Teslas Elektro-SUV kämpft mit Kinderkrankheiten Verfluchte Flügeltüren - das Model X wird zum Härtetest

Tesla Model X mit Flügeltüren: Die komplizierte Türtechnik hat Kinderkrankheiten, warnen US-Verbraucherschützer

Tesla Model X mit Flügeltüren: Die komplizierte Türtechnik hat Kinderkrankheiten, warnen US-Verbraucherschützer

Foto: Tesla

Ihre Worte haben die Verbraucherschützer nüchtern gewählt. Doch ihre Schlagzeile dürfte den Managern des amerikanischen Elektroauto-Herstellers Tesla einige Albträume bescheren: "Die ersten gebauten Tesla Model X SUVs stehen Qualitätsproblemen gegenüber", titelte das US-Magazin Consumer Reports  am Dienstag.

Es ist ein Urteil, das bei Tesla niemand auf die leichte Schulter nehmen kann. In den USA hat das Verbrauchermagazin einen Ruf wie Donnerhall, anders als die hiesige Stiftung Warentest bewertet Consumer Reports (CR) auch regelmäßig Autos.

Der vom schillernden Unternehmer Elon Musk geführte Elektroauto-Pionier Tesla konnte sich lange damit brüsten, von den US-Konsumentenschützern hervorragende Bewertungen eingeheimst zu haben. Die Elektrolimousine Model S erhielt die höchste Punktezahl, die Consumer Reports bislang vergeben hat, die Organisation empfahl das Auto monatelang zum Kauf. Doch im Oktober flog das Model S von der Liste der zum Kauf empfohlenen Modelle , weil CR bei einer Umfrage unter 1400 Käufern zahlreiche Qualitätsmängel aufgedeckt hatte.

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Diesmal haben die Verbraucherschützer zwar keine groß angelegte Studie durchgeführt, dafür aber Online-Foren durchforstet. Dort stießen sie auf zahlreiche Beschwerden über den Elektro-SUV, von dem seit Ende vergangenen Jahres erst wenige tausend Stück ausgeliefert wurden.

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Ein klassisches Montagsauto? Nicht unbedingt

So berichtete ein Kunde von einer fehlerhaften Sensorik in den Fonds-Flügeltüren seines über 100.000 Euro teuren Fahrzeugs. Dadurch ließen sich die Türen nicht richtig schließen. Zudem versagten die Sensoren beim Erkennen eines Überhangs - was beim Öffnen der Türe eine unschöne Delle im Blech hinterließ. Die Fahrertür ließ sich teilweise nur von innen öffnen, der riesige Touchscreen im Inneren fror mehrfach ein.

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Ein klassisches Montagsauto also? Nicht unbedingt, CR fragte auch bei Tesla nach. Eine Tesla-Sprecherin erklärte per E-Mail, dass das Unternehmen selbst "einige Probleme in den frühen Model X-Versionen" zu sehen bekommen habe. Doch diese seien nicht weit verbreitet, und man arbeite mit jedem betroffenen Besitzer an einer "schnellen und proaktiven" Lösung. Satte 98 Prozent der Tesla-Kunden geben an, als nächstes Auto wieder einen Tesla kaufen zu wollen, schrieb die Sprecherin weiter.

CR wies in seinem Artikel darauf hin, dass man solche Kinderkrankheiten von brandneuen Modellen erwarten müsse. Deshalb empfehlen die Konsumentenschützer generell, kein Fahrzeug aus dem ersten Produktionsjahr eines neuen Modells zu kaufen.

Aktienkurs von Tesla gibt kräftig nach

Doch der Bericht scheuchte Tesla-Investoren auf: In den USA gab Teslas Aktienkurs  am Dienstag um bis zu 4,6 Prozent nach. Denn CR war nicht das einzige Medium, dass über die möglichen Qualitätsprobleme der Kalifornier berichtete. Auch die US-Wirtschaftszeitung Wall Street Journal (WSJ) veröffentlichte einen Artikel  über Model X-Käufer, bei denen die Flügeltüren nicht wie vorgesehen funktionierten. Zudem hatte Tesla im März 2700 Model X wegen fehlerhafter Sitzklinken in der dritten Reihe zurückrufen müssen, notierte das WSJ akribisch.

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Die Qualitätsprobleme treffen Tesla in einer kritischen Phase, merkte das WSJ an. Nun sei entscheidend, wie schnell die Kalifornier diese Kinderkrankheiten bei neuen Modellen beheben und in Zukunft vermeiden können. Das werde beweisen, ob Tesla tatsächlich das Zeug zum Massenhersteller habe, der Fahrzeuge in großer Zahl und ohne gröbere Fehler ausliefern kann. Denn genau dorthin drängt Tesla mit seinem vor wenigen Wochen vorgestellten Model 3 - einem Elektroauto für rund 35.000 Dollar, das ab Ende 2017 ausgeliefert werden soll.

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"Wir haben das Auto technisch überzüchtet"

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Tatsächlich sind Berichte über Schwierigkeiten mit dem Model X nichts Neues. Die aufsehenerregenden, aber komplizierten Flügeltüren waren der Grund dafür, dass Tesla den Marktstart seines Elektro-SUVs mehrfach verschieben musste.

Wie schwer sich die Ingenieure damit taten, zeigt auch eine Klage Teslas gegen den deutschen Zulieferer Hoerbiger Automotive . Der sollte ursprünglich die Hydraulik für "Falcon Wings" getauften Türen liefern, doch Tesla kündigte Hoerbiger im Mai 2015 - weil er laut Teslas Darstellung die von den Kaliforniern geforderten Qualitätsstandards nicht einhielt. Hoerbiger weist die Vorwürfe zurück und fordert Geld von den Kaliforniern, nun liegt der Fall vor Gericht.

Sogar Tesla-Chef Elon Musk selbst hat bereits zugegeben, dass sein Model X ein schwieriger Fall ist. "Wir haben das Auto technisch überzüchtet", sagte er im Februar zu Investoren. Laut Musk gab es bei dem Auto eine Menge Hürden - von den Fensterdichtungen bis hin zu den Fondssitzen. Diese Herausforderungen seien nun gelöst, meinte Musk noch im Februar, es gebe keine fundamentalen Probleme mehr. Allerdings sagte er auch: "Ich bin nicht sicher, ob Tesla nochmals ein solches Auto machen wird."

Sicher ist immerhin eines: Der Flügeltürer hat das Zeug zum echten Härtetest für Teslas Serviceteam.

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