Schnelle Ladesäulen Jolt Energy tritt mit 150 Millionen Euro gegen Volkswagen an

Elektrisiert: Jolt-Energy-Chef Maurice Neligan tritt mit seinem Start-up unter anderem gegen seinen Ex-Arbeitgeber Volkswagen an
Foto: Stephan RumpfDieser Artikel gehört zum Angebot von manager-magazin+. Sie können ihn auch ohne Abonnement lesen, weil er Ihnen geschenkt wurde.
Seine erste Karriere hatte Maurice Neligan (56) als klassischer Carguy in Großkonzernen. Siemens, Continental, MAN – der gebürtige Ire arbeitete sich über 20 Jahre in der deutschen Autoindustrie nach oben. Doch 2017 hatte er genug. Dem "Handelsblatt" sagte Neligan vor Kurzem, mit dem Dieselskandal rund um Volkswagen sei ihm klar geworden, dass der Verbrenner seinem Ende entgegensteuere. Für sich selbst sah Neligan darin eine Chance: Er gründete in München eine Ladesäulen-Firma namens Jolt Energy.
Neligan will das Schnellladen in Innenstädte bringen. Dort gibt es heute zumeist nur langsame AC-Säulen mit maximal 22 Kilowatt Ladeleistung. Mehr lässt das Stromnetz vielerorts nicht zu. Wenn doch, wären für den Anschluss ans Mittelspannungsnetz größere Bauarbeiten nötig. Neligans Lösung: Jolts Ladesäulen nutzen integrierte Batterien als Pufferspeicher. Sie kommen so mit einem Anschluss ans Niederspannungsnetz aus und können trotzdem bis zu 320 Kilowatt abgeben. E-Autofahrer sollen so Strom für 200 Kilometer Reichweite in zehn Minuten nachladen können.
Die Idee hat bei Infrared Capital Partners verfangen. Der Infrastruktur-Kapitalgeber stattet Jolt Energy jetzt mit 150 Millionen Euro aus. Das Geld solle in den Aufbau von "Tausenden Schnellladestationen in europäischen und nordamerikanischen Städten" fließen, teilte das Start-up mit. Mittelfristig wird das Unternehmen dafür weiteres Fremdkapital benötigen.
Die idealen Standorte für seine Säulen vermutet Jolt Energy an Tankstellen, Supermärkten, Hotels oder Restaurants, auch mit Kommunen, Flughäfen oder Bahnhöfen sucht das Start-up das Gespräch. Aufbau und Betrieb übernehme man selbst im Gegenzug für Standorte in guten Lagen. Deren Grundstückseigentümer müssten nichts investieren und könnten über ein Mietmodell oder eine Umsatzbeteiligung wirtschaftlich von den Säulen profitieren.
Neligan selbst will mit dem Weiterverkauf des Stroms Geld verdienen. Die integrierten Speicher füllt Jolt Energy im besten Fall dann auf, wenn an den Strombörsen Ökostrom im Überfluss verfügbar ist. Neben dem Stromhandel will Neligan aber auch mit Reklame Geld verdienen: Ausgestattet mit einem großen Display eignet sich die Ladesäule "Jolt Merlin One" als digitale Litfaßsäule.
Konkurrenz vom Ex-Arbeitgeber
Reklame in eigener Sache hat auch Neligan drauf: "Unsere ultra-schnellen Ladestationen mit leistungsstarken Batteriespeichern sind das fehlende Bindeglied, um die Energie- und Verkehrswende in Städten zu beschleunigen." Allein auf weiter Flur ist er mit seiner Idee aber nicht. Mit "Numbat" verfolgt ein weiteres Start-up einen ähnlichen Ansatz. Das Unternehmen aus Kempten im Allgäu rechnet 2024 nach eigenen Angaben mit einem dreistelligen Millionenumsatz. Bekanntester Numbat-Kunde ist die Supermarktkette Feneberg.
Auch mit einem seiner ehemaligen Arbeitgeber konkurriert Maurice Neligan: dem Volkswagen-Konzern. Der bietet über seine Lade-Tochter Elli ebenfalls Schnellladesäulen mit integrierten Pufferspeichern an. Abnehmer sind beispielsweise Eon, BP und Shell. Mit Audi experimentiert noch eine weitere VW-Tochter mit Pufferspeichern und betreibt drei sogenannte "Charging Hubs" in Nürnberg, Zürich und Berlin.
Neben der starken Konkurrenz ist auch die Bürokratie hierzulande eine Hürde für Neligan. Der Anschluss ans Niederspannungsnetz kann sich selbst an fertigen Ladestandorten monatelang ziehen. In Deutschland ist Jolt Energy laut eigener Website bis dato an neun Esso-Tankstellen in großen Städten vertreten. Bis Ende des Jahres will das Unternehmen "weitere 100" Säulen hierzulande installieren. Vorausgesetzt, Abnehmer und Stadtwerke spielen mit.