GM erwägt Verkauf von Opel an Peugeot Peugeot-Chef will mit Opel die Nummer zwei werden

Carlos Tavares: Der Vorstandschef von PSA Peugeot Citroen greift nach Opel
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Die deutsche Traditionsmarke Opel soll an den französischen Konkurrenten PSA Peugeot Citroen verkauft werden. Der US-Mutterkonzern General Motors befinde sich in Gesprächen über eine Zusammenlegung ihrer Rüsselsheimer Tochter mit dem französischen Konkurrenten, bestätigten Sprecher von Peugeot und General Motors am Dienstag. Es sei jedoch noch ungewiss, ob eine Einigung erzielt werde.
Zuvor hatten die Nachrichtenagenturen Reuters und Bloomberg darüber berichtet. Die Gespräche seien fortgeschritten, eine Vereinbarung könne binnen Tagen verkündet werden, hieß es.
Käme es zu dem Zusammenschluss von Opel und Peugeot, zöge der so fusionierte Autobauer in Europa mit einem Markanteil von 16 Prozent an Renault vorbei und avancierte hinter Volkswagen zum zweitgrößten Hersteller, rechnet Bloomberg vor.
General Motors wiederum zöge damit weitgehend einen Schlussstrich unter sein Engagement in Europa, wo der US-Konzern seit Jahren nur rote Zahlen schreibt. Opel und Peugeot hatten schon einmal vor einigen Jahren eine Allianz angestrebt, am Ende blieb aber lediglich die gemeinsame Produktion von einigen Modellen - zwei "Cross over"-Modelle und ein Nutzfahrzeug.
Aktien von Peugeot und General Motors zogen am Dienstag deutlich an. Auch die Papiere derübrigen Autobauer verbuchten Kursgewinne, weil Anleger offenbar auf den Beginn einer Fusionswelle wetteten. Autoprofessor Ferdinand Dudenhöffer rechnet damit vorerst nicht. Angesichts hoher Investitionen in die Elektromobilität und neue Mobilitätsdienste sei eher mit weiteren Kooperationen in der Branche als mit Fusionen zu rechnen, sagte der Leiter des CAR-Institut an der Uni Duisburg-Essen.
Opel äußerte sich zunächst nicht. Eine Stellungnahme der französischen Regierung und der Familie Peugeot, die je 14 Prozent an dem Zwei-Markenkonzern PSA Peugeot Citroen halten, war zunächst nicht zu erhalten.
Analysten zeigen sich skeptisch: "Aus zwei Lahmen wird kein Gesunder"

