Luxusautobauer mit miesen Zahlen „Es ist ein Blutbad“ – Investoren zählen Lucid-Chef Rawlinson an

Luxus-Elektroautobauer Lucid Motors verbrennt immer schneller Geld. Neben der Produktion schwächelt inzwischen auch der Vertrieb. Der Druck auf CEO Peter Rawlinson wächst.
Hoffnung auf Hilfe von oben? Lucid-Chef Peter Rawlinson steht in der Kritik

Hoffnung auf Hilfe von oben? Lucid-Chef Peter Rawlinson steht in der Kritik

Foto: ANDREW KELLY / REUTERS

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Neulich platzierte Lucid Motors eines seiner Air-Modelle neben eine Supercharger-Station in West Hollywood und wollte wartende Tesla-Fahrer mit kostenlosen Probefahrten anlocken. Doch die vermeintlich clevere Idee werteten einige in den sozialen Netzwerken als Verzweiflungstat. Die Lage bei Lucid ist prekär. Die besten Leute verlassen den Aufsichtsrat , die Zahlen des Luxusautobauers werden immer schlechter.

In der Nacht von Montag auf Dienstag verkündeten CEO Peter Rawlinson (65) und Finanzchefin Sherry House einen Verlust von 779,5 Millionen US-Dollar im ersten Quartal 2023. Der negative Cashflow betrug mehr als eine Milliarde Dollar. Einmal mehr musste Rawlinson seine Vorhaben korrigieren. Hatte er bislang im laufenden Jahr versprochen, bis zu 14.000 Lucid-Modelle zu bauen, geht der Chef nun nur noch von 10.000 Einheiten aus.

Die Produktion ist das prominenteste, aber nur eines von Lucids Problemen. Die Marke wird ihr Elektromodell Air, das Rawlinson bei der Vorlage der aktuellen Zahlen wieder einmal als "das beste am Markt" lobpreiste, offenbar immer schlechter los. Im ersten Quartal produzierte Lucid 2314 Neuwagen, lieferte aber nur 1406 aus. Die Zahl der Vorbesteller – einst rühmte sich Lucid mit 37.000 Reservierungen – weist der Hersteller inzwischen nicht mehr aus. Gleichzeitig schwillt das Inventar auf der Bilanz an, zuletzt auf einen Wert von mehr als einer Milliarde Dollar.

Rawlinson, der jüngst 1300 Mitarbeiter entlassen hatte, begründete die miesen Zahlen in einem Investorencall vor allem mit makroökonomischen Einflüssen. "Unsere Mission und unser Optimismus bleiben unverändert", versuchte Finanzchefin House zu beruhigen. Noch in diesem Jahr werde man mit dem Gravity ein SUV-Modell vorstellen. Um die Finanzen müsse sich niemand Sorgen machen, Lucid habe 4,1 Milliarden Dollar liquider Mittel, das reiche noch mindestens ein Jahr. In Cash sind davon aber nur noch 900 Millionen Dollar übrig geblieben.

Altes Zitat holt Rawlinson ein

Bei Investoren verfangen die Versprechen der Lucid-Spitze immer schlechter. Aktionäre hatten im Vorfeld Fragen einreichen können, den meisten Zuspruch erhielt eine Einsendung, die auf ein früheres Zitat Rawlinsons abzielte: "Ich verspreche gerne zu wenig und liefere gerne zu viel." Bei Lucid sei bislang aber genau das Gegenteil der Fall, warf ein Investor dem CEO vor. Rawlinson betonte, den Frust "sehr ernst" zu nehmen, flüchtete sich dann aber hinter Lieferkettenprobleme, die niemand habe vorhersehen können, und das schwierige Marktumfeld. Lucid befinde sich dennoch weiter in einem "Technologierennen. Und unsere Technologie ist einzigartig."

Lucids ohnehin gebeutelte Aktie verlor nach Bekanntgabe der Zahlen zwischenzeitlich bis zu 9 Prozent. Bei Twitter forderten mehrere User unter Lucids Posting Rawlinsons Entlassung. Tech-Influencer Warren Redlich bewertete die Quartalsbilanz als "ein Blutbad für Lucid".

Ernsthafte Sorgen um seinen Job muss sich Peter Rawlinson aber nur machen, sollte Lucids Hauptinvestor die Geduld verlieren. Rund 60 Prozent am US-Autobauer hält Saudi-Arabiens Staatsfonds. Der baute seinen Einfluss jüngst weiter aus, indem er mit Turqi Alnowaiser einen Abgesandten als Aufsichtsratschef bei Lucid installierte.

Eine wichtige Personalie hatte Rawlinson auch auf operativer Ebene zu verkünden. Andrea Soriani wird neuer Lucid-Marketingchef. Soriani arbeitete in der Vergangenheit unter anderem bei Ferrari und Maserati. Frische Vermarktungsideen kann Lucid gebrauchen. Den Air an der Supercharger-Station in West Hollywood wollte einigen Twitter-Usern zufolge kaum jemand testen.

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