Brisante Studie in Volkswagen-Abgasaffäre Forscher rechnen VW 60 Tote durch Abgas-Skandal zu

Auspuff eines VW Passat: In den USA sollen VW-Dieselautos 36.700 Tonnen mehr Stickoxide produziert haben als erlaubt, meinen Forscher
Foto: DPA

Auspuff eines VW Passat: In den USA sollen VW-Dieselautos 36.700 Tonnen mehr Stickoxide produziert haben als erlaubt, meinen Forscher
Foto: DPANoch sei es für Volkswagen zu früh, um die finanziellen Folgen des Skandals um manipulierte Abgaswerte einigermaßen abschätzen zu können, erklärte Konzernchef Matthias Müller vor kurzem. Für den Rückruf von 11 Millionen Fahrzeugen hat Volkswagen 6,7 Milliarden Euro zurückgelegt, doch die Höhe möglicher Schadenersatzforderungen und Strafzahlungen an Behörden kann Volkswagen noch nicht beziffern.
Nun gibt eine Studie aber einen ersten Fingerzeig, auf welche Argumente und Zahlen sich der Volkswagen-Konzern in den USA einstellen muss. Wissenschaftler vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) und der Universität Harvard haben hochgerechnet, wie viele Menschen wohl durch Stickoxide gestorben sind, die manipulierte VW-Dieselmotoren im Alltagsbetrieb in die Luft blasen.
Die Forscher kommen auf rund 60 vorzeitige Todesfälle bis Ende 2016, wie sie in der Fachpublikation "Environmental Research Letters" berichtet. Diese Zahl gilt aber nur dann, wenn Volkswagen in den USA im kommenden Jahr alle 482.000 betroffenen VW-Dieselfahrzeuge zurückruft und mit einer wirksamen Abgasreinigung ausrüstet. Verzichtet VW auf einen US-Rückruf, kommen laut den Forschern nochmal bis zu 140 vorzeitige Todesfälle dazu.
Mit solchen Zahlen bekommt die VW-Abgasaffäre eine andere Tragweite. Volkswagen hat bislang zugegeben, dass einer seiner Dieselmotoren-Typen die Stickoxid-Grenzwerte nur auf dem Prüfstand einhält. Eine Software erkennt, wenn ein Auto auf dem Prüfstand steht und aktiviert nur dann die vollständige Abgasreinigung. Im Alltagsbetrieb stoßen die Autos aber bis zu 40-mal mehr Stickoxide aus als bei den offiziellen Emissionstests.
Bislang lief das unter Kundenbetrug - doch nun rückt eine wissenschaftliche Studie renommierter Universitäten den Volkswagen-Konzern in die Nähe von Todesfällen, die der Autokonzern direkt verursacht hat. Und das dürfte bei der Bemessung von Strafen eine wesentliche Rolle spielen.
37.000 Tonnen mehr Stickoxide als erlaubt
Grundlage der Forscherrechnung ist eben die Annahme, dass die VW-Autos 40-mal mehr Schadstoffe ausstoßen als erlaubt. Zwischen 2008 und 2015 hätten sie damit rund 36.700 Tonnen an zusätzlichen Stickoxiden in die Luft gepustet. Die Stickoxide machen die Wissenschaftler für Atem- und Herzkreislaufkrankheiten verantwortlich. Für Menschen mit entsprechenden Vorerkrankungen wie Asthma oder chronischer Bronchitis kann das auch einen verfrühten Tod bedeuten.
Der erhöhte Stickoxid-Ausstoß von Volkswagen-Autos dürfte die Sozialkassen 450 Millionen Dollar kosten, meinen die Forscher. Wie viele Tonnen Stickoxid nun für wie viele Todesfälle verantwortlich sind, das ist naturgemäß schwer zu ermitteln. Die Forscher griffen deshalb auf eine Studie zurück, in der die Todesraten von Stadtbezirken untersucht worden waren, die unterschiedliche Grenzwerte einzuhalten hatten. Die Umrechnung kommt schließlich auf die genannten 60 vorzeitigen Todesfälle.
