Umbruch bei Autohersteller Volvo wird ab 2030 reine Elektro-Marke, verkauft E-Autos nur noch online

XC40 Recharge als Vorreiter: Der erste vollelektrische Volvo ist nur die Vorhut - bis Mitte des Jahrzehnts will die Marke insgesamt acht rein batterieelektrische Modelle bieten
Foto: Volvo CarsJaguar will ab 2025 ausschließlich Autos mit reinem E-Antrieb verkaufen, bei Porsche sollen dann die Hälfte aller verkauften Neuwagen rein elektrisch oder mit Plugin-Hybridantrieb fahren: All das sind Zeichen, dass die Autobranche den Abschied vom Verbrennungsmotor kräftig beschleunigt.
Die bisherigen großen Elektro-Ankündigungen kamen häufig von Marken, deren Absatzzahlen vergleichsweise gering waren – und für die das Umschwenken auf reinen Batterie-Elektroantrieb deshalb etwas einfacher sein dürfte. Nun wagt sich mit dem schwedisch-chinesischen Luxusautobauer Volvo (Fahrzeugabsatz 2020: 705.452 Pkw, Jahresgewinn im Corona-Jahr: 770 Millionen Euro) ein deutlich größerer Hersteller aus der Verbrenner-Deckung.
Ab 2030 will Volvo nur noch reine Elektroautos bauen und verkaufen, heißt es in einer Presseaussendung, die manager magazin vorab vorlag. Und anders als etwa Porsche will Volvo in 9 Jahren nicht nur auf Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor verzichten, sondern auch keine mit Hybridantrieben mehr anbieten. Damit setze Volvo seine Elektrifizierungsstrategie noch schneller um als zunächst geplant, heißt es in der Mitteilung.

Volvos Fahrplan zur Abschaffung des Verbrenners: Bis Mitte des Jahrzehnts will Volvo sieben reine Batterie-Elektroautos im Programm haben. Aktuell ist es mit dem XC40 Recharge (im Bild oben links) genau ein Modell, in Kürze wird auf dem XC40 basierendes Elektro-Crossover-Modell vorgestellt.
Der Volvo-Modellfahrplan sieht aber auch noch ein kompakteres E-Modell vor mit dem internen Titel XC20 (Mitte der mittleren Reihe), der Full-Size SUV XC90 (unterste Reihe) wird ebenfalls vollelektrifiziert, es ist auch offenbar ein noch etwas größeres Elektro-Modell geplant. Die mittlere Reihe deutet auf drei rein elektrische Crossover-Modelle hin. Der obersten Reihe lässt sich entnehmen, dass auch der Midsize-SUV XC60 noch bis Mitte des Jahrzehnts einen rein elektrischen Nachfolger erhält.
Foto: Volvo CarsVolvo gehört seit 2010 zum chinesischen Autobauer Geely, dessen Gründer Li Shufu (57) knapp 10 Prozent am deutschen Autobauer Daimler hält. Vor knapp vier Jahren hatte Volvo bereits einmal den Abschied vom Verbrenner ausgerufen, sich dabei aber eine Hintertür offengelassen: Denn die damals für 2019 angekündigte vollelektrifizierte Neuwagenflotte enthielt auch sogenannte Mildhybrid-Motoren, die den Verbrauch eines Verbrennungsmotors nur geringfügig senken. Im Jahr 2017 wollte sich Volvo-Chef Håkan Samuelsson (69) noch nicht festlegen, ab welchem Jahr die Schweden mehr Plug-in und reine Batterie-Elektroantriebe verkaufen als konventionelle Fahrzeuge.
Volvo: "Handelsmodell steht vor einem grundlegenden Wandel"
In dieser Hinsicht lässt die aktuelle Ankündigung nun keinen Zweifel: Nun ist klar, dass Volvo in neun Jahren keinen konventionellen Benzin- oder Dieselantrieb mehr verkaufen wird. Volvo macht dies laut Eigenangaben nicht nur, um die ehrgeizigen Klimaziele weltweit zu erreichen. Schon heute steigt laut Volvo der Anteil der Kunden, die sich für elektrifizierte Modelle entscheiden. Im vergangenen Jahr entschied sich bereits fast jeder dritte Volvo-Kunde für einen Volvo mit an einer Steckdose aufladbarem Akku, erläuterte Volvo-Deutschlandchef Thomas Bauch kürzlich.
Verkauf von Elektroautos nur noch online
Für Hochspannung vor allem unter den Händlern dürfte aber eine zweite Ankündigung sorgen. Denn Volvo will seine Elektroautos künftig ausschließlich online verkaufen. Und das nicht in ferner Zukunft, sondern quasi ab sofort - beginnend mit dem Elektro-SUV XC40 Recharge des Modelljahres 2022. "Auch wenn das derzeitige Handelsmodell vor einem grundlegenden Wandel steht, kommt den Vertragspartnern weiterhin eine wichtige Rolle zu", heißt es in einer weiteren Presseaussendung. Sie sollen Anlaufstelle für die Kunden bleiben und den weiteren Aufbau der Kundenbeziehungen stärken. Details dazu lesen Sie auch im manager magazin-Interview mit Volvo-CEO Håkan Samuelsson.
"Anstatt in ein schrumpfendes Geschäft zu investieren, investieren wir lieber in die Zukunft – elektrisch und online", lässt sich Volvo-Chef Samuelsson in der Presseaussendung zitieren. Sein Unternehmen wolle so "eine führende Position" im schnell wachsenden Premium-Elektroauto-Segment einnehmen und werde sich auch deshalb in Zukunft auf die Entwicklung von E-Autos konzentrieren.

