

Hamburg - Mit großen Show-Gesten geht Toyota üblicherweise höchst sparsam um. Der weltgrößte Autohersteller hat den Ruf, sehr verlässliche, aber nicht überbordend aufregende Autos zu bauen. Ein lauter Auftritt mit gewagten Ankündigungen passt da nicht so recht ins Bild. Doch vergangenen Dienstag ließ es Toyota so richtig krachen - für japanische Verhältnisse.
Die Vorstellung des Brennstoffzellenautos "Mirai" auf der Automesse in Los Angeles hatte der weltgrößte Autohersteller augenscheinlich bestens vorbereitet. Firmenchef Akio Toyoda enthüllte den Namen des Fahrzeugs, der auf japanisch "Zukunft" bedeutet. Kurz darauf gab Toyota bekannt, die ersten Autos bereits im Dezember auszuliefern, um drei Monate früher als bislang erwartet. Zu guter Letzt ließ Toyota einige Journalisten das Auto kurz testen, und die Berichte über das Auto fielen ziemlich wohlwollend aus.
Die Botschaft, die Toyota dabei streuen wollte, war simpel: Der weltgrößte Autohersteller glaubt an den teuren Brennstoffzellenantrieb und bringt deshalb als erster ein entsprechendes Fahrzeug in Großserie auf die Straße. Die Vorstellung des Mirai ließ viele Konkurrenten ziemlich alt aussehen. Die PR-Mission zur Demonstration des Technikvorsprung ist geglückt - doch das konnte der Erzkonkurrent Volkswagen so nicht auf sich sitzen lassen.
VW sieht Golf als Pionier - weil alle Antriebsarten einbaubar sind
Wohl nicht ganz zufällig stellte Volkswagen in Los Angeles drei Fahrzeuge ins Rampenlicht, die mit Wasserstoff statt herkömmlichem Benzin fahren. Gleich zwei solcher Exoten bewarben die Wolfsburger mit einer eigenen Presseaussendung: Den Golf Variant Hymotion und den Audi A7 h-tron. Beide Autos sind Forschungsfahrzeuge - anders als der Mirai, den Toyota nun in Serie baut.
Denn auch Volkswagen forscht wie Daimler oder General Motors seit Jahren an dem Antrieb, der aus Wasserstoff und Sauerstoff Elektrizität erzeugt und beim Fahren nur reines Wasser in die Luft pustet.
Interessant ist dabei, wie stark sich Volkswagen um eine deutliche Abgrenzung von seinem japanischen Konkurrenten bemüht. So werben die Wolfsburger damit, mit dem Golf-Forschungsfahrzeug nun die Brennstoffzelle "technisch in die Großserie" übertragen zu haben. Der Golf, so meint VW, sei nun das weltweit erste Auto mit allen heute realisierbaren Antriebsarten. Toyotas Mirai, so wollen die Wolfsburger damit andeuten, ist eine Sonderentwicklung - die wohl noch lange in der Nische bleiben wird.
VW versieht seine Pressemitteilung aber auch mit großen Einschränkungen. Wasserstoff-Brennstoffzellen können zwar in aktuelle Modelle eingebaut werden. Doch zuerst müssen die Forschungsarbeiten abgeschlossen werden und der Preis für einen solchen Neuwagen deutlich sinken.
Eine gehörige Dosis Bissigkeit gegen die Konkurrenten gestatten sich die Wolfsburger auch noch. "Volkswagen verfolgt - anders als viele Wettbewerber - die Strategie, auch alternative Antriebe auf Basis von Großserienfahrzeugen zu realisieren", heißt es in der Presseaussendung.
Diese Spitze richtet sich direkt gegen die Japaner, die ihren Mirai äußerlich anders gestaltet haben als ihre konventionellen Fahrzeuge - auch wenn unter dem Blechkleid zu großen Teilen Toyota-Serientechnik steckt. Und es ist auch eine Stichelei gegen BMWs Elektroauto i3, das sich äußerlich und innerlich klar von den herkömmlichen Modellen der Bayern unterscheidet.
Der Luxustochter Audi gewähren die Volkswagen-Strategen in Los Angeles da etwas mehr Zurückhaltung. Mit dem Konzeptauto A7 h-tron zeige Audi, dass man auch die Brennstoffzellentechnologie beherrsche, erläutert Technikvorstand Ulrich Hackenberg in der entsprechenden Pressemitteilung.
Der A7 ist laut Hackenberg"sportlich und effizient zugleich", als erstes Wasserstoffauto hat er eine Art Allradantrieb an Bord - und mit 180 km/h Höchstgeschwindigkeit soll er das schnellste Brennstoffzellenfahrzeug sein. In die Serienfertigung könne Audi einsteigen, wenn es Markt und Infrastruktur rechtfertigen, grenzt Hackenberg noch ein.
