Elektro-Sportwagen mit Hilfe von Geely So weit ist Lotus mit seinen Porsche-Angriffsplänen

Chinas Auto-Zampano Li Shufu hat eine teure Nebenbeschäftigung: Er will die verblasste britische Sportwagenmarke Lotus zum Porsche-Gegenspieler pushen. Nun zeigt sich, wie weit die Pläne für seine Elektro-Boliden bereits gediehen sind.
Verbrenner-Finale: Die Final Editions des Lotus Elise Sport 240 (blau), Lotus Exige Sport 390 (gelb) und Exige Sport 420 (rot) werden nur mehr bis Jahresende gebaut, dann folgt der Lotus Emira als letztes Verbrennermodell vor der Elektro-Komplettumstellung

Verbrenner-Finale: Die Final Editions des Lotus Elise Sport 240 (blau), Lotus Exige Sport 390 (gelb) und Exige Sport 420 (rot) werden nur mehr bis Jahresende gebaut, dann folgt der Lotus Emira als letztes Verbrennermodell vor der Elektro-Komplettumstellung


Foto: Jordan Butters

Einst waren Lotus-Sportwagen bei James-Bond-Filmen im Einsatz, die Marke hatte ein höchst erfolgreiches Formel 1-Team – doch diese gloriösen Zeiten sind schon ein paar Jahrzehnte her. Im vergangenen Jahrzehnt verblasste der einstige Lotus-Hochglanz zusehends: Die Briten verschlissen CEOs wie am Fließband, Eigentümerwechsel führten immer wieder zu großspurigen Ankündigungen – die dann nie in die Tat umgesetzt wurden.

Gerade einmal 1400 Fahrzeuge setzte Lotus im Jahr 2020 ab, in der Autowelt ist so etwas nicht einmal eine Randnotiz. Allerdings hat Lotus seit vier Jahren einen neuen, finanzkräftigen Eigentümer: Li Shufu (57), Gründer des chinesischen Autobauers Geely, Volvo-Eigentümer und Daimler-Großaktionär. Schon beim Kauf von Lotus vor vier Jahren erklärte Li, dass er die darbende britische Sportwagenmarke kräftig aufpolieren will – und stellte bald auch Milliardeninvestitionen bereit, wie manager magazin vor knapp zwei Jahren berichtete .

Nun zeigt ein Bericht der "Financial Times"  (FT), wie weit die Briten mit ihren Comeback-Plänen bereits gekommen sind. Insgesamt kann Lotus 2,5 Milliarden Pfund bis 2028 in die Wiederauferstehung investieren, die Marke will künftig ausschließlich Elektroautos produzieren – und die Verkaufszahlen bis Mitte der Dekade auf "zehntausende" Fahrzeuge jährlich steigern. Das klingt fast wie eine Rede von Boris Johnson über Großbritanniens leuchtende Post-Brexit-Zukunft.

Lotus-Werk in China geplant

Lotus überholt für dieses Ziel seine Modellpalette komplett, künftig werden die Briten neben rein batterieelektrisch angetriebenen Sportwagen auch Elektro-SUVs produzieren. Aktuell schafft Lotus hunderte neue Jobs in Großbritannien: Ab Ende des Jahres soll der Lotus Emira gebaut werden – das letzte Sportwagen-Modell mit einem Verbrennungsmotor unter der Haube. Die Produktionszahlen im Hauptwerk in Hethel sollen sich in den kommenden sieben Jahren verdreifachen, zugleich wird Lotus aber auch ein Werk in China eröffnen – übrigens die erste Lotus-Fabrik außerhalb des Königreichs.

"Zehntausende statt tausende Autos pro Jahr"

"Der Plan wird uns in neue Segmente und neue Teile des Automarkts führen", erklärte der seit Januar amtierende CEO von Lotus, Matt Windle, gegenüber der "FT". "Wenn die Lifestyle-Produkte und die neuen Sportwagen auf den Markt kommen, reden wir über zehntausende Autos pro Jahr, nicht mehr über tausende". Während die Sportwagenproduktion in Großbritannien bleiben wird, sollen die SUVs künftig in China gefertigt werden. Und wie es sich für eine Sportwagenmarke gehört, hat Lotus bereits den Prototypen eines Elektro-"Hypercars" präsentiert: Den Evija, einen Boliden mit 2000 PS, von dem nur 130 Stück gebaut werden sollen - zum Stückpreis von gut 2 Millionen Euro.

Im vergangenen Jahr stellte Lotus exakt 1378 Fahrzeuge her, setzte damit 96 Millionen Pfund um und schrieb einen Verlust von 14 Millionen Pfund. Die schlechten Zahlen, heißt es bei der FT, seien auf die veraltete Produktpalette zurückzuführen. Die aktuell gebauten Sportwagenmodelle Elise, Evora und Exige werden komplett gestrichen, ab Ende des Jahres wird in Hethel nur noch der neue Emira gebaut – und künftig dann reine Elektro-Sportwagen.

Diese werden dann auf einer von insgesamt zwei reinen Elektro-Plattformen stehen, die gemeinsam mit Renaults Sportwagen-Marke Alpine entwickelt werden. Auch eine Zusammenarbeit bei Teilen zwischen den Briten und Franzosen ist laut Windle denkbar, allerdings kein Bau von Alpine-Modellen in Großbritannien oder von Lotus-Sportwagen in Frankreich.

Pläne für ein Elektro-SUV: Porsche, Lamborghini und Aston Martin sind voraus

Bei der Entwicklung der zweiten E-Plattform für Elektro-SUVs wird Lotus' Expertise im Leichtbau einfließen. Auch die SUV-Plattform müsse "leicht und einfach" sein, sagte Windle – und in Geländeautos mit hohem Fahrspaß münden.

Mit seinen SUV-Plänen begibt sich Lotus in ein umkämpftes Marktsegment unter Sportwagen-Spezialisten: Neben Porsche und Lamborghini hat auch die britische Konkurrenz von Aston Martin mit dem DBX ein solches Fahrzeug im Angebot. Selbst Ferrari plant mit dem Purosangue einen höhergelegten Sportwagen.

Was Lotus allerdings noch vermisst, ließ Windle gegenüber der FT auch durchblicken: Noch fehlt der Marke ein Vertrag zu Batterien. In Betracht kommen dabei aber nur Lieferanten aus Großbritannien oder dem EU-Raum, weil nur so zollfreie Lieferungen an Großbritannien möglich sind. Daran lässt sich auch sehen, dass der Brexit der britischen Autoindustrie nach wie vor zu schaffen macht.

wed
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