebt. Denn seine Methode beruhte auch darauf, dass die Beschäftigten die Rationalisierungen maßgeblich selbst mit ausarbeiten.
Dennoch: Der jahrelange Rechtsstreit zwischen GM und VW kostete López im Jahr 1996 letztlich seinen VW-Vorstandsposten. Sein Nachfolger wurde einer jener sieben Mitarbeiter, die Lopez 1993 von GM mitgebracht hatte ...
... der in Madrid geborene, aber in Deutschland aufgewachsene Francisco Javier Garcia Sanz. Der hütete sich vor allzu großen Tönen. Schließlich hatte er bei seinem Antritt als Beschaffungsvorstand der Marke VW schlechte Presse. Denn es kam heraus, dass er in seiner Zeit bei GM sein Haus vom damaligen Opel-Lieferanten Hochtief zum Nulltarif hatte renovieren lassen.
Im Jahr 2001 rückte Garcia Sanz dann in den Vorstand des Volkswagen-Konzerns auf, begleitet von Vorwürfen um undurchsichtige gemeinsame Geschäfte mit einem Eventmanager, den er noch aus Schulzeiten kannte. Doch bis heute sitzt Sanz im VW-Konzernvorstand ...
... und hält sich raus aus Interviews mit überregionalen Medien. Im Jahr 2006 sprach er einmal mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung ¿ wo er sein Einkaufssystem gegen Bestechlichkeitsvorwürfe verteidigte. Zudem kündigte er an, die Materialkosten des Konzerns innerhalb von zwei Jahren um fünf Milliarden Euro senken zu wollen.
Brutales Feilschen um billigere Preise bei Zulieferern? Alles eine Frage der Perspektive. "Gedrückt gar nicht, wir haben sie optimiert", antwortete Garcia Sanz auf die Frage, ob er die Zuliefererpreise brutal gesenkt habe. "Dass einige Zulieferer in Wolfsburg Probleme haben, ist nicht die Schuld von Volkswagen", sagte er 2006. Wenn sie nicht mehr so wettbewerbsfähig wären, hätten sie eben strukturelle Probleme.
Kein Wunder also, dass Sanz in der Branche ebenfalls als knallharter Einkäufer gilt und bei den Lieferanten gefürchtet ist. Seit Juni 2009 ist Garcia Sanz Aufsichtsratschef des Fußballvereins VfL Wolfsburg - und auch dabei nach einer kleinen Durststrecke ziemlich erfolgreich. Die Wolfsburger holten 2015 den DFB-Pokalsieg ...
... und da zeigte sich Garcia Sanz in einem Interview auch mal emotional: Er habe in der Kabine getanzt, erklärte er. "Die Jungs hatten so super Musik, da ging richtig der Punk ab", schwärmte der Vorstand. Da gerät schon mal in Vergessenheit, dass VW vor vier Jahren zwei Millionen Euro Bußgeld zahlte, weil die Auftragsvergabe an Zulieferer wohl auch an deren Sponsoring des VfL gekoppelt war.
... und die konnte VW damals gut gebrauchen: Denn Anfang der 1990er-Jahre schrieb der Autohersteller hohe Verluste. Der "Kostenkiller" Lopez half dabei, VW zurück in die schwarzen Zahlen zu bringen. Und bei den Arbeitern war López nicht einmal unbeliebt. Denn seine Methode beruhte auch darauf, dass die Beschäftigten die Rationalisierungen maßgeblich selbst mit ausarbeiten.
Foto: Julian Stratenschulte/ picture alliance / dpa