Die Forscher können damit nur eine erhöhte Sterblichkeit angeben. Wer nun direkt an den Abgasen gestorben sei, lässt sich damit nicht sagen. Anwälte können mit solchen Zahlen also kaum vor Gericht ziehen und Schadenersatz fordern. Dazu müssten die Auswirkungen der Stickoxide aus dem VW-Auspuff auf jeden einzelnen Todesfall nachgewiesen werden. Dabei müssten aber auch noch andere Luftverschmutzungsfaktoren herausgerechnet werden - was schwierig sein dürfte.
Dennoch dürften die Ergebnisse vor Gericht Verwendung finden, meinen die Forscher selbst. Denn solchen statistischen Hochrechnungen können auch dazu dienen, den Schaden durch den Abgasbetrug zu beziffern - und davon werden Staatsanwälte und Ankläger wohl gerne Gebrauch machen.
Neues Vorzeige-Luxusmodell: Der VW Phaeton wird elektrisch. Schließlich, so Volkswagen, verkörpert der Wagen "seit der ersten Generation die technologische Kompetenz und den Markenanspruch von Volkswagen". Vulgo: Batteriefahrzeuge werden bei dem Autohersteller deutlich an Bedeutung gewinnen.
Und so will Volkswagen auch mehr Langstrecken-Elektroautos bauen: Die Wagen sollen auf eine Reichweite von 250 bis 500 Kilometer kommen - wie der schon auf der IAA vorgestellte Audi E-tron Quattro Concept (Foto).
Dazu konfiguriert Volkswagen den Modularen Querbaukasten neu. Er soll es auch ermöglichen, Plugin-Hybride mit größerer Reichweite herzustellen.
Auch der Diesel hat eine Zukunft bei Volkswagen, aber er soll sauber werden. Nur noch die beste Abgastechnik soll zum Einsatz kommen...
... und die heißt laut VW-Markenchef Herbert Diess Adblue. Künftig sollen alle Selbstzünder mit Harnstoff betankt werden - damit Stickoxide besser herausgefiltert werden. Dies dürfte die Kosten der Dieselautos deutlich erhöhen - fraglich erscheint deshalb, ob Modelle wie der Polo künftig überhaupt noch mit Diesel erhältlich sein werden.
Bei den Benzinern will Volkswagen auch besser werden - und dazu die TSI-Technik optimieren. Schon heute ist ein Verbrauch von deutlich unter vier Litern auf 100 Kilometern möglich - zumindest auf dem Prüfstand. Vor allem aber stoßen Benziner weniger Schadstoffe wie Stickoxide aus.
Ein kleines Comeback könnten Erdgasantriebe feiern - auch diese Antriebsart hat sich Diess auf die Fahnen geschrieben. Die Erdgasmotoren verursachen fast keine Schadstoffe und sind sparsam.
Sauberer könnten die Autos auch durch das so genannte 48-Volt-Bordnetz werden. Es handelt sich dabei um eine schwache Form des Hybridantriebs, bei dem unter anderem der Turbolader elektrisch unterstützt wird.
Bemerkenswert: Keine große Rolle spielt in Volkswagens Säuberungsplänen der klassische Vollhybridantrieb, wie ihn Toyota im Prius und in anderen Autos verwendet. Der VW Jetta wird wohl der einzige VW-Vollhybrid bleiben. Damit bestätigt sich ein Trend, über den manager-magazin.de bereits vor der VW-Krise berichtet hatte.
Neues Vorzeige-Luxusmodell: Der VW Phaeton wird elektrisch. Schließlich, so Volkswagen, verkörpert der Wagen "seit der ersten Generation die technologische Kompetenz und den Markenanspruch von Volkswagen". Vulgo: Batteriefahrzeuge werden bei dem Autohersteller deutlich an Bedeutung gewinnen.
Foto: Volkswagen9. Platz: Toyota
Die Japaner machen ihrem Saubermann-Image im aktuellen Trickser-Vergleich alle Ehre. Auf der Straße verbrauchen die Wagen im Schnitt "nur" 25,6 Prozent mehr Sprit als auf dem Prüfstand.
Quelle: Transport and Environment, 2015
8. Platz: Fiat
Auch bei den Italienern liegen Wunsch und Wirklichkeit vergleichsweise nahe beieinander. Die Autos schlucken zwar 28,4 Prozent mehr Sprit als offiziell angegeben, doch das ist gar nicht so schlecht.