Analysten reagierten skeptisch auf den geplanten Zusammenschluss von Opel und Peugeot. "Wenn sich zwei Lahme zusammentun, wird kein Gesunder daraus", sagte ein Experte. Für GM wäre der Verkauf gut, er bezweifle jedoch, dass Peugeot mit Opel glücklich werde. Dudenhöffer meinte: "Eins und Eins ergibt in diesem Fall nicht zwei, sondern eineinhalb."
George Galliers, Analyst bei Evercore ISI, erklärte gegenüber Bloomberg: Angesichts der über Jahre angehäuften Verluste im Europa-Geschäft sei der Schritt von General Motors verständlich. Peugeot dagegen riskiere mit der Übernahme Überkapazitäten aufzubauen. Seiner Einschätzung nach verspreche sich Peugeot von der Übernahme einen Zugriff auf Opels Elektroauto-Technologie (verbaut etwa im Opel Ampera) und geringere Kosten zum Beispiel durch einen gemeinsamen Einkauf.
IG Metall sowie Betriebsrat wähnen Rechtsbruch und fürchten Jobabbau
Die IG Metall und Opels Gesamtbetriebsrat zeigten sich in einer gemeinsamen Erklärung von der Nachricht "überrascht" und warnten zugleich: "Wenn ... Gespräche von GM mit PSA geführt wurden und werden mit dem Ziel, Opel/Vauxhall zu verkaufen, wäre das eine beispiellose Verletzung sämtlicher deutscher wie europäischer Mitbestimmungsrechte."
Natürlich geht es um Mitbestimmungsrechte. Doch die Betriebsräte fürchten auch zu Recht, dass bei Überschneidungen im Produktportfolio und nicht ausgelasteten Werken auf beiden Seiten im Falle einer Fusion Stellen wegfallen, womöglich sogar weitere Standorte geschlossen werden.
Dabei haben sowohl Opel als auch Peugeot bereits schmerzhafte Jahre der Restrukturierung hinter sich. GM hatte in Europa in den zwei zurückliegenden Jahrzehnten Milliarden verloren und schließlich unter großen Protesten die Autoproduktion in Bochum eingestellt.
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Peugeot wiederum musste in dem Pariser Vorort Aulnay ein Werk schließen. Zwar half dies, Überkapazitäten zu reduzieren. Doch haben beide Autobauer mit ihren Produkten nach wie vor eine sehr ähnliche Käuferschicht im Visier. Diese Risiken zeigten sich dann ganz deutlich im Jahr 2014: Nachdem PSA zwischen 2012 und 2014 Verluste von mehr als acht 8 Milliarden Euro angehäuft hatte, beteiligten sich der französische Staat und der chinesischer Wettbewerber Dongfeng an dem Autobauer, um dessen Kapitalnöte zu lindern.
Anfang 2014 übernahm der frühere Renault-Manager Tavares bei PSA das Ruder, strich die Modellpalette deutlich zusammen und legte eine rasante Sanierungsrunde hin. Bereits 2015 kam der Löwe wieder auf die Beine, verbuchte unter dem Strich einen Nettogewinn von 1,2 Milliarden Euro. Die operative Gewinnmarge lag bei zwar bescheidenen aber auskömmlichen 5 Prozent.
Schon einmal suchte Opel den Bund mit Peugeot

Opel gehört seit 1929 Jahren zu GM und hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Ihre Hochzeit erlebte die Marke mit dem Blitz als Logo in den 1950er und 1960er Jahren mit Modellen wie dem Kapitän und Admiral. Damals war Opel eine hochprofitable Tochter von General Motors.
In den 1980er Jahren begann der Abstieg, als Volkswagen aufholte und dem Rüsselsheimer Erzrivalen Marktanteile wegschnappte. Opel fiel wegen Qualitätsproblemen zurück. Danach versuchte GM vergeblich, die deutsche Traditionsmarke wieder auf Kurs zu bringen und tauschte mehrfach die Vorstandschefs aus.
Dies misslang jedoch, weil die Detroiter Mutter ihre Tochter wie einen Ableger behandelte und meist amerikanische Chefs an der Opel-Spitze standen. Viele Modelle verfehlten den Geschmack der Autokäufer. Danach versuchte Opel einen Bund mit Peugeot. Von Plänen für eine breit angelegte Allianz verabschiedete man sich jedoch 2012. Beide Unternehmen arbeiten noch bei der Produktion von SUV und Minivans zusammen.
Brexit durchquerte zuletzt Opels Aufholjagd

GM-Chefin Barra: Bislang fuhr Opel unter ihrer Ägide nur Verluste ein
Foto: Arne Dedert/ dpaAls Anfang 2013 der frühere VW-Manager Karl-Thomas Neumann das Steuer in Rüsselsheim übernahm, keimte neue Hoffnung. GM investierte kräftig in neue Modelle und brachte mit dem Mokka einen kleinen Geländewagen auf den Markt. Die GM-Tochter legte nach Meinung von Experten jedoch nicht schnell genug nach, um stärker vom Trend zu SUV zu profitieren.
Im vergangenen Jahr durchkreuzte der Brexit die Aufholjagd. Opel verfehlte sein Ziel, erstmals seit 1999 schwarze Zahlen zu schreiben. Als Grund für einen Verlust von 257 Millionen Euro nannte Firmenchef Karl-Thomas Neumann Währungsturbulenzen nach dem britischen Referendum für einen EU-Austritt. Opel will nun in diesem Jahr die Gewinnschwelle erreichen.