Diese Elektroautos kommen 2021 auf den Markt
Um den Onlinevertrieb zu verbessern, will Volvo "erheblich" in seine Online-Vertriebskanäle investieren. Damit soll auch die "Komplexität im Produktangebot" reduziert und mit "transparenten und festgelegten Preismodellen" gearbeitet werden. Das deutet darauf hin, dass Volvo ausschließlich reine E-Modelle online anbietet. Diese sollen wohl vorkonfiguriert angeboten werden, lassen sich also nicht mehr so stark mit aufpreispflichtigen Extras "personalisieren". Zudem dürfte sich Volvo wohl auch vom Online-Vertrieb älterer Modelle mit Verbrennungsmotoren oder Plugin-Hybridmotorisierungen verabschieden.
Bisher hat Volvo mit dem XC40 Recharge ein einziges reines Batterie-Elektromodell im Programm, ein weiteres Modell wird in Kürze vorgestellt.
Feilschen um E-Auto-Neuwagenpreis können Kunden vergessen
Zum anderen gehört damit bei Volvos E-Autos das Feilschen um Rabatte der Vergangenheit an. "Das transparente Preismodell mit feststehenden Konditionen macht Verhandlungen überflüssig", heißt es dazu . Die Rolle der Volvo-Händler ändert sich in naher Zukunft: Sie sollen laut Volvo "entscheidender Teil des Kundenerlebnisses bleiben" – und in Deutschland auch die zentrale Anlaufstelle für Kunden. Händler sollen somit weiterhin Kunden beraten und Probefahrten ermöglichen. Auch Dienstleistungen wie "der Verkauf, die Vorbereitung, Auslieferung und Wartung der Fahrzeuge liegen in der Verantwortung der Vertragspartner", versichert Volvo in der Presseaussendung.
Bloß eines dürfte für die Händler künftig schwer werden: Der Pressemitteilung lässt sich nicht entnehmen, in welchem Umfang Händler an der Marge jedes online verkauften Autos beteiligt werden. Für deutsche Autohändler war der Verkauf von Neuwagen laut Handelsverbänden in den vergangenen Jahren aber ohnedies nicht mehr besonders attraktiv: Verbandsvertreter nannten häufig Gewinne von gerade mal 1,5 Prozent je verkauftem Pkw gemessen am Neuwagen-Preis.
Den Wegfall des Verkaufsgewinns je Elektro-Neuwagen für die Händler will Volvo offenbar mit etwas anderem kompensieren: Das bisherige Abo-Modell der Schweden, Care by Volvo" genannt, soll umfassend ausgebaut werden. Die Abogebühr beinhaltet schon bisher Kosten für Service, Garantie, Pannenhilfe, Versicherung und Ladeoptionen für zuhause. Daran werden wohl auch die Händler künftig stärker mitverdienen.