7. Platz: Volkswagen
Überraschung? In Sachen Spritverbrauch-Trickserei schneidet der Wolfsburger Konzern besser ab als mancher Konkurrent. Ein Auto aus dem Hause Volkswagen benötigt im Schnitt 35,8 Prozent mehr Treibstoff als offiziell angegeben. Doch merke: Die Abgas-Betrugssoftware haben die Manager auch eingebaut, um den Spritverbrauch der Autos zu verbessern. Von den giftigen Stickoxid-Abgasen blasen die Autos dagegen umso mehr in die Luft.
6. Platz: Ford
Solider Mittelfeldplatz für den US-Konzern. Die Autos verlangen nach 35,9 Prozent mehr Diesel oder Benzin als im Prospekt angegeben. So etwas darf ein Hersteller heute schon als Erfolg verkaufen.
5. Platz: Renault
Nicht wesentlich größer fällt die Diskrepanz bei dem französischen Hersteller aus. Allerdings sind die 36,9 Prozent Mehrverbrauch bereits schlechter als der Durchschnitt aller Hersteller. Der Twingo wiederum schert dabei positiv aus: Er ist der beste aller getesteten Wagen, mit lediglich gut 10 Prozent Mehrverbrauch. Clio und Megane reißen den Schnitt dagegen wieder herunter.
4. Platz: BMW
Der deutsche Premiumhersteller hat beim Abgastest der Oranisation ICCT in den USA gut abgeschnitten. Doch der Spritverbrauch bereitet den Münchenern Probleme. Die Wagen benötigen immerhin 38,5 Prozent mehr Treibstoff als auf dem Prüfstand ermittelt.
3. Platz: General Motors
Die Opel-Mutter steht in diesem Ranking grottenschlecht da. Zwar gibt es noch zwei Autobauer, bei denen der Mehrverbrauch noch höher ist. Doch GM bringt als einziger Hersteller ein trauriges Kunststück fertig: Seit 2008 ist der tatsächliche Verbrauch der Autos auf der Straße gestiegen. Im Test schluckten die Wagen zudem 39,6 Prozentmehr Sprit als offiziell angegeben.
2. Platz: Peugeot
Besonders der Peugeot 308 hält laut dem Test beim Verbrauch nicht, was er verspricht. Er verbrennt fast 50 Prozent mehr Kraftstoff als versprochen. Über die gesamte Flotte liegt die Überschreitung bei 39,7 Prozent.
1. Platz: Daimler
Auf diesen einsamen Podiums-Rang würde Konzernchef Dieter Zetsche wohl gern verzichten. Bei keinem anderen Hersteller lagen offizieller und tatsächlicher Verbrauch so weit auseinander wie bei den Stuttgartern. Satte 48,1 Prozent mehr als angegeben verbrauchten die Wagen im Test. Kommentar aus der Daimler-Zentrale: "Da T&E in seiner Studie leider die Testbedingungen nicht publiziert, können auch die Testergebnisse nicht seriös bewertet werden." Eine Betrugssoftware hätten die Ingenieure jedenfalls nicht eingebaut, hat Daimler zuletzt mehrfach betont. Die Tester stehen so vor einem Rätsel. Die Regierungen müssten nun herausfinden, warum einzelne Autos derart viel mehr Sprit verbrauchten als angegeben.
1. Platz: Daimler
Auf diesen einsamen Podiums-Rang würde Konzernchef Dieter Zetsche wohl gern verzichten. Bei keinem anderen Hersteller lagen offizieller und tatsächlicher Verbrauch so weit auseinander wie bei den Stuttgartern. Satte 48,1 Prozent mehr als angegeben verbrauchten die Wagen im Test. Kommentar aus der Daimler-Zentrale: "Da T&E in seiner Studie leider die Testbedingungen nicht publiziert, können auch die Testergebnisse nicht seriös bewertet werden." Eine Betrugssoftware hätten die Ingenieure jedenfalls nicht eingebaut, hat Daimler zuletzt mehrfach betont. Die Tester stehen so vor einem Rätsel. Die Regierungen müssten nun herausfinden, warum einzelne Autos derart viel mehr Sprit verbrauchten als angegeben.