Neues Vertriebskonzept Mercedes will Autohäuser drastisch verkleinern

Der Autohersteller startet eine Digitaloffensive und führt das sogenannte Agenturmodell ein, das die bisherigen Handelspartner entmachtet. Dafür soll in den kommenden Jahren ein Fünftel der Verkaufsfläche überflüssig werden.
Transformatorin: Vertriebsvorständin Britta Seeger

Transformatorin: Vertriebsvorständin Britta Seeger

Foto: imago stock / imago/IP3press

Mercedes-Benz baut seinen Vertrieb um und setzt dabei weniger auf die bisherige Händlerstruktur. "Wir werden in Deutschland bis 2028 etwa 15 bis 20 Prozent der Verkaufsflächen an unseren Standorten reduzieren", sagte Vertriebsvorständin Britta Seeger (52) der Deutschen Presse-Agentur, nachdem zuvor schon die "Stuttgarter Nachrichten" darüber berichtet hatten. Gleichzeitig sollen bis Ende 2022 weltweit 38 Onlineshops ans Netz gehen; Seeger sprach von "Online-Autohäusern".

Mercedes wird damit den Autoverkauf völlig neu organisieren. Bereits im vergangenen Jahr war der Vertrieb in einigen Ländern auf das sogenannte Agenturmodell umgestellt worden. Dabei beraten die zuvor selbständig agierenden Vertragshändler vor allem, während die Preise vom Hersteller vorgegeben werden. Ab 2023 soll dieses Modell nun auch in Deutschland und Großbritannien eingeführt werden, so Seeger. Die Händler in Deutschland hätten dem Modell zugestimmt.

Seeger rechnet damit, dafür künftig weniger Fläche und weniger Standorte zu brauchen. "Wir haben uns genau angesehen, welche Standorte wir in Zukunft noch brauchen", wird sie zitiert. Vor allem Autohäuser an prestigeträchtigen Stellen und Showrooms in Innenstädten größerer Metropolen gelten als attraktiv, um der Kundschaft die neuen Modelle künftig analog vorzuführen. Die Onlineshops, von denen der Konzern bislang erst vier betreibt, sollen als zusätzliches, digitales Schaufenster dienen.

Die Bedeutung für den Konzern ist immens. Für Mercedes-Chef Ola Källenius (52) ist die Digitalisierung des Vertriebs neben der angestrebten Elektrifizierung der Modellpalette "die andere Revolution". Er will mit dem neuen Modell die Margen pro verkauftem Auto hochhalten. 2021 verdiente das Unternehmen pro Auto rund 5800 Euro – mehr als Audi oder BMW.

Neben Mercedes wollen auch BMW und Volkswagen ihre Handelspartner schrittweise auf das Agenturmodell umstellen. Ihre Kundinnen und Kunden sollen die Kauf- und Leasingverträge nicht mehr mit den eigenständigen Autohäusern abschließen, sondern direkt mit den Herstellern. Durch diese Zentralisierung, die Analysten auch für kostengünstiger halten, könnten die Konzerne einheitliche Preise durchsetzen und die oft üblichen Rabatte auf Händlerebene ausschließen. Zwar sehen die Händler das neue Modell eher kritisch, aber sie sollen feste Provisionen bekommen. Die Mercedes-Partner sollen etwa eine Provision von 6,5 Prozent für jeden verkauften Neuwagen erhalten.

lhy/dpa
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