

Sie stoßen weder CO2 noch Stickoxide aus, lassen sich innerhalb von Minuten betanken, und aus dem Auspuff tropft höchstens reines Trinkwasser: Theoretisch sind Fahrzeuge mit Wasserstoffantrieb die ideale Lösung, um endgültig Abschied zu nehmen von Benzin- und Dieselmotoren. Seit Jahrzehnten forscht die Autobranche an Elektroantrieben, deren Strom aus mit Wasserstoff betriebenen Brennstoffzellen stammt.
Dumm nur, dass der Antrieb bislang an der Realität gescheitert ist: Die Produktion von Wasserstoff mittels Elektrolyse erfordert sehr viel elektrische Energie und ist nach wie vor um ein Vielfaches teurer, als Erdöl aus der Tiefe zu pumpen. Brennstoffzellen enthalten zudem größere Mengen des teuren Edelmetalls Platin, was ihre Herstellung sehr teuer macht. Wohl auch deshalb gibt es weltweit nur ein paar Dutzend Wasserstofftankstellen, die für ihre Betreiber kaum kostendeckend sein dürften.
Der Inselstaat Japan setzt allerdings stark darauf, sich bald von Treibstoffimporten unabhängiger zu machen - und investiert kräftig in die entsprechende Infrastruktur. Kein Wunder also, dass zwei der bislang drei Autohersteller, die Brennstoffzellen-Autos in Serie bauen, aus Japan kommen. Und der größte japanische Autoproduzent Toyota, dessen Brennstoffzellen-Auto Mirai nun seit zwei Jahren auf dem Markt ist, plant für die Zukunft auch etwas größere Gefährte als Mittelklasse-Wagen.
Vor wenigen hat Toyota in Los Angeles ein Testfahrzeug von monströsen Ausmaßen vorgestellt: Den "Project Portal" Lkw, einen 36-Tonner, der mit Wasserstoff betrieben bis zu 320 Kilometer weit mit einer Tankladung fahren soll. 18 Räder hat das Fahrzeug, das künftig in den Häfen von L.A. Güter emissionsfrei transportieren soll. Im Sommer startet die Machbarkeitsstudie mit dem Test-Truck, die laut Toyota das "Potenzial der Brennstoffzellen-Technologie bei Schwerlast-Anwendungen" untersuchen soll.
670 PS - und eine Batterie, die geradezu winzig ist
Den gesamten Wasserstofftank samt der Batterie für den Truck haben die Japaner in einem blauen Container hinter dem Lkw-Führerhaus untergebracht, der in etwa die Ausmaße eines Gartenschuppens hat. In ihm befinden sich zwei Brennstoffzellen, die aus Toyotas Wasserstoff-Pkw Mirai stammen, sowie mehrere zylinderförmige Wasserstoff-Tanks und eine vergleichsweise kleine Batterie mit 12 kWh Speicherkapazität. 670 PS und fast 1800 Newtonmeter Drehmoment bringt der Brennstoffzellen-Riese auf die Straße.
Etwas blumig wollen die Japaner ihren Test-Lkw als "Teil des Toyota-Bekenntnisses zur Brennstoffzellentechnologie und zu einer wasserstoffbasierten Gesellschaft" wissen. Purer Zufall war die Pressevorstellung in L.A. Ende vergangener Woche wohl nicht. Denn kurz zuvor hatte Tesla-Chef Elon Musk via Twitter die Vorstellung eines Elektro-Lastwagens für September in Aussicht gestellt. Zu Preisen, Reichweite oder Größe machte Musk keine Angaben.
Branchenkenner bezweifeln jedoch, dass Elektro-Lkws mit größerer Nutzlast überhaupt für Langstrecken bauen lassen. Um konkurrenzfähig zu herkömmlichen Lkws zu sein, müssten Schwer-Lkw zwischen 600 und 800 Kilometern Strecke mit einer Akkuladung bewältigen können. Um das mit heutiger Technik zu schaffen, müssten sie mehrere Tonnen Lithium-Ionen-Batterien mitschleppen, was wiederum die Nutzlast reduzieren würde.
Auch ein US-Startup setzt auf Brennstoffzellen in Lkws
Ungeklärt ist auch noch, wie sich so große Batterien in kurzer Zeit wiederaufladen ließen. Erste Vorstöße in Richtung Elektro-Lkws gibt es auch in Deutschland: So stellte Daimler vor einem Jahr einen Elektro-Test-Lkw mit rund 200 Kilometern Reichweite vor, der für Lieferungen in Ballungsräumen gedacht ist - manager-magazin.de berichtete.
In den USA will das Startup Nikola Motors einen schweren Elektro-Lkw mit Brennstoffzellen oder Gasturbinen zur Energieerzeugung an Bord kombinieren. Dessen Batterien sollen allerdings mit einer Kapazität von 320 kWh um ein Vielfaches größer ausfallen als jene des Toyota-Trucks.
Nikola Motors hat die erste Version seines Trucks im Dezember 2016 präsentiert, ab 2019 soll der "Nikola One" genannte Sattelschlepper auf den Markt kommen.
