Details zur deutschen Gigafactory
Tesla will für Fabrik in Grünheide mehr Wald roden
Die zweite Bürgerbeteiligung für Teslas Fabrikbau in Brandenburg hat begonnen. Der US-Konzern hat seinen Antrag für den bereits laufenden Bau stark geändert.
Baustelle der Tesla-Fabrik in Grünheide am 24. Juni 2020
Foto: Patrick Pleul/ dpa
Der US-Elektroautobauer Tesla plant für seine erste Fabrik in Europa Errichtungskosten von rund 1,065 Milliarden Euro. Das geht aus einem aktualisierten Antrag für die umweltrechtliche Genehmigung hervor, der am Donnerstag veröffentlicht wurde.
Die Bauarbeiten sollen bis in den März 2021 hinein dauern. Die Produktion in Grünheide nahe Berlin, die im Juli 2021 starten soll, ist demnach in einem Betrieb mit drei Schichten an 24 Stunden pro Tag vorgesehen. Aus der Prognose für den Umfang des Lärms beim Betrieb geht hervor, dass Tesla pro Schicht von 2100 Beschäftigten ausgeht.
Es ist bereits die zweite Bürgerbeteiligung im Genehmigungsverfahren nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz. Bis zum 3. September 2020 haben Bürger die Möglichkeit, Einwendungen einzureichen. Naturschützer und Anwohner befürchten durch die Fabrik negative Folgen für die Umwelt, unter anderem für das Grundwasser. Bisher gingen mehr als 370 Einwände gegen das Projekt beim Land ein.
Das Projekt gilt als international vielfach beachteter Test, ob industrielle Groß-Ansiedlungen in Deutschland weiterhin möglich sind. Zudem ist die symbolische Bedeutung beträchtlich: Tesla-Chef Elon Musk (49) platziert sich mit seiner Fabrik mitten in den Heimatmarkt der deutschen Premiumauto-Hersteller - seiner wichtigsten Konkurrenten.
Fabrik verbraucht weniger Wasser, aber mehr Wald
Wie laut Ministerium aus dem geänderten Antrag von Tesla für die umweltrechtliche Genehmigung der Fabrik beispielsweise hervorgeht, hat der US-Autobauer unter anderem beantragt, weitere 39 Hektar Wald zu roden. Dafür wurde der angepeilte Wasserverbrauch gesenkt und eine Werksfeuerwehr eingeplant. Die ursprünglich in Aussicht gestellte Batteriefertigung vor Ort ist ebenso aus den Plänen verschwunden wie die Kunststoffproduktion, andererseits wird die Kapazität der Gießerei erhöht. Das Produktionsgebäude wird nur noch 15 statt 24 Meter hoch. In den Plänen ist auch nur noch von einer Jahreskapazität von 100.000 Autos die Rede. Die Brandenburger Landesregierung versichert jedoch, dass sich am angekündigten raschen Hochfahren der Produktion auf 500.000 Fahrzeuge jährlich und damit an den in Aussicht stehenden Jobs nichts ändere.
Tesla hat bereits 90 Hektar Kiefernwald auf dem 300-Hektar-Areal gerodet und den Boden für das Baufeld planiert. Die abschließende umweltrechtliche Genehmigung für die Fabrik steht aus, deshalb unternimmt Tesla jetzige Arbeiten auf eigenes Risiko.
Die Bürgerinitiative gegen die geplante Fabrik sieht die Einreichung der Änderungen als "Trickserei und Rechtsbeugung". Tesla habe gewusst, dass beispielsweise die nun erst beantragte Pfahlgründung notwendig sei, sagte Steffen Schorcht, ein Vertreter der Initiative, der Deutschen Presse-Agentur. Auf dem sandigen Baugrund braucht die Fabrikhalle tief im Erdreich verankerte Pfähle, um stabil zu stehen. Der US-Autobauer habe diese aufwändigen Bauten bei den ersten Unterlagen aber bewusst nicht eingereicht, um eine vorzeitige Baugenehmigung zu erreichen.
11 BilderSo sah es Mitte Januar auf Teslas größter Europa-Baustelle aus
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Die erste wichtige Abzweigung für sein geplantes Batterie- und Autowerk in Brandenburg hat der Elektroautohersteller Tesla genommen: Der Finanzausschuss des Brandenburger Landtags hat den Kaufvertrag für das Gelände der geplanten Fabrik des US-Elektroautoherstellers Tesla gebilligt. Rund 41 Millionen Euro wird Tesla für sein neues Industriegelände am Rande von Freienbrink in der Gemeinde Grünheide bezahlen. Teslas Grundstück ist hier am Waldrand zu erkennen.
