Halbjahresbilanz VW erzielt Milliardengewinn und deutet den Kurs nach Diess an

Volkswagen bekommt den Halbleitermangel und stockende Lieferketten im zweiten Quartal zu spüren. Auf Halbjahressicht verdient der Konzern aber besser als im Vorjahr. Den weiteren Kurs nach der Ablösung von Herbert Diess skizzierte Finanzchef Arno Antlitz am Donnerstag.
Volkswagen-Chef Herbert Diess liefert noch einmal gute Zahlen, am 1. September tritt er den Vorstandsvorsitz an Porsche-Chef Oliver Blume ab

Volkswagen-Chef Herbert Diess liefert noch einmal gute Zahlen, am 1. September tritt er den Vorstandsvorsitz an Porsche-Chef Oliver Blume ab

Foto: ALBERT GEA / REUTERS

Seinen letzten größeren öffentlichen Termin als Volkswagen-Chef schwänzte Herbert Diess (63). Die Präsentation der Halbjahreszahlen überließ der scheidende CEO Finanzvorstand Arno Antlitz (52). Der hatte zu vermelden, dass der Autobauer im ersten Halbjahr trotz anhaltender Lieferprobleme bei Mikrochips und harter Corona-Einschränkungen in China einen deutlichen Gewinnsprung hinlegen konnte. Die Wolfsburger steigerten das Ergebnis nach Steuern im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um etwas mehr als ein Viertel auf insgesamt 10,6 Milliarden Euro.

Das zweite Quartal, in dem vor allem erneute Lockdowns die Produktion und Verkäufe auf dem wichtigsten Markt in Asien ausgebremst hatten, drückte mit einem Gewinnrückgang von gut 22 Prozent für sich genommen noch stark auf das Geschäft. Der Absatz von Elektroautos zog aber weiter an. An der Börse legten die Volkswagen-Aktien  um 2,6 Prozent zu.

Antlitz, künftig als Volkswagen-COO eng an der Seite von Diess-Nachfolger Oliver Blume, sagte, Europas größte Autogruppe habe ungeachtet "beispielloser globaler Herausforderungen beachtliche finanzielle Robustheit bewiesen". Für die zweite Jahreshälfte geht Volkswagen auch von einer Entspannung der Lieferketten-Probleme aus. Den Jahresausblick bestätigte der Konzern.

Umsatz im zweiten Quartal wächst moderat

Der Umsatz wuchs im zweiten Quartal auf Jahressicht um 3,3 Prozent auf 69,5 Milliarden Euro. Das um Sonderkosten für die Dieselaffäre bereinigte operative Ergebnis fiel um 27,7 Prozent auf 4,74 Milliarden Euro. Dabei wogen Bewertungseffekte vor allem für Rohstoffsicherungsgeschäfte schwer. Diese schlugen allein mit 2,4 Milliarden Euro zu Buche, nachdem sie das operative Ergebnis im ersten Quartal deutlich aufgehübscht hatten. Vor Einbeziehung dieser Buchverluste habe sich das Ergebnis im zweiten Quartal gegenüber dem Vorquartal nochmals verbessert, hieß es.

Die Hauptmarke VW verbesserte ihre Ertragskraft in der ersten Jahreshälfte und hob die Renditeprognose an. Die in der zweiten Jahreshälfte erwarteten Belastungen durch Rohstoff- und Energiekosten sollen mit weiteren Einsparungen wettgemacht werden. Das Unternehmen mache große Fortschritte bei der Umsetzung seiner Elektrostrategie sowie der Digitalisierung und der Softwareentwicklung und habe im zweiten Quartal nochmals deutlich an Fahrt gewonnen, erklärte Marken-Chef Thomas Schäfer.

Blumes Doppelrolle soll wohl Dauerlösung bleiben

Den Ausblick bestätigte Volkswagen knapp eine Woche nach der Entscheidung, Konzernchef Herbert Diess (63) durch Porsche-Boss Oliver Blume (54) abzulösen . Demnach soll die operative Rendite in einer Spanne zwischen 7,0 und 8,5 Prozent liegen. Im zweiten Quartal erzielte Volkswagen eine Ebit-Marge von 6,8 (Vorjahr 9,7) Prozent. Der Umsatz soll im Gesamtjahr um 8 bis 13 Prozent über dem des Vorjahres liegen. Konkurrent Mercedes-Benz hatte seine Prognose jüngst angehoben.

Den geplanten Börsengang der Sportwagentochter Porsche peilt Volkswagen weiter im vierten Quartal 2022 an. "Wir setzen die Vorbereitungen für einen möglichen Börsengang der Porsche AG weiter fort", sagte Antlitz, "jetzt sogar mit mehr Nachdruck als zuvor." Einige Experten sehen das Vorhaben wegen der geplanten Doppelrolle von Blume als Porsche-Lenker und Chef des Volkswagen-Konzerns kritisch. Nicht so Antlitz. Er erwarte nur "wenige Situationen", in denen Interessenskonflikte bei Blume auftreten könnten. Derartige Komplikationen wolle man "sauber handhaben". Insgesamt sei Blumes Doppelrolle "vielmehr ein Vorteil, um weiter voranzuschreiten."

Blumes rechte Hand: Arno Antlitz präsentierte am Donnerstag ohne Noch-Chef Herbert Diess die Volkswagen-Halbjahreszahlen

Blumes rechte Hand: Arno Antlitz präsentierte am Donnerstag ohne Noch-Chef Herbert Diess die Volkswagen-Halbjahreszahlen

Foto: Darius Simka / imago/regios24

Allem Anschein nach plant Volkswagen dauerhaft mit Blume sowohl als Konzern- als auch Porsche-Markenchef. Beide Funktionen seien nicht temporär. Grundlegende Änderungen zum Kurs von Herbert Diess schloss Antlitz am Donnerstag aus. "Sie können hier große Kontinuität erwarten. An den langfristigen Zielen ändert sich nichts."

Lieferengpässe drücken Gewinn der VW-Tochter Traton

Zahlen veröffentlichte der Konzern auch zu Traton: Auch dank eines starken Wartungsgeschäfts ist Volkswagens Lkw- und Bus-Holding stärker gewachsen als erwartet. Im ersten Halbjahr stieg der Umsatz um knapp ein Drittel auf 18 Milliarden Euro, wie das SDax-Unternehmen am Donnerstag mitteilte. Das bereinigte operative Ergebnis sank hingegen um 29 Prozent auf 798 Millionen Euro. Hier verwies das Unternehmen auf anhaltende Lieferengpässe, eine daraus folgende geringere Kapazitätsauslastung sowie gestiegene Beschaffungspreise. Zudem sorgt der Krieg in der Ukraine für Unsicherheit.

rei/dpa-afx, Reuters
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