Milliardenschulden und weitere Investitionen: Tesla-Chef Elon Musk braucht frisches Geld, auch wenn er noch vor wenigen Wochen noch eine Kapitalerhöhung ausgeschlossen hatte
Foto: Frederic J. Brown/AFPDer amerikanische Elektroautobauer Tesla will nach dem kräftigen Kursanstieg seiner Aktien frisches Geld bei Investoren einsammeln. Mit einer Kapitalerhöhung wolle das Unternehmen zwei Milliarden Dollar einnehmen, teilte Tesla am Donnerstag mit. Erst vergangenen Monat hatte Tesla-Chef Elon Musk die Ausgabe neuer Aktien noch ausgeschlossen.
Tesla sitzt auf einem Schuldenberg von 13,4 Milliarden Dollar und plant weitere Milliarden-Investitionen, unter anderem in den Bau einer Fabrik in Brandenburg. Dennoch hatte Musk vergangenen Monat noch eine Kapitalerhöhung ausgeschlossen. "Es macht keinen Sinn, frisches Geld einzusammeln", sagte Musk damals. Eine Verwässerung der Anteile der Aktionäre scheine kein guter Weg, um die Schulden zu reduzieren.
Damals präsentierte er den zweiten Quartalsgewinn in Folge, die Aktie ging danach ab wie eine Rakete. Binnen weniger Wochen schossen die Anteilsscheine von weniger als 600 Dollar zwischenzeitlich bis auf 969 Dollar in die Höhe. Im vorbörslichen US-Geschäft fielen die Aktien nach der Ankündigung der Kapitalerhöhung zwischenzeitlich um fast fünf Prozent auf 732,50 Dollar, waren damit aber immer noch mehr als drei Mal so teuer wie vor Jahresfrist. Im frühen Handel der Wall Street drehten sie danach allerdings sogar ins Plus und notierten gut zwei Prozent höher bei 785,34 Dollar.
Obwohl Musk vor Optimismus strotze, brauche Tesla Milliarden, um sein Wachstum zu finanzieren, sagte Professor Erik Gordon von der University of Michigan. "Er ist klug, sich Geld zu beschaffen, indem er Aktien zu einem astronomischen Preis verkauft, den er in sechs Monaten vielleicht nicht mehr sehen wird". Tesla hat zuletzt unter anderem zwei Milliarden Dollar in den Bau eines neuen Werks in Shanghai investiert.
Musk selbst will laut Mitteilungen des Unternehmens bis zu 10 Millionen Dollar aus seinem Privatbesitz in neue Tesla-Aktien investieren; Oracle-Gründer Larry Ellison, der in Teslas Aufsichtsrat sitzt, hat bis zu eine Million Dollar an Käufen zugesagt.
Sieht das nach einem soliden, fundamental begründeten Kursanstieg aus? Wohl kaum. Die Aktie von Tesla steigt seit Herbst 2019 mit immer größerem Tempo und hat sich allein seit Anfang Januar im Wert bereits mehr als verdoppelt. Am Mittwoch schoss der Aktienkurs zeitweise auf mehr als 900 Dollar in die Höhe, was Tesla einen Börsenwert von 170 Milliarden Dollar verleiht - mehr als Volkswagen und BMW zusammen.
Wer sich den Kurschart anschaut, fühlt sich allerdings erinnert an ähnliche Exzesse aus der Vergangenheit, sei es beim Bitcoin, beim Ölpreis oder auch zur Jahrtausendwende bei den Tech- und Internetaktien. Stets ging es mit den Kursen oder Preisen zunächst mit zunehmendem Tempo bergauf, bis der Einbruch kam. Der Absturz solch gehypter Werte erfolgt mitunter noch schneller als der Anstieg - wie bei einer Luftblase, die sich auch nicht so schnell aufblasen lässt, wie sie hinterher platzt.
"Das ist ein Short-Squeeze, wie er im Buche steht", kommentierte ein Marktanalyst Teslas Kursexplosion Anfang Februar im "Wall Street Journal". Tatsächlich wurden zu keiner US-Aktie so große Short-Positionen aufgebaut, wie zu jener des US-Elektroautobauers. Dabei wetten Spekulanten auf den Kursverfall der Aktie - wenn das Papier jedoch, wie geschehen, stattdessen steigt, müssen sie irgendwann ihre Position revidieren und zu dem Zweck Aktien kaufen. Das treibt den Kurs zusätzlich in die Höhe und veranlasst weitere Shortseller zur Kehrtwende. Die Folge ist ein sich immer stärker selbst verstärkender Kursauftrieb: Der Short-Squeeze.
Ein Vorbild dafür ist der Ausbruch der Volkswagen-Stammaktien im Oktober 2008. Shortseller hatten im Machtkampf zwischen Porsche und Volkswagen auf die Wolfsburger gesetzt und waren durch eine Erfolgsmeldung aus Zuffenhausen auf dem falschen Fuß erwischt worden. Im Falle Teslas könnte sich der Short-Squeeze allerdings deutlich länger hinziehen - zuletzt befanden sich noch immer große Mengen an Aktien des Autobauers in Short-Positionen, wie die US-Researchfirma S3 Partners manager magazin mitteilte.