Toyotas Mittelklasseauto für 80.000 Euro Basispreis
Wasserstoff-Tankstellen sind weltweit bislang noch kaum vorhanden. In Deutschland sind es aktuell nur 17 Stück,, in Japan etwas mehr als drei Dutzend. Langstreckenfahrten sind also nur mit sehr viel Vorausplanung möglich - wenn überhaupt. Toyota weiß das, fertigt seinen Mirai aber trotzdem in größeren Stückzahlen. Ein Grund dafür ist wohl, dass Japan großzügige Förderungen für Wasserstoffautos gewährt und in die Tankstellen-Infrastruktur investiert.
Doch mit großen Absatzzahlen für den Mirai rechnet auch Toyota nicht. Im Heimatmarkt wird das Auto für knapp 50.000 Euro angeboten - nach den staatlichen Subventionen. In Europa soll der Mirai für 80.000 Euro verkauft werden. Dabei ist das Auto von Ausmaßen und Ausstattung gerade mal ein Mittelklassewagen. Das werden sich nur wenige leisten können und wollen. Deshalb rechnet Toyota erstmal mit wenigen hundert verkauften Stück pro Jahr. Erst im nächsten Jahrzehnt sollen die jährlichen Verkaufszahlen in den fünfstelligen Bereich vordringen.
Selbst das ist am Maßstab eines globalen Autoherstellers gemessen ein sehr kleines Nischenprodukt. Doch immerhin ist Toyota früher dran als die Konkurrenz: Daimler will erst 2017 mit der Serienproduktion starten. Hyundai hat ein Brennstoffzellenfahrzeug in Kleinserie von gerade mal 1000 Stück aufgelegt. Wann die Koreaner größere Stückzahlen herstellen wollen, ist noch nicht bekannt.
Volkswagen bleibt wie so oft auch bei der Brennstoffzelle in Wartestellung. Das entspricht der langjährigen Strategie. Denn auch bei Elektroautos haben die Wolfsburger erstmal gewartet, wie sich die Pioniere schlagen - bevor sie mit relativ ausgereifte Stromer wie den E-Golf oder den e-Up in den Handel brachten. Die sind zwar alles andere als revolutionär. Aber sie haben nur wenig Kinderkrankheiten.
Vor kurzem hat Toyota sein Brennstoffzellen-Fahrzeug Mirai vorgestellt, nun schlägt VW zurück: Auf der Automesse in Los Angeles preist VW drei Wasserstoff-Forschungsautos an ¿ unter anderem den Audi A7 h-tron. Ganz mithalten mit dem PR-Aufschlag der Japaner kann VW aber nicht.
Dieses Auto ist Chefsache: In einer Videobotschaft enthüllte Toyota-Boss Akio Toyoda den Namen des Brennstoffzellenautos enthüllt. "Mirai", zu deutsch "Zukunft", heißt das Fahrzeug, das bei Toyota bislang unter dem Kürzel FCV (Fuel Cell Vehicle) firmierte.
In Japan beginnt der Verkauf des Mirai bereits am 15. Dezember - statt wie ursprünglich angekündigt im Frühjahr kommenden Jahres. Das Auto wird rund 50.000 Euro kosten - nach Abzug großzügiger Förderungen. Nach Europa kommt der Mirai erst 2015, Toyota wird für den Wagen rund 66.000 Euro vor Steuern verlangen. Das ist sehr viel Geld für ein Mittelklasseauto.
Der Mirai wird angetrieben von einer Brennstoffzelle. Wasserstoff reagiert mit Sauerstoff zu Wasser, dabei wird Elektrizität erzeugt. Übrig bleibt als Abgas nur Wasserdampf. Auftanken lässt sich Wagen in drei Minuten, mit einer Wasserstoff-Tankladung soll der Mirai 650 Kilometer weit fahren. "Dies ist ein Auto, das alles miteinander verbindet, ohne Kompromisse einzugehen", verkündete Konzernchef Akio Toyoda in seiner Videobotschaft.
Seit mehr als 20 Jahren forscht Toyota an der Brennstoffzellentechnik, wie auch Daimler. Mit großen Stückzahlen rechnet Toyota vorerst nicht: 2015 wollen die Japaner rund 400 Stück des Autos auf ihrem Heimatmarkt verkaufen. Ob Toyota diese ehrgeizigen Ziele schaffen kann, bezweifeln einige Experten. Kritiker...
