Verfahren eingestellt
Kein Prozess wegen Marktmanipulation gegen Ex-VW-Chef Winterkorn
Überraschung im Nachspiel des VW-Abgasskandals: Einen Prozess wegen möglicher Marktmanipulation wird es gegen Martin Winterkorn nun doch nicht geben. Eine gute Nachricht ist das für den früheren Konzernchef aber nur bedingt.
Kein Prozess wegen möglicher Marktmanipulation: Ex-Volkswagen-Chef Martin Winterkorn
Foto: Bernd von Jutrczenka / dpa
Nach der Einstellung des Strafverfahrens gegen die aktuelle VW-Spitze wegen Marktmanipulation im Dieselskandal ist auch der entsprechende Prozess gegen Ex-Konzernchef Martin Winterkorn (73) eingestellt worden. Dies teilte das Landgericht Braunschweig am Freitag mit. Das Verfahren werde eingestellt - an dem ab Ende Februar geplanten Betrugsprozess gegen Winterkorn wegen erhöhter Diesel-Abgaswerte halte man aber fest.
Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass die mögliche Strafe, die auf Winterkorn schon in dem Betrugsverfahren zukommen könnte, deutlich höher sein dürfte als beim Vorwurf einer zu späten Information der Finanzwelt über die Folgen der gefälschten Emissionsdaten der Fahrzeuge. Eine Einstellung komme "in Betracht, wenn die zu erwartende Strafe im Hinblick auf die Straferwartung wegen einer anderen Tat nicht beträchtlich ins Gewicht fällt". Die Wirtschaftsstrafkammer nehme dies an - im sogenannten NOx-Verfahren könne die Teilstrafe erheblich schwerer ins Gewicht fallen.
Winterkorn war - ebenso wie der heutige VW-Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch (69) und der aktuelle Vorstandschef Herbert Diess (62) - im September 2019 von der Braunschweiger Staatsanwaltschaft wegen Marktmanipulation angeklagt worden. Die Ermittler warfen ihnen vor, Anleger zu spät über die finanziellen Risiken der Abgasaffäre ins Bild gesetzt zu haben. Nachdem die Manipulationen an Millionen Dieselmotoren im September 2015 öffentlich bekannt geworden waren, stürzte der VW-Aktienkurs zeitweise ab - Investoren sehen sich getäuscht und fordern in einem Zivilprozess Milliarden-Schadenersatz.
Im Fall von Diess und Pötsch zahlte Volkswagen jeweils 4,5 Millionen Euro an die niedersächsische Justiz. Das Landgericht hatte sich mit den Beteiligten im Rahmen des nicht öffentlichen Zwischenverfahrens auf die Einstellung unter Auflagen verständigt.
Der Diesel-Prozess gegen Winterkorn und vier weitere VW-Manager beginnt nach Angaben des Gerichts voraussichtlich am 25. Februar. Winterkorn hat den Vorwurf des gewerbsmäßigen Bandenbetrugs und der Kfz-Steuerhinterziehung zurückgewiesen.
Volkswagen hatte vor fünf Jahren zugegeben, millionenfach Diesel-Abgaswerte durch eine Abschalteinrichtung manipuliert zu haben. Diese sorgte dafür, dass Autos die erlaubten Stickoxidwerte auf dem Prüfstand zwar einhalten, auf der Straße aber ein Vielfaches dieser Abgase ausstoßen. Noch ist ein Ende der zahlreichen Prozesse von Staatsanwälten, Kunden und Anlegern weltweit nicht absehbar. Die Wiedergutmachung des Skandals hat Volkswagen bisher rund 32 Milliarden Euro gekostet.