S3-Partners-Experte Ihor Dusaniwsky sieht den Grund für das aktuelle Kurshoch allerdings vor allem abseits des Shortseller-Geschäfts. So seien an einem beispielhaften Handelstag Anfang Februar, als der Kurs vorübergehend über die Marke von 900 Dollar sprang, lediglich 669.000 Tesla-Aktien per Short-Covering gehandelt worden, so Dusaniwsky. Insgesamt hätten an jenem Tag dagegen 61 Millionen Papiere den Besitzer gewechselt. Die vergleichsweise geringe Menge an Short-Covering sei also kaum der Grund hinter der Tesla-Rally, so der Fachmann. "Wir sehen starke Käufe auf breiter Basis sowohl von privaten als auch von institutionellen Investoren", schreibt Dusaniwsky in einer Mail an manager magazin. "Die Preisbewegung scheint eine Kombination aus Momentum-Trading und längerfristigem Handeln von Investoren zu sein, die einfach nicht den Einstieg verpassen wollen."
Dennoch: Der Tesla-Kursverlauf ähnelt auch dem des Bitcoin und anderer Kryptowährungen im Jahr 2017. Ebenso wenig wie bei dem Autobauer, der auch 2019 wieder einen Jahresverlust verbucht haben wird, gab es beim Bitcoin fundamentale Gründe, die die extreme Wertentwicklung rechtfertigten: Kaum jemand verstand die Kryptowährungen wirklich, und noch weniger verwendeten sie. Doch jeder sprach darüber und viele wollten sie offenbar besitzen. Die Folge war ein Anstieg des Bitcoin-Preises von weniger als 1000 Dollar zu Beginn des Jahres 2017 auf beinahe 20.000 Dollar im Dezember. Kurz darauf platzte die Blase, das Preisniveau hat der Bitcoin bis heute nicht wieder erreicht.
Einen kurzen, aber heftigen Ausbruch gab es vor einigen Jahren auch bei den Ölpreisen. Im Juli 2008 erreicht beispielsweise der Preis für ein Barrel der Nordseesorte Brent einen Spitzenwert von mehr als 140 Dollar. Der Preis hatte sich zuvor jahrelang unter der Marke von 40 Dollar bewegt und erreichte das exorbitante Niveau auch danach bislang nicht wieder. Grund für den plötzlichen Ausbruch waren euphorische Erwartungen an die Weltkonjunktur, die sich nicht als realistisch erwiesen.
In Erinnerung dürften vielen nach wie vor auch die Kursübertreibungen sein, die unter dem Stichwort "Dot-Com-Blase" in die Finanzgeschichte eingingen: Die Kurse vieler Tech- und Internetaktien wurden zur Jahrtausendwende in astronomische Höhen getrieben, um später wieder rasant auf den Boden der Tatsachen zurückzukehren. Hierzulande gehörten Unternehmen wie Broadvision, EM.TV oder Mobilcom zu den Kurzzeitfavoriten der Anleger.
In den USA nennt beispielsweise das "Wall Street Journal" die Aktie des Halbleiterhersteller Qualcomm als bestes Beispiel. Dessen Kurs stieg allein 1999 - unter Berücksichtigung von Aktiensplits - von fünf Dollar auf 90 Dollar. Dann platzte auch bei Qualcomm die Blase.
Dennoch: Der Tesla-Kursverlauf ähnelt auch dem des Bitcoin und anderer Kryptowährungen im Jahr 2017. Ebenso wenig wie bei dem Autobauer, der auch 2019 wieder einen Jahresverlust verbucht haben wird, gab es beim Bitcoin fundamentale Gründe, die die extreme Wertentwicklung rechtfertigten: Kaum jemand verstand die Kryptowährungen wirklich, und noch weniger verwendeten sie. Doch jeder sprach darüber und viele wollten sie offenbar besitzen. Die Folge war ein Anstieg des Bitcoin-Preises von weniger als 1000 Dollar zu Beginn des Jahres 2017 auf beinahe 20.000 Dollar im Dezember. Kurz darauf platzte die Blase, das Preisniveau hat der Bitcoin bis heute nicht wieder erreicht.
Foto: Dan Kitwood/ Getty ImagesEinen kurzen, aber heftigen Ausbruch gab es vor einigen Jahren auch bei den Ölpreisen. Im Juli 2008 erreicht beispielsweise der Preis für ein Barrel der Nordseesorte Brent einen Spitzenwert von mehr als 140 Dollar. Der Preis hatte sich zuvor jahrelang unter der Marke von 40 Dollar bewegt und erreichte das exorbitante Niveau auch danach bislang nicht wieder. Grund für den plötzlichen Ausbruch waren euphorische Erwartungen an die Weltkonjunktur, die sich nicht als realistisch erwiesen.
Foto: MARWAN NAAMANI / AFP