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Teslas künftiger Baugrund beginnt hinter der hier abgebildeten, quer verlaufenden Bundesstraße L38 und wird links durch die Autobahn A10 begrenzt. Das Werk kann dadurch problemlos seine eigene Autobahnabfahrt bekommen - die ist bereits vorhanden. Allerdings muss der US-Elektroautohersteller erst noch ordentlich roden lassen. Das insgesamt 300 Hektar große Gelände ist nämlich aktuell Großteils mit Nadelwald bewachsen.
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Eingezäunt ist das Gelände nur auf einem kleinen Teil. Die ersten Arbeiten laufen bereits, Tesla hat auch einen Antrag für eine vorzeitige Teilrodung des Geländes gestellt. Noch wird der Antrag vom brandenburgischen Umweltministerium geprüft, dürfte aber durchgehen. Denn für Tesla drängt die Zeit, weil die Rodung von zunächst 90 Hektar Wald vor Beginn der Vegetationsperiode Mitte März abgeschlossen sein muss.
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Bereits jetzt legen Arbeiter einen Zugangsweg für Lkws zu dem Gelände an und fällen dafür Bäume.
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Der Minenräumdienst hat das Gelände bereits nach möglichen Weltkriegsbomben abgesucht, offenbar ist das Grundstück - das seit Jahren als Industriegelände gedacht ist - frei von gefährlichen Kriegsrückständen.
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Das Gebiet für die Erstrodung von 90 Hektar Wald ist bereits abgesteckt, wie unser Besuch vor Ort ergab. Bis 2021 will Tesla hier den ersten Bauabschnitt seines Batterie- und Autowerks fertigstellen. Das Werk soll im Juli 2021 in Betrieb gehen und die ersten Autos produzieren . Gefertigt werden in Brandenburg zunächst die Elektrolimousine Model 3 und der Kompakt-SUV Model Y - sowie "künftige Modelle".
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Auf dem Gelände befindet sich auch eine alte Bahntrasse, die allerdings noch auf die Weichenstellung Richtung Elektroauto-Neuzeit wartet. Auch die Gleisanlagen wird Tesla wohl überholen müssen - schließlich sollen täglich sechs Güterzüge das Werk mit neuen Autos verlassen. Das ergibt sich unter anderem aus dem Antrag auf die Baugenehmigung, die nun an vier Orten in Brandenburg öffentlich ausliegt.
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Bebaut wird laut Teslas Antrag zur Baugenehmigung zunächst nur ein Teil des Geländes, wie auf diesem aus den Antrag abfotografierten Plan ersichtlich ist. Die "Gigafactory Berlin" startet zunächst mit einem 744 Meter langen und 312 Meter breiten Gebäude, dessen Rohbau alleine 650 Millionen Euro kosten soll. Platz wäre noch für drei weitere, in etwa gleich große Gebäude und ein rechteckiges, etwas kleineres Gebäude vor dem Logistikbereich oben rechts.
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Aus Teslas Antrag auf die Baugenehmigung lassen sich noch weitere spannende Details herauslesen. So plant der Elektroautobauer zumindest in der ersten Bauphase kein Dach mit Solarzellen zur Stromerzeugung ein. Stattdessen will Tesla viel elektrische Energie zukaufen und sogar auf dem Gelände ein eigenes Gaskraftwerk errichten. Supergrün ist das nicht.
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Zumindest bis Mitte 2021 wird Tesla in Brandenburg auch keine eigenen Lithium-Ionen-Zellen herstellen, sondern nur angelieferte Zellen zu Batteriepacks verarbeiten. So steht es in den öffentlich ausliegenden Unterlagen, die fünf Aktenordner füllen. Tesla selbst will sich auf Nachfrage aktuell nicht zur "Gigafactory 4" äußern, wie der Autobauer seine Fabrik nennt.
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Im Rathaus von Grünheide liegen die Unterlagen noch bis Anfang Februar zur öffentlichen Einsicht aus. Bewohner des Umlandes äußern erste Bedenken bezüglich Grundwasser und Emissionen, heißt es im Rathaus. Doch Tesla verspricht für das Werk auch 12.000 Jobs - auch wenn das Batterie- und Autowerk zumindest zum Start nicht ganz so nachhaltig und "giga" werden dürfte wie es der Elektroauto-Bauer gerne darstellt.