...warnen vor hohen Kosten der Brennstoffzellen und fehlenden Tankstellen. Aktuell gibt es etwa in Japan nur 40 Wasserstoff-Tankstellen. Ein Grund für Toyotas Eile sind auch Subventionen im Heimatland: In Japan wird die Errichtung der Tank-Infrastruktur vom Staat gefördert, weil sich das Land so unabhängiger von Ölimporten machen will. Dennoch gilt die die Serienfertigung des Mirai in der Branche als gewagt,...
...denn die Fertigung der Brennstoffzellen ist sehr teuer - unter anderem, weil in den Zellen das teure Edelmetall Platin eingesetzt wird. Ab 2020 aber will Toyota "zehntausende" Brennstoffzellenautos produzieren - und hofft auf eine Wiederholung des Prius-Effekts. Toyota hatte 1997 mit dem Verkauf des Hybridautos begonnen.
Damals war die Hybrid-Technik sehr teuer, mittlerweile ist ihr Preis deutlich gesunken. Insgesamt hat Toyota bereits mehr als sieben Millionen Hybridautos verkauft. Mit dem Start des Mirai hat Toyota gut drei Jahre Vorsprung vor Daimler: Die Stuttgarter wollen erst in drei Jahren mit einem serienmäßig hergestellten Brennstoffzellenauto auf den Markt kommen. Ein Problem hat Toyota etwa bei der Wasserstoff-Aufbewahrung gelöst.
Weil die Druchbehälter, in denen der Wasserstoff bei 700 bar aufbewahrt wird, extrem teuer sind, entwickelte Toyota einen neuen Materialmix für die Tanks - was extrem wichtig war, um den Preis auf den nun erzielten Wert zu drücken. Einen Designkompromiss mussten die Japaner allerdings am Heck eingehen.
Das Ende der Limousine ragt ziemlich in die Höhe, was daran liegt, dass unter dem Kofferraum einer der beiden Wasserstofftanks sowie eine Battrie untergebracht sind. Und auch der sehr große Kühlergrill hat einen technischen Grund.
Weil das Auto mit einer Niedrigtemperatur-Brennstoffzelle arbeitet, sind große Kühlluft-Öffnungen nötig, denn die Betriebstemperatur des Stromerzeugers darf nicht höher steigen als etwa 80 Grad Celsius.
Noch ist die Alltagstauglichkeit der Brennstoffzellenautos eher niedrig. In Deutschland gibt es laut Toyota nur 17 passende Tankstellen. Doch auf lange Sicht halten viele Experten Wasserstoff für die beste Alternative zu Benzin und Diesel. Fast alle Autohersteller haben deshalb Brennstoffzellen-Prototypen und Kleinserien-Modelle - diese fahren aber anders als bei Toyota noch in sehr konventionellen Hüllen herum.
Im Jahr 2009 stellte Mercedes die B-Klasse mit Brennstoffzellenantrieb vor. Der Wagen schaffte es aber nie über das Erprobungsstadium hinaus. Jetzt plant Mercedes für das Jahr 2017 mit einem serienreifen Brennstoffzellenauto. Die Stuttgarter arbeiten mit Nissan und Ford zusammen.
Hyundai ix35: Das Brennstoffzellenauto von Hyundai wird in einer Auflage von tausend Exemplaren gebaut und an Firmen oder Behörden verleast. Die meisten der Fahrzeuge sind bereits in Nordeuropa im Einsatz, etwa hundert in Kalifornien.
BMW hat die Entwicklung eines eigenen Wasserstoff-Motors (im Bild der Hydrogen 7) vor einigen Jahren eingestellt - und arbeitet nun direkt mit Toyota zusammen. Der Münchner Autobauer dürfte mit Unterstützung der Japaner etwa 2020 ein Modell mit Brennstoffzelle auf die Straße bringen.
Auch Toyotas schärfster Rivale Volkswagen hat die Brennstoffzellentechnik nicht abgeschrieben. Auf der Automesse in Los Angeles zeigt VW einen Prototyp des Golf mit Brennstoffzellenantrieb, Tochter Audi präsentiert den Prototyp eines Audi A7 mit dem neuen Antrieb. Zwar sehe man derzeit keinen Rahmen für einen Serieneinsatz, sagt ein VW-Sprecher. Man wolle aber zeigen, dass man diese "grundsätzlich hochinteressante" Technik beherrsche.
...warnen vor hohen Kosten der Brennstoffzellen und fehlenden Tankstellen. Aktuell gibt es etwa in Japan nur 40 Wasserstoff-Tankstellen. Ein Grund für Toyotas Eile sind auch Subventionen im Heimatland: In Japan wird die Errichtung der Tank-Infrastruktur vom Staat gefördert, weil sich das Land so unabhängiger von Ölimporten machen will. Dennoch gilt die die Serienfertigung des Mirai in der Branche als gewagt,...
Foto: YOSHIKAZU TSUNO/ AFP