Doch auch wenn Nikola die Serienfertigung gelingen sollte: Eine flächendeckende Versorgung der USA mit Wasserstoff-Tankstellen ist derzeit längst nicht in Sicht.
So groß kann ein Wasserstoff-Fahrzeug sein: Toyota hat in Kalifornien nun einen Test-Lkw mit dem unprätenziösen Namen "Project Portal" vorgestellt. Der 36-Tonner wird mit Brennstoffzellen betrieben, die in dem blauen Kasten hinter dem Führerhaus untergebracht sind ...
... in dem Truck kommen zwei Brennstoffzellen aus Toyotas Wasserstoff-Serienauto Mirai zum Einsatz. Gekoppelt sind sie mit einer Lithium-Ionen-Batterie, die mit 12 kWh Speicherkapazität eher klein dimensioniert ist.
Laut Toyota reicht die Kraft der Brennstoffzellen, die Wasserstoff in elektrische Energie umwandeln, für den Betrieb des Schwer-Lkws aus. Dessen Elektroantrieb bringt immerhin 670 PS und fast 1800 Newtonmeter Drehmoment auf die Straße, mit einer Tankladung fährt er bis zu 320 Kilometer weit. Eingesetzt ...
... wird der schwere Brummer ab dem Sommer in den Hafenanlagen von Los Angeles, wie Toyotas US-Marketingchef Bob Carter (im Bild) am 19. April 2017 bekanntgab. Ziel des Tests ist es zu erkunden, wie weit ...
... der Einsatz eines solchen Wasserstoff-Lkws im Alltag machbar ist. Langstrecken wird der Wasserstoff-Truck dabei nicht zurücklegen - denn dafür fehlt noch die Wasserstofftankstellen-Infrastruktur.
Abfahrt im Hamburger Morgennebel: An der Vattenfall-Wasserstofftankstelle beginnt die zweitägige Expedition im Brennstoffzellenauto Toyota Mirai für die mm.de-Redakteure Wilfried Eckl-Dorna (l.) und Nils-Viktor Sorge.
Die Route soll über Berlin, Geiselwind bei Würzburg, Mainz und das Ruhrgebiet zurück nach Hamburg führen. Gute Planung ist alles - das Netz von Wasserstofftankstellen ist noch weit. An den grünen Standorten ist zapfen möglich, an den grauen sollen bald Tankstellen entstehen. Die roten Symbole stehen für Stationen, die nicht in Betrieb sind.
Das Tanken selbst ist einfach. Es dauert nur wenige Minuten bis sich 700 Bar Druck aufgebaut haben und der Wasserstoff in die zwei Tanks des Mirai fließen kann.
Wir wechseln uns ab - einer fährt, einer füllt den Live-Ticker. Unser erster Eindruck auf der Strecke nach Berlin. Sobald der Mirai etwa 120 Stundenkilometer oder schneller fährt, schnellt der Verbrauch deutlich in die Höhe. Die 300 Kilometer nach Berlin stellen bei zügiger Fahrweise jedoch kein Problem dar. Es ist beeindruckend und beinahe surreal, mit einem Auto über die Autobahn zu sprinten, aus dessen Auspuff lediglich Wasser kommt.
In Berlin warten die Tesla-Fahrer Hansjörg Eberhard von Gemmingen (2.v.l.) und Fabian Becker (3.v.l.) auf uns. Wir starten zu einer Vergleichsfahrt mit zwei Teslas: Wer kommt auf den 450 Kilometern nach Geiselwind eher ans Ziel - der wasserstoffbetriebene Toyota Mirai oder ein batterie-elektrischer Tesla? Alle Fahrzeuge haben eine offizielle Reichweite von etwa 500 Kilometern. Wer zu schnell fährt, schafft es möglicherweise gar nicht bis ans Ziel - weil Tank beziehungsweise Batterie leer ist.
Das gilt allerdings nicht für Tesla-Fahrer Becker (rot markiert). Er darf als einziger zweimal auf der Strecke Strom nachtanken. Das kostet zwar Zeit, doch dafür kann er schneller fahren. Tesla-Fahrer von Gemmingen (violett) muss wie wir im Mirai (blau) mit einer Energieladung auskommen.
Nun muss der MIrai zeigen, was er kann: Ist die große Reichweite wirklich die Stärke eines Brennstoffzellen-Autos?
Tesla-Fahrer von Gemmingen hat seine Batterie schon auf 180.000 Kilometern beansprucht - und ist dennoch zuversichtlich, ans Ziel zu kommen.
Als erster in Geiselwind kommt Schnellfahrer Becker an - mit deutlichem Vorsprung. Der Mirai und der andere Tesla liefern sich bis kurz vor Schluss ein enges "Rennen" - lange bei etwa 90 Stundenkilometer und manchmal im Windschatten von Lkws, um Energie zu sparen. Erst am Schluss spurten beide ans Ziel - doch wir im Mirai verpassen die Ausfahrt und erreichen somit nur Platz drei. Immerhin ist unser Tank trotz der zusätzlichen 20 Kilometer immer noch nicht leer!
In Geiselwind warteten bereits zahlreiche User, die die Fahrt auf manager-magazin.de verfolgt hatten.
