Kölner Werk wird Zentrum für Elektroautos
Ford rettet Standort Köln - mit Technik von Volkswagen
Fords erstes Elektroauto für die europäischen Massen soll in Köln gefertigt werden, ein zweites Modell steht auf dem Plan. Die Standortwahl sichert das Traditionswerk - und Milliardeneinnahmen für Partner Volkswagen.
Perspektive: Ford-Arbeiter auf dem Gelände des Kölner Werks am Mittwoch
Foto: POOL / REUTERS
Ford will sein Kölner Werk für eine Milliarde Dollar zu einem europäischen Zentrum für Elektroautos umbauen. Damit bekommt der Traditionsstandort eine Perspektive, die zuletzt eher wacklig erschien. Sichtlich erleichtert zeigte sich NRW-Ministerpräsident und CDU-Chef Armin Laschet (59) auf einer Onlinepressekonferenz am Mittwoch: "Heute ist klar: Hier in Köln, bei uns in Nordrhein-Westfalen werden Weichen gestellt für die Elektromobilität in Europa." Neben den Batterieforschungszentren in Münster und Aachen zeige die Wahl Kölns, dass sein Land auch eine relevante Größe in der Autoindustrie der Zukunft sei.
Laschet bezog sich auf Konrad Adenauer, der als Oberbürgermeister das 90 Jahre alte Werk in seine Stadt geholt habe - ebenso wie weitere Redner, darunter auch Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (62). Das Werk Saarlouis in dessen Bundestagswahlkreis hatte bei der Standortwahl ebenso das Nachsehen wie die übrigen europäischen Ford-Standorte Valencia und Craiova.
Das erste batteriegetriebene Fahrzeug - im Unterschied zum bereits vermarkteten Ford Mach-E speziell für den europäischen Volumenmarkt konstruiert - soll in Köln 2023 vom Band rollen, wie der Konzern ankündigte. Ein weiteres Elektroauto für Köln ist bereits geplant. Details sollen in den kommenden Monaten bekanntgeben werden, wie Europachef Stuart Rowley sagte.
Mit weiterem Stellenabbau in Köln ist laut Betriebsratschef Martin Hennig trotzdem zu rechnen. Der Bau der Elektrofahrzeuge ist weniger arbeitsintensiv als der des voraussichtlich 2024 auslaufenden Verbrennermodells Fiesta - und Ford übernimmt die Technik von Volkswagen. "Momentan ist es die komplette Plattform, der komplette Baukasten", erklärte Deutschlandchef Gunnar Herrmann. Mittelfristig könne man mit Volkswagen auch darüber reden, ob Ford einzelne Komponenten selbst herstellen oder woanders einkaufen werde.
Volkswagen führt, Ford folgt
Volkswagen und Ford hatten im Rahmen einer vor eineinhalb Jahren vereinbarten Allianz bereits Gespräche über einen Liefertrag für die Architektur eines zweiten E-Fahrzeugs angekündigt. Der nun für 2023 beschlossene erste Wagen soll bereits auf der Architektur für das VW-Modell ID.3 gebaut werden. Branchenkenner gehen davon aus, dass Ford nach einem kompakten Elektroauto nach dem Vorbild des ID.3 einen Elektro-SUV bauen wird, der dem VW ID.4 entsprechen könnte. Stadtgeländewagen sind europaweit stark gefragt. An ihnen verdienen die Autobauer zudem mehr als an kleineren Autos.
Volkswagen und Ford hatten vor eineinhalb Jahren eine milliardenschwere Allianz für E-Autos und autonomes Fahren vereinbart. Der Pakt sieht vor, dass der US-Konzern den von Volkswagen entwickelten Elektrobaukasten MEB nutzt. Binnen sechs Jahren sollen nach früheren Angaben in Europa mehr als 600.000 Einheiten vom Band rollen. Den erwarteten zusätzlichen Umsatz dadurch hatten die Wolfsburger auf zehn bis 20 Milliarden Dollar beziffert. Darüber hinaus liefen damals schon Gespräche über einen Liefervertrag für ein zweites Fahrzeug. Dann könnte sich die Lieferung an MEB-Plattformen an Ford fast verdoppeln.
Ford will seine Pkw-Flotte in Europa bis 2026 auf Elektroautos oder Plug-in-Hybride umstellen, um die CO2-Vorgaben zu erfüllen. Bis zum Ende des Jahrzehnts soll das Fahrzeugangebot komplett elektrisch sein. Die Nutzfahrzeugflotte soll bis 2030 zu zwei Dritteln elektrifiziert werden.
Der US-Konzern hat seine Elektrooffensive trotz hoher Verluste unlängst beschleunigt und will bis 2025 rund 22 Milliarden Dollar in neue Batterieautos und Hybridfahrzeuge stecken. Nach der erfolgreichen Restrukturierung des Europageschäfts in den zurückliegenden Jahren starte Ford nun in eine vollelektrische Zukunft, sagte Rowley. "Wir gehen davon aus, dass wir unsere starke Dynamik in diesem Jahr in Europa fortsetzen werden." Am Ziel einer operativen Rendite von 6 Prozent halte der Konzern fest. Rowley sagte, für die Ertragsziele habe das Nutzfahrzeuggeschäft, in dem sich Ford in Europa in führender Position sieht, eine Schlüsselrolle.