Start-up hinter dem Lidl-Auto öffnet sich für Privatkunden So will Vehiculum den Auto-Leasing-Markt aufmischen

Vehiculum-Website: Der Anbieter verspricht einen transparenten Vergleich von monatlichen Leasingraten
Foto: VehiculumDer erste Gehversuch im Privatkunden-Segment war gleich recht ambitioniert: 1000 Stück Fiat 500 wollte Vehiculum Anfang dieses Jahres mit Hilfe des Discounters Lidl verleasen. Gut laufende Autohäuser brauchen mehrere Wochen oder Monate, um diese Menge Fahrzeuge unter die Leute zu bringen. Das Gespann aus Lidl und Vehiculum benötigte nur eine Woche. "Wir werten das als Riesen-Erfolg", meint Vehiculum-Gründer Lukas Steinhilber. "Wir konnten damit zeigen, dass es Kunden gibt, die nicht ins Autohaus gehen müssen".
Die erfolgreiche Aktion hat auch intern etwas beschleunigt - und zwar die Pläne, in den Privatkundenmarkt einzusteigen. Das 2015 gegründete Start-up agierte bislang als Plattform für Leasingangebote, die sich ausschließlich an Gewerbekunden richteten. Als Geldgeber hat Vehiculum Anfang des Jahres neben den Tech-Fonds Coparion und MobilityFunds den russischen Risikokapitalgeber Runa Capital und Smava-Gründer Alexander Artopé gewonnen.
Sieben Millionen Euro hat die jüngste Kapitalrunde Anfang 2019 eingebracht, sie sollte bei der Ausweitung des Geschäftsmodells Richtung Privatkunden helfen. Im dritten Quartal, so hieß es von Seiten des Unternehmens noch vor einigen Wochen, solle es so weit sein.
Nun hat sich Vehiculum lieber für einen Starttermin am Anfang des dritten Quartals entschieden. Ab heute öffnet Vehiculum seine Plattform für Privatleute, die einen Wagen leasen wollen. Von Beginn an können private Autonutzer aus hunderten Modellen von über 20 Herstellern wählen - und für ihr Wunschmodell Raten verschiedener Leasingbanken vergleichen.
Transparenter Vergleich von Leasingraten - mit 0 Euro Anzahlung

Vehiculum-Gründertrio: Guy Moller (links), Lukas Steinhilber (Mitte), Melchior Bauer (rechts)
Foto: VehiculumDamit die Vergleichbarkeit zwischen den Raten fair ist, sind Vehiculums Monatsraten-Preise immer mit 0 Euro Anzahlung angegeben. Und auch die Hauszustellung der Fahrzeuge ist kostenlos. Das Start-up tritt dabei als Vermittler von Leasingangeboten verschiedener Anbieter auf - etwa den von Autoherstellern gegründeten "Autobanken", aber auch unabhängigen Leasinggeldgebern. Zusatzangebote, etwa rund um Wartung oder Versicherung, entwickelt Vehiculum aber gemeinsam mit Partnern auch selbst.
Die Grundidee dahinter beschreibt Gründer und Geschäftsführer Steinhilber so: "Wir wollen Leasing für den Kunden einfacher machen." Bisher, so Steinhilber, seien Leasingraten nur schwer zu durchschauen. Da gebe es mehr oder weniger willkürliche Prämien, die Restwertberechung sei oft kaum zu verstehen. "Es ist für Kunden kaum nachzuvollziehen, warum ein Modell 100 Euro pro Monat kostet und ein vergleichbares anderes Fahrzeug 300 Euro pro Monat. Die Transparenz im Autoleasingmarkt fehlt komplett", so Steinhilber.
Bei vielen Leasingangeboten sei zudem unklar, was die Wartung kostet, in welchen Bereichen man selbst warten müsse - und was das Fahrzeug dann effektiv monatlich an Kosten verschlingt. "Das ist nicht mehr zeitgemäß. Kunden erwarten eine Produkt- und Preisübersicht und schnelle Abschlussmöglichkeit, die wollen wir liefern," so Steinhilber.
Von einer Besonderheit bei vielen Autoleasing-Angeboten, den teils mehrere tausend Euro hohen Anzahlungen, hält Steinhilber wenig: "Wenn Leasing liquiditätsschonend sein soll, dann macht eine Sonderzahlung am Anfang wenig Sinn", meint er. Das würden die anderen Anbieter vor allem deshalb machen, um Raten schönzurechnen. Die bei Vehiculum angegebenen Monatsraten verstehen sich deshalb stets ohne Anzahlung.
"Wenn Online-Autobestellen so einfach ist wie Jeans kaufen, machen es die Leute auch"
Die Bonitätsprüfung der Kunden liege aber immer bei den Leasinganbietern selbst, erklärt Steinhilber sein Modell. Allerdings sei diese innerhalb kurzer Zeit, im Idealfall in wenigen Minuten, erledigt und so deutlich kundenfreundlicher als der traditionelle Weg. Das Ziel von Vehiculum sei es, die bestmögliche Online-Erfahrung zu bieten.
Kunden bestellten deshalb gerne online, weil es bequem sei. "Wenn es so einfach ist ein Auto zu bestellen wie eine Jeans zu kaufen, dann werden das die Kunden auch online machen," meint Steinhilber. Deshalb bemühe sich Vehiculum um die Optimierung aller Prozessschritte bis hin zur Lieferung vor die Haustür.
Vehiculum, so lässt Steinhilber durchblicken, soll zur führenden Plattform für Auto-Leasing-Angebote werden - also eine Art Zalando der Leasingwelt. Vier von zehn Neuwagen in Deutschland wurden im Jahr 2018 geleast, zeigt die jüngste Statistik des Bundesverbandes der Leasingunternehmen. Allerdings sind die Kunden meist Unternehmen, die von besonders günstigen Konditionen profitieren.
Auch Private finden zunehmend Gefallen am Autoleasing
Doch zuletzt kam auch in den Privatkundenmarkt etwas Bewegung: Die Zahl der privaten Leasingkunden stieg zuletzt um 19 Prozent. Offenbar gibt es auch unter privaten Autofahrern mehr Leute, die lieber etwas besitzen statt es gleich zu kaufen - und dafür eine monatliche Nutzungsgebühr zahlen.
Im gewerblichen Markt hat Vehiculums Ansatz laut eigenen Angaben bislang gut funktioniert. Seit 2017 vermittelt das Start-up mit derzeit rund 70 Mitarbeitern Leasingverträge für Firmenwagen, insgesamt im Volumen von knapp 500 Millionen Euro. Eine Verdopplung der vermittelten Verträge pro Jahr sei für sein Start-up ohnedies Pflicht, lässt Steinhilber durchblicken - mit dem Start in den Privatkundenmarkt solle dies nun auch schneller gehen.
Und auch Branchenbeobachter meinen, dass Leasing auch bei Privatkunden zunehmen werde. Aktuell seien bereits rund 5 Prozent der Autokäufer bereit, ein Fahrzeug online und ohne Probefahrt zu kaufen, meint etwa Engelbert Wimmer, Chef der Unternehmensberatung e&Co. Im nächsten Jahrzehnt dürften das bereits 20 Prozent werden - und solche Mobilitätsnutzer dürften auch für Leasingangebote offener sein. "Das kann sogar ein gutes Geschäft werden", ist Wimmer überzeugt. Noch sei der Autoleasing-Markt "weitgehend analog", so Wimmer. "Die großen Anbieter beginnen sich erst jetzt digital zu öffnen".
Diese Trägheit dürfte Start-ups wie Vehiculum einen Startvorteil verschaffen.