Überraschung am Dienstag morgen: Der Mirai ist zugefroren. Er kommt aber schnell auf Touren und bringt uns nach Mainz.
Dort empfangen uns Kai Abkemeier (r.) und Wolfgang Schröder von Linde an der größten Power-to-Gas-Anlage der Welt, die nach dem Protonen-Austausch-Membran-Prinzip funktioniert. Die kleine Fabrik stellt Wasserstoff aus Wasser und Strom her und liefert damit den Treibstoff für den Toyota Mirai.
Die Anlage soll gleichzeitig das Stromnetz stabilisieren: Immer wenn zu viel Elektrizität anfällt - etwa aus Windrädern bei Sturm - springt sie an und nutzt den Überfluss-Strom, um günstig Wasserstoff herzustellen. Das Verfahren ist immerhin so weit entwickelt, dass sich der Wasserstoff für etwa fünf Euro pro Kilogramm herstellen lässt (Tankstellenpreis: 9,50 Euro). Allerdings muss die Anlage dafür gut ausgelastet sein, und der benötigte Strom muss von Netzentgelten und anderen Abgaben befreit sein.
Von Mainz geht die Fahrt weiter in Richtung Lünen bei Dortmund. Dort wollen wir Daimler-Chef Dieter Zetsche und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) treffen. Sie eröffnen einen Batteriespeicher aus alten Elektroauto-Batterien. Wir wollen wissen, wie es die beiden mit dem Wasserstoff halten. Daimler hat die Einführung seiner Brennstoffzellenautos immer weiter verzögert - etwa auf den St. Nimmerleistag?
Doch ein langer Tankstopp weit abseits der Autobahn in Düsseldorf sowie der notorische Ruhrgebietsstau (das Foto zeigt dichten Verkehr am Vortag in Sachsen) durchkreuzen unseren Plan. Wir können den Termin nicht einhalten. Statt nach Lünen fahren wir bei Sonnenuntergang direkt nach Hamburg zurück, wo wir gegen 22 Uhr eintreffen.
Er ist 3,40 Meter hoch, 10 Meter lang und mit Aufbau 2,60 Meter breit: Das sind die Eckdaten des "urban eTruck", den Daimler im Juli 2016 vorgestellt hat. Noch ist der 26-Tonner ein Versuchsfahrzeug, eine Serienfertigung stellt Daimler ab 2020 in Aussicht. Gedacht ...
... ist ein solches Fahrzeug für den städtischen Verteilerverkehr, erklärte Wolfgang Bernhard, der damalige Chef von Daimlers Nutzfahrzeugsparte, bei der Präsentation in Stuttgart. Der Truck ist flüsterleise und stößt keine Abgase aus, wäre also für smog- und feinstaubgeplagte Innenstädte ideal. Und er kommt mit einer Ladung ganz schön weit ...
... 200 Kilometer soll der E-Truck mit vollgeladenen Lithium-Ionen-Batterien bei voller Zuladung schaffen, verspricht Daimler. Dabei kann der Truck um nur 700 Kilo weniger Nutzlast aufnehmen als ein Diesel-Bruder in der selben Größenklasse. Bei 26 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht fällt das aber nicht so richtig ins Gewicht.
Die Akkus sind zwischen der Vorder- und Hinterachse untergebracht und bieten eine Kapazität von 212 Kilowattstunden. Das ist mehr als doppelt so viel wie zwei Tesla Model S-Elektroautos in der stärksten Version.
Laden lässt sich der Truck per CCS-Schnellladestecker. Die Akkus würden bis zu 150 KwH Ladeleistung verkraften, hieß es bei der Präsentation. Doch realistisch auf der Infrastrukturseite seien in den nächsten Jahren 100 KwH, meinen die Techniker. Damit würde eine Vollladung etwas über zwei Stunden dauern.
Die Camouflage-Lackierung des Trucks hatte einen einzigen Sinn: Das Design noch ein wenig zu verschleiern. Denn das finale Erscheinungsbild des E-Lkw wollten die Daimler-Trucker erst auf der Nutzfahrzeug-IAA im September 2016 präsentieren. Vor der geplanten Serienfertigung muss Daimler noch ein kniffliges Problem lösen.
Zwar sind Lithium-Ionen-Batterien in den vergangenen Jahren deutlich billiger geworden bei gleichzeitiger Leistungssteigerung. Doch noch ist der Truck im Vergleich zu seinen Diesel-Brüdern deutlich zu teuer. Maximal 40 Prozent teurer als ein herkömmlicher Lkw darf der E-Truck sein in der Anschaffung sein, gab Daimler-Obertrucker Bernhard vor. Sonst ...
... rechnet sich das für die Lkw-Kunden nie - und die investieren nur, wenn sie dabei klare Kostenvorteile sehen. Die ersten E-Lkw hat Daimler bereits im Einsatz - als Versuchsflotten mit dem Leicht-Lkw Fuso Canter. Elektrisch angetriebene Langstrecken-Lkw wird es von Daimler jedoch nicht geben. Dafür sei die Batterietechnologie schlicht noch nicht weit genug, sagt Bernhard.