Index Automatisiertes Fahren Roboterautos - deutsche Hersteller in Pole Position

Deutschland und USA führen gemeinsam den "Index Automatisiertes Fahren" an, Schweden folgt mit Abstand auf dem dritten Platz
Foto: Quelle: fka, Roland BergerWenn nur alles so bliebe. Die deutschen Autohersteller, in diesem Fall insbesondere Audi , BMW und Mercedes, könnten ihre überlegenen automatisierten Autos weiter mit Premiumaufschlag verkaufen - und fänden ausgerechnet bei den zahlungskräftigen und zahlreichen US-Kunden dankbare Abnehmer.
Die Unternehmensberatung Roland Berger und die Aachener Forschungsgesellschaft fka haben in ihrem Index Automatisiertes Fahren zum dritten Mal Hersteller und Märkte verglichen; und wieder liegt Deutschland gemeinsam mit den USA vorn.
Das Knowhow der deutschen Hersteller sei zwar auf einer Höhe mit dem der US-Rivalen wie Tesla , GM und Ford , bilanzieren Berger und fka. Die Deutschen hätten aber schon mehr Fahrerassistenzsysteme in ihre Fahrzeuge eingebaut - und damit mehr Erfahrung.
Für die zukünftige Wettbewerbsposition bedeutet das aber nur wenig. Wer sich beim entscheidenden Zukunftsthema automatisiertes Fahren gegenüber der Konkurrenz durchsetzen will, muss noch weitere Faktoren im Blick behalten ...
Grafik 2: Wettbewerbsvergleich Industrie und Markt

Deutschlands Autoindustrie knapp vorn, USA baut den Vorsprung im Indikator Markt weiter aus (AV Index - Q3 2016)
Foto: Quelle: fka, Roland BergerEs ist noch zu früh, um wirklich auf die Fähigkeit zu schließen, autonom fahrende Autos zu bauen. "Das ist ein Marathon", warnt Roland-Berger-Experte Wolfgang Bernhart. "Wer nach fünf Kilometern vorne liegt, hat noch lange nicht gewonnen."
Bernhart sieht noch etliche Hindernisse vor den deutschen Herstellern. Nicht nur, dass viele Features wie automatisches Einparken und Abstandhalter schnell von Wettbewerbern aufgegriffen werden. Amerikanische Angreifer wie die IT-Konzerne Google und Apple , der Taxidienst Uber und manchmal sogar, so scheint es, auf wundersame Weise der kalifornische Elektromobilitäts-Spezialist Tesla haben Geld im Überfluss - und sie setzen es auch für die Entwicklung neuer Systeme ein.
Zu allem Überfluss mag nicht einmal die Bundesregierung mitspielen. Berger-Berater und fka warnen, dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen in Deutschland das eigentlich bereits verfügbare technische Pozenzial einschränken.
Und dennoch: Einen gewissen Vorteil bringt der Startvorsprung; ...
Grafik 3: Die Aktivitäten der Automobilhersteller (OEM)

Die Autohersteller (OEM) haben ihre Aktivitäten beim Thema autonomes Fahren verstärkt. Dies bedeutet, dass in Serienfahrzeugen immer mehr Fahrassistenz-Systeme vorhanden sind.
Foto: Quelle: fka, Roland Berger... denn auch wenn die eigentliche Revolution erst mit den fahrerlosen Autos im Stadtverkehr beginnt, wie Berger-Mann Bernhart warnt: "Und da ist das Rennen noch offen."
Die vielen bereits verkauften Premiumfahrzeuge mit unterschiedlich weit entwickelten Fahrzeugassistenten bringen Audi, BMW und Mercedes nicht nur eine Menge Erfahrung; mit ihnen können die Deutschen auch das Vertrauen der Kunden gewinnen - und so ihre Marken schon zum Start des Wettrennens gegen die amerikanische Tech-Elite ordentlich aufladen.
Das Ziel indes ist noch weit entfernt, auch weil der Vorsprung in Sachen Kompetenz nicht besonders groß ist - dafür aber der notwendige und vorentscheidende Sprung zum nächsthöheren Niveau um so größer...
Grafik 4: Knowhow-Vergleich der Konkurrenz

