Daimler soll eine Million Fahrzeuge manipuliert haben Diesel-Affäre - Verkehrsministerium lädt Daimler vor

Der Autobauer Daimler ist offenbar noch tiefer in den Abgasskandal verstrickt als bisher bekannt. So sollen bei mehr als einer Million Diesel-Fahrzeugen Motoren eingebaut worden sein, bei denen die Abgasmessungen manipuliert wurden. Die Aktie des Konzerns ist unter Druck.
Foto: Daimler

Der Autobauer Daimler soll nach Medienberichten viel stärker in die Abgas-Affäre bei Diesel-Fahrzeugen verstrickt sein als bislang bekannt. Bei mehr als einer Million Fahrzeuge könnten Motoren eingebaut worden sein, bei denen die Abgasmessungen manipuliert wurden, berichten "Süddeutsche Zeitung", NDR und WDR. Das gehe aus einem Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Stuttgart hervor, den die Zeitung und die Sender einsehen konnten. Daimler wollte den Bericht mit Verweis auf das laufende Verfahren nicht kommentieren.

Dobrindt lädt Daimler vor

Angesichts der neuen Vorwürfe gegen den Autobauer Daimler  in der Dieselaffäre hat das Bundesverkehrsministerium das Unternehmen zur Berichterstattung geladen. Die Untersuchungskommission Volkswagen des Ministeriums habe Daimler für den Nachmittag zu einer Sondersitzung eingeladen, um den Vorwürfen nachzugehen, teilte das Ressort am Donnerstag in Berlin mit

Nach einem Bericht von "Süddeutscher Zeitung", NDR und WDR verdächtigen die Ermittler der Staatsanwaltschaft das Unternehmen, fast ein Jahrzehnt Fahrzeuge mit zu hohem Schadstoffausstoß verkauft zu haben. Nach der Affäre um illegale Abschalteinrichtungen bei VW hatte das Verkehrsministerium eine Kommission eingesetzt, die möglichen Manipulationen auch bei anderen Herstellern nachgehen soll.

Viele Fahrzeugserien unter Verdacht, darunter Mercedes-Klassen

Ende Mai hatte ein Großaufgebot von Polizei und Staatsanwaltschaft zahlreiche Daimler-Standorte durchsucht, um Beweismaterial sicherzustellen. Der Verdacht der Ermittler: Betrug und strafbare Werbung "im Zusammenhang mit der Manipulation der Abgasnachbehandlung an Diesel-Pkw".

"Süddeutsche Zeitung", NDR und WDR berichten nun unter Berufung auf den Durchsuchungsbeschluss von Mai, Daimler solle von 2008 bis 2016 in Europa und den USA Fahrzeuge mit einem unzulässig hohen Schadstoffausstoß verkauft haben. Betroffen seien Autos und Kleintransporter mit den Motoren OM 642 und OM 651. Diese seien bei Daimler in viele Fahrzeugserien eingebaut worden, darunter diverse Mercedes-Klassen.

Die Staatsanwaltschaft Stuttgart gehe dem Verdacht nach, dass die beiden Motorenreihen eine unzulässige Abschalteinrichtung enthielten. Dadurch sind die Abgaswerte auf dem Prüfstand besser als beim tatsächlichen Gebrauch.

Die Staatsanwaltschaft ermittle gegen zwei Daimler-Beschäftigte wegen des Verdachts, Autokunden mit verbotener Werbung in die Irre geführt und betrogen zu haben. Die Ermittlungen waren bereits im März bekannt geworden. Es sei davon auszugehen, dass weitere Mitarbeiter des Konzerns an den mutmaßlichen Taten mitgewirkt hätten.

Eine Daimler-Sprecherin sagte, es handele sich um ein laufendes Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Stuttgart. "Wir kooperieren vollumfänglich mit den Behörden. Spekulationen kommentieren wir nicht."

Aktie unter Druck

Die Aktien von Daimler  gerieten am Donnerstag im frühen Handel unter Druck und büßten zeitweise mehr als 3 Prozent ein. Zuletzt konnte die Aktie ihre Verluste jedoch auf rund 2 Prozent verringern.

Vor gut einem Jahr hatte Verkehrsminister Alexander Dobrindt die Daimler-Pkw-Tochter Mercedes-Benz und mehrere andere Autohersteller zu einem freiwilligen Rückruf verdächtiger Dieselmodelle aufgefordert. Autos der Unternehmen waren bei Abgasmessungen des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) durch stark erhöhte Stickoxid-Werte aufgefallen. Dobrindt und Daimler hatten sich auf die Nachrüstung von 247.000 Mercedes-Fahrzeugen verständigt.

la/dpa

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