Japans Autoriese soll trotz Rekordgewinn kräftig sparen Toyota, die sieben Samurai - und ein "Kampf auf Leben und Tod"

Toyota-Chef Akio Toyoda
Foto: JIM WATSON/ AFP
Markige Sprüche waren bislang kein Markenzeichen von Toyota-Chef Akio Toyoda. Bei der Vorstellung der neuen, globalen Toyota-Strategie im Jahr 2011 gab Toyoda etwa folgende Losung aus: "Wir wollen uns das Lächeln der Kunden verdienen, indem wir ihre höchsten Erwartungen übertreffen." Seine Aufforderung an seine Ingenieure? "Wenn's keinen Spaß macht, ist es kein Auto." In den vergangenen Jahren definierte er als oberstes Ziel, dass Toyota "immer bessere Autos" bauen solle - eine in westlichen Ohren eher banale Ausrichtung.
Doch nun ändert Toyoda seine Tonlage - und verabschiedet sich von seiner üblichen verbalen Blumigkeit. "Ein Kampf um Leben und Tod in einer Welt voller Unbekannter" habe begonnen, erklärte er überraschend martialisch anlässlich der Präsentation der Toyota-Jahreszahlen, wie die Fachzeitschrift Automotive News berichtet.
Die Rivalen und die Regeln des Wettbewerbs änderten sich, darauf müsse der lange Zeit weltgrößte Autohersteller reagieren. Sein Unternehmen, so Toyoda, müsse eine Kriegskasse für Zukunftsinvestitionen aufbauen. Jede Abteilung des Konzerns soll beim Geldsparen helfen, der Finanzpolster solle für Ausgaben in künftigen - und möglicherweise schlechteren - Zeiten bereit stehen.
Dabei meldete Japans Autoriese, der sein Geschäftsjahr zum 31.März abschloss, einen neuen Gewinnrekord. Der Nettogewinn stieg um 36 Prozent auf 2,5 Billionen Yen (rund 19 Milliarden Euro). Für das laufende Jahr rechnet Toyota jedoch mit niedrigeren Erträgen - und nun verordnet Toyoda seinem Konzern einen kräftigen Tritt auf die Kostenbremse.
"Kampf, um ursprüngliche Stärke wiederherzustellen"
"Kostensenkungen seien entscheidend", erklärte Toyoda nun laut Automotive News. "Es wird ein Kampf, unsere ursprüngliche Stärke wiederherzustellen". Toyoda stellt sein Unternehmen also trotz sprudelnder Gewinne auf Krisenmodus um. Damit die globalen Kostensenkungsvorhaben greifen, stellte Toyota ein handverlesenes Team aus sieben Toyota-Topmanagern zusammen. Toyota nannte sie in der Pressekonferenz seine "sieben Samurai" - in Anlehnung an den berühmten Film des japanischen Regisseurs Akira Kurosawa über Kämpfer im kaiserlichen Japan. Einer der sieben ist übrigens der Franzose Didier Leroy, der einzige Europäer im höchsten Toyota-Führungsgremium.
Die jüngsten Rekordgewinne seines Konzerns, so erklärte Toyoda offen, seien zu großen Teilen auf günstige Wechselkurse und eine einmalige Steuersenkung in den USA zurückzuführen. Doch in diesem Jahr dürfte der Yen gegenüber dem Dollar und anderen Währungen aufwerten. Dazu kommen weltweit stagnierende Absatzzahlen und eine sich verschlechternde Profitabilität in Nordamerika.

Toyota müsse nun seine Margen verbessern, forderte Toyoda. Nur dann könne sich Toyota die Investitionen für Zukunftstechnologien vom autonomen Fahren bis zu Elektroautos problemlos leisten. Dafür hat der Firmenlenker hat ein klares Kostenziel vor Augen: Bis Ende März 2019 soll Toyota seine Kosten um 130 Milliarden Yen (rund 1 Milliarde Euro) reduzieren.
Dabei wird Japans größter Autohersteller in der Branche für seine besonders effiziente Produktionsweise in seinen Fabriken gerühmt. Das "Toyota Production System" soll jegliche Verschwendung vermeiden und ist auf ständige Verbesserung der Prozesse (japanisch Kaizen) ausgelegt. Toyoda will die Prinzipien seines Produktionssystems nun auch in der Verwaltung und den Forschungszentren verankern - um dort zu sparen.
Wie Toyota zum "muskelbepackten Unternehmen " werden soll
Die bisherigen Kostensenkungsprogramme seien nicht tief genug gegangen, erklärte der 62-jährige Firmenchef nun. Der Betriebsgewinn wäre ohne die besonderen Effekte aus den günstigen Wechselkursen und Kostensenkungen wohl gefallen.
"Nur das Fett blieb übrig", erklärte Toyoda. In den künftigen Geschäftsjahren müsse Toyota wieder "ein muskelbepacktes Unternehmen werden, um die Herausforderungen der neuen Wettbewerber meistern zu können".
Toyoda fordert seine Mitarbeiter nun dazu auf, keine unnötigen Meetings mehr abzuhalten oder überflüssigen Papierkram zu produzieren. Entscheidungen in Meetings sollen künftig innerhalb einer Stunde fallen, versprach Toyotas Finanzchef Koji Kobayashi, einer von Toyodas sieben Spar-Samurai. Bisher, so Kobayashi, fühlten sich viele Meetings eher wie die "Sitzungen eines Parlaments" an.
Und auch Modellvarianten sollen wohl künftig auf ihre Notwendigkeit überprüft werden, ließ Toyoda durchklingen. Sämtliche Fahrzeugspezifikationen sollen nämlich überprüft und optimiert werden. Für alle Arbeitsstellen gebe es die Aufforderung, die Fixkosten "fundamental" zu überprüfen, erklärte Toyoda.
Welcher Markt das Spar-Diktat treibt
Klingt so, als würde es der Chef richtig ernst meinen. "Wir müssen uns einen Sinn für die Krise bewahren", erklärte Toyota laut anderen Berichten mehrfach bei der Konferenz. Die könnte für Toyota tatsächlich nicht allzu weit weg sein. Denn Toyotas wichtigster Markt sind nach wie vor die USA, wo die Profitabilität zuletzt sank - und wo Branchenexperten in diesem Jahr mit Verkaufseinbrüchen rechnen.

In China, dem größte Einzelmarkt für Toyotas Rivalen Volkswagen und nach wie vor Wachstumsgarant, hat Japans Autoriese nach wie vor einen vergleichsweise kleinen Marktanteil. Und Toyotas weitere Hauptmärkte, der Heimatmarkt Japan und Europa, versprechen für die kommenden Jahre auch keine großen Sprünge.
Toyodas Überlegung ist die des vorsichtigen Kaufmanns: Falls die Krise kommt, dürfte ein frühzeitig auf Diät gesetzter Autoriese Toyota besser für die mageren Zeiten gerüstet sein als viele Konkurrenten. Ob er mit seinem Spar-Appell bei allen Mitarbeitern durchdringt, muss sich aber noch zeigen. Allzu hart macht er es seinen Mitarbeitern erstmal nicht: Denn eine Milliarde Euro an Einsparungen innerhalb eines Jahres ist noch lange kein brutales Spardiktat bei einem Konzern mit über 300.000 Mitarbeitern - und 10 Millionen produzierten Fahrzeugen pro Jahr. Da haben die Opelaner schon deutlich mehr knapsen.