Deutschland und USA führen beim AV-Know-how, Südkorea konnte seine Wettbewerbsposition verbessern
Foto: Quelle: fka, Roland BergerDer entscheidende Sprung ist der Übergang von den derzeit angebotenen Fahrerassistenzsystemen, bei denen der Fahrer insbesondere auf der Autobahn für ein paar Sekunden die Hände vom Lenkrad nehmen darf (Fachjargon "Level 3"), zum Roboter-Taxi (Level 4). Die Anforderungen im Stadtverkehr sind gewaltig.
Das Auto muss irgendwann wissen, sich am besten (künstliche Intelligenz!) selber beibringen, wohin zum Beispiel der Fußgänger am Rand im nächsten Moment wahrscheinlich geht, in welche Richtung das Auto auf der Nebenfahrbahn in den nächsten Sekunden steuern wird. "Deshalb gibt es derzeit einen Wettlauf um die besten Experten für Künstliche Intelligenz", sagt Automotive-Berater Bernhart - "und vorne liegen da, so scheint es, die Tech-Konzerne".
Doch die Deutschen legen nach, verbünden sich mit zentralen Partnern wie dem Sensorik-Experten Mobileye, kaufen das Digitalkarten-Unternehmen Here gleich komplett. Ohne Technologie-Partner geht es nicht.
Doch damit nicht genug ...
Grafik 5: Marktanteil der einzelnen Länder

USA, Südkorea und China profitierten vor allem durch die Einführung von relevanten Assistenzfunktionen im Volumensegment (AV Index - Marktpotential von Fahrzeugen mit Advanced Driver Assistance Systems1), Q1 bis Q4 2016)
Foto: Quelle: fka, Roland BergerDer nächste Schritt müssten jetzt neue Computersysteme für die nächste Auto-Generation sein: "Das Roboter-Auto für den Stadtverkehr benötigt einen Bordrechner mit der 500-fachen Leistungsfähigkeit eines heutigen Desktop-Computers", erläutert Berger-Mann Bernhart. Technisch werde das eher unproblematisch. Jedoch: "Die Autos werden anfangs sehr teuer sein; und wirklich billig sind sie wahrscheinlich auch in zehn Jahren noch nicht."
Angreifer gibt es genug, speziell aus den USA und demnächst wohl auch aus China; beide Länder mit dem Vorteil, das sie ihren Herstellern einen großen Heimatmarkt bieten. Bernhart mahnt, auch die koreanische Autoindustrie nicht zu unterschätzen: "Die Koreaner legen sich da sehr ins Zeug; nicht nur was die Forschung angeht. Die Regierung in Seoul dürfte Autos mit autonomen Funktionen stark fördern; und das spätestens, wenn die koreanischen Hersteller die entsprechenden Modelle anbieten."
Noch sind sie nicht so weit. Noch liegen die Deutschen insbesondere mit ihren Top-Modellen vorne ...
Grafik 6: Autonomes Fahren - die Zeitleiste

Grundlage für die Beurteilung der Hersteller-Aktivitäten sind veröffentlichte Fahrerassistenzfunktionen bis hin zum automatischen Fahren (AV Index - Einführungshorizont automatisierte Fahrfunktionen). Daraus ergibt sich folgende Prognose.
Foto: Quelle: fka, Roland Berger... und bieten schon seit einigen Jahren Systeme wie Spurwechsel-, Stau- und Notbrems-Assistent an.
Bald schon folgt das "Parken mit App", dann der Stau-Pilot, und 2018 soll der Highway-Chauffeur eingeschaltet werden. Und dann, Herr Bernhart? Wann können wir das Roboter-Auto kaufen? "Es wird sicher noch mindestens 5 Jahre dauern, bis die Autohersteller wirklich autonom fahrende Autos zu für Privatleute finanzierbaren Preisen anbieten können. Aber in Großflottenversuchen könnten wir solche Modelle noch in diesem Jahrzehnt auf der Straße sehen." Und bei allem Warnen: Die Startposition von BMW , Daimler und Volkswagen sei gut. "Tesla ist auch nicht weiter, im Gegenteil. Der Autopilot in Model S und X ist eben kein wirklicher Autopilot."