Börsenaufsicht SEC schaltet sich bei Tesla ein Die Rechtsrisiken des Elon Musk

Elon Musk: Knapper Tweet, weitreichende Folgen

Elon Musk: Knapper Tweet, weitreichende Folgen

Foto: Joe Skipper / REUTERS

Mit einem 9-Worte-Tweet hat Tesla-Chef Elon Musk die Finanzwelt in helle Aufregung versetzt. "Am considering taking Tesla private at $420. Funding secured." (Erwäge, Tesla von der Börse zu nehmen für einen Preis von 420 Dollar pro Aktie. Finanzierung gesichert.)

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Sein Vorhaben wäre nicht nur der größte Buy-out der Börsengeschichte. Es wirft auch zahlreiche Fragen und Rechtsrisiken auf, mit denen sich Musk nun auseinandersetzen muss. Die US-Börsenaufsicht SEC hat inzwischen eine Untersuchung angekündigt. Die wichtigsten Fragen und Risiken im Überblick.

Kann Musk Tesla überhaupt im Alleingang von der Börse nehmen?

Nein. Musk als größtem Einzelaktionär gehören rund 20 Prozent von Tesla . Er braucht für ein Delisting die Zustimmung der Mehrheit der Aktionäre. Rund 63 Prozent der Aktien werden von institutionellen Investoren gehalten, darunter die Investmentfonds Fidelity, Baillie Gifford, T. Rowe Price Associates und neuerdings wohl auch der saudische Staatsfonds PIF. Der Rest der Tesla-Aktien ist in Besitz privater Aktionäre.

Vor einer Entscheidung über eine Privatisierung muss zudem das Tesla-Board (dem Verwaltungsrat gehören außer dem für seine einsamen Entscheidungen bekannten Musk noch sieben weitere Personen an) ein unabhängiges Komitee einsetzen, das ein solches Vorhaben gründlich prüft und entscheidet, ob der von Musk aufgerufene Preis von 420 Dollar je Aktie korrekt ermittelt und im Interesse des Unternehmens ist.

Erst dann könnte über ein Buy-out des aktuell rund 65 Milliarden Dollar schweren Unternehmens entschieden werden - es wäre die größte Privatisierung der Börsengeschichte.

"Finanzierung gesichert." Stimmt das auch?

Musks knappe Mitteilung "Finanzierung gesichert" klingt äußerst lässig. Doch nun muss der Tesla-Chef rasch Belege liefern, dass er die für einen Buy-out zum Kurs von 420 Dollar je Aktie benötigten 82 Milliarden Dollar auch aufbringen kann. Nach Abzug seines eigenen Anteils von rund 20 Prozent sind das immer noch knapp 60 Milliarden Dollar. Liefert Musk keinen Nachweis über die Finanzierung, läuft er Gefahr, wegen Kursmanipulation verklagt zu werden und Ärger mit der US-Börsenaufsicht SEC zu bekommen.

In seinem Tweet hat Musk einen konkreten Kaufpreis von 420 Dollar je Aktie genannt und damit den Kurs von Tesla  an der Nasdaq  binnen weniger Stunden um 11 Prozent in die Höhe schießen lassen. Short-Seller, die auf sinkende Kurse bei dem hoch verschuldeten Elektroautobauer wetten, verloren am Dienstagabend mehrere Milliarden Dollar. Diese Investoren dürften klagen, sollte Musk nicht schleunigst Belege für seinen stark kursbewegenden Tweet liefern.

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Auch der deutsche Autobauer Porsche  musste sich jahrelang mit milliardenschweren Forderungen US-amerikanischer Hedgefonds auseinandersetzen, die im Zuge des Porsche-VW-Übernahmepokers auf dem falschen Fuß erwischt wurden, viel Geld verloren und daraufhin dem Porsche-Management Marktmanipulation vorwarfen.

Klagen drohen - Börsenaufsicht SEC erwartet weitere Informationen

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Foto: Gene J. Puskar/ AP

"Wenn Musk keinen Nachweis erbringt, dass die Finanzierung tatsächlich steht, dann könnte sein Tweet durchaus als Marktmanipulation gewertet werden", sagt John Coffee, Ökonom an der Columbia University, gegenüber dem Wall Street Journal . "Es ist eine kursbewegende Nachricht, die neue börsenrelevante Fakten schafft - und wenn sie nicht detailliert durch Belege gestützt wird, wird das ein Fest für potenzielle Kläger."

Musk muss zudem der Börsenaufsicht SEC genau erläutern, wie der geplante Deal aussehen soll, wenn er keinen Ärger mit den Regulierungsbehörden riskieren will. Ein SEC Filing sowie eine ausführliche Pressemitteilung von Tesla müssten daher in wenigen Tagen folgen, um den Aufsehern ausreichend Material zur Verfügung zu stellen.

Anderenfalls könnte Musks kühner Tweet als "irreführendes" oder gar "falsches Statement" gewertet werden - und Klagen gegen Tesla Tür und Tor öffnen.

Ist Tesla für private Investoren überhaupt interessant?

Tesla ist das Gegenteil von dem, wofür sich Private-Equity-Firmen und andere Buy-out-Spezialisten eigentlich interessieren. Normalerweise suchen diese nach profitablen Firmen mit einem soliden, regelmäßigen Cash-Flow. Idealerweise soll das Unternehmen einen auf Pump finanzierten Kauf mit seinen eigenen Erträgen binnen kurzer Zeit selbst finanzieren. Einige Investoren spezialisieren sich auch auf niedrig bewertete Unternehmen, die neu aufgestellt (restrukturiert) werden müssen.

Tesla ist jedoch hoch verschuldet, verbrennt wegen der hohen Kosten für Gigafactory und Serienproduktion des Model 3 viel Geld und ist von nachhaltiger Profitabilität noch weit entfernt. Der Elektroautobauer ist vor allem eine Wette auf die Zukunft - und ist damit als börsennotiertes Unternehmen in der Vergangenheit auch bestens gefahren.

Tesla hat von Börsen-Notierung extrem profitiert

Allein seit 2016 hat sich der Kurs an der Nasdaq mehr als verdoppelt: Tesla-Aktionäre haben immer wieder Geduld bewiesen, wenn Musk seine ehrgeizigen Ziele wieder einmal verschieben musste, und den Kurs auf immer neue Höhen getrieben. Teslas Börsenwert ist deutlich höher als der von Ford  oder General Motors  - weil Tesla-Anleger offenbar auf Musks Visionen vertrauen.

Wenn Musk nun von einem Börsenrückzug als beste Option für Tesla spricht, ist das nicht ohne Ironie: Die hohe Börsenbewertung hat es dem Nasdaq-Liebling Tesla  in der Vergangenheit erleichtert, immer neue Geldquellen zu erschließen und seinen enormen Kapitalhunger zu stillen. Ob private Investoren abseits der Börse noch mehr Geduld mit Musk haben werden, bleibt offen.

Der von Musks Tweet verursachte Kurssprung hat für Tesla nach Angaben der "NZZ"  zudem einen angenehmen Nebeneffekt: Laut Analysten kann das Unternehmen nun Wandelanleihen mit einem Volumen von mehr als 2 Milliarden Dollar bedienen, da der Wandlungspreis durch die Kursrally überschritten wurde. Die Wandlungsoption auszuüben, wäre laut NZZ eine deutliche finanzielle Entlastung für den hoch verschuldeten Elektroautobauer.

Wichtige Nachrichten per Tweet - ein Risiko?

In seiner Vorliebe für Twitter und für einsame, überraschende Entscheidungen ähnelt Elon Musk US-Präsident Donald Trump. Stark kursbewegende Nachrichten per Twitter zu verbreiten, ist für börsennotierte Unternehmen ungewöhnlich und aus Sicht der Börsenaufsicht auch ein Risiko.

Immerhin hat die SEC bereits vor einigen Jahren festgestellt, dass es börsennotierten Unternehmen grundsätzlich erlaubt ist, Nachrichten über Social Media Kanäle zu verbreiten - zumindest dann, wenn sie ihre Aktionäre vorher über diesen Kommunikationsweg informiert haben.

Netflix-Chef Reed Hastings, der 2013 kursrelevante Informationen via Facebook  verbreitet hatte, war aus diesem Grund einer Strafe durch die SEC entgangen. Allerdings enthebt auch eine ganze Serie von Tweets Musk nicht von der Pflicht, der Börsenaufsicht alle notwendigen Informationen gesondert zur Verfügung zu stellen.

Aktionäre können bleiben oder gehen - was denn nun?

Musk wäre nicht Musk, wenn er nicht für alle Aktionäre eine scheinbar ideale Lösung anbieten würde. Er wolle ein spezielles Investmentvehikel schaffen, das jedem Tesla-Aktionär erlauben würde, seine Aktien entweder zu verkaufen oder in Tesla investiert zu bleiben, so das vollmundige Versprechen. Wie dieser "Special Purpose Fund" genau aussehen soll, bleibt offen.

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Auf jeden Fall müsste auch dieser Fonds von der Börsenaufsicht registriert und genehmigt werden. Möglicherweise sollen Tesla-Aktionäre die Chance bekommen, den Gegenwert ihrer Aktien in ein Finanzierungsvehikel zu investieren, das Musk wiederum zur Finanzierung des Buy-outs einsetzen würde: Es wäre dann für all diejenigen interessant, die den Wert von Tesla oberhalb von 420 Dollar ansiedeln. Aber auch hier gilt: Wenige Worte von Elon Musk, viele